Die Geschichte eines Formats, welches erst komplett unterging, sich dann zum großen Erfolg mauserte und letztlich doch sterben musste.
Das Hauptanliegen des Magazins «Sat.1 am Mittag» war es immer, die Informationslücke zwischen 09.00 Uhr und 17.00 Uhr zu schließen. Mit der 90-minütigen Laufzeit und dem Beginn um 11.30 Uhr wollte man geschickt dem ähnlichen - und schon seit Ewigkeiten erfolgreichen - «Punkt 12» aus dem Weg gehen. Wegen der meist unterdurchschnittlichen Quoten verkürzte man das Magazin auf 60 Minuten und legte es auf 12.00 Uhr, also in die direkte Konkurrenz von «Punkt 12». Die Quoten stiegen kaum an, worauf die Verlegung auf den 11.00 Uhr-Slot erfolgte und ab sofort sehr gute Werte gemessen wurden. Bis zum vergangenen Montag stiegen die Quoten stetig an, es wurden immer wieder neue Rekorde erzielt. Trotzdem erfolgte die Absetzung wegen dem dringenden Bedürfnis nach Einsparungen.
Der Auftakt des täglichen Mittagsmagazins hätte nicht besser laufen können: Tolle 12,4 Prozent Marktanteil wurden auf Anhieb bei den Zuschauern ab drei erzielt und auch bei den Werberelevanten stimmte die Zahl: 13,1 Prozent verfolgten die Erstausgabe, die am 16. August 2006 gesendet wurde. Somit konnte «Sat.1 am Mittag» mit deutlich überdurchschnittlichen Reichweiten überzeugen und die nächsten Tage standen unter einem guten Stern. Doch dann die Ernüchterung: Die zweite Ausgabe musste einen Verlust von fast 200.000 Zuschauern hinnehmen, denn am Dienstag verfolgten nur noch 0,71 Millionen Menschen das von Mareile Höppner moderierte Magazin. Die daraus resultierenden Marktanteile von 9,3 bzw. 10,3 Prozent waren aber noch vertretbar und durchaus akzeptabel. In diesem Bereich pendelten sich mit kleinen Differenzen auch die drei verbleibenden Sendungen der Woche ein.
Die Reichweiten der folgenden zwei Wochen lagen bei den Zusehern ab drei zwischen sieben und acht Prozent, bei den "Jungen" schauten täglich zwischen acht und zehn Prozent das Mittagsmagazin. Der Abwärtstrend konnte nach den ersten drei Wochen also nicht mehr geleugnet werden. Dieser Vermutung trotzte jedoch vor allem die Sendung des 2. Februars 2007: 0,79 Millionen Menschen verfolgten «Sat.1 am Mittag» an diesem hoffnungsvollen Donnerstag, 9,8 Prozent bei den Zuschauern ab drei und 12,2 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen stimmten die Sat.1-Programmverantwortlichen wohl sehr glücklich. Doch die Berg- und Talfahrt ging munter weiter: Die nächsten 10 Tage bestanden ausschließlich aus neuen Negativrekorden, nur drei mal wurde bei den werberelevanten Zuschauern die 10-Prozent-Marke geknackt und bei den Zuschauern ab drei erzielte man einen Durchschnittswert von 6,2 bzw. 6,3 Prozent. Die 30. Ausgabe sahen lediglich 0,52 Millionen Zuschauer und davon 0,28 zwischen 14 und 49. Erschütternde Marktanteile von 5,6 Prozent bei allen und 7,8 Prozent bei den Werberelevanten waren die Folge.
Die letzten zwei Wochen vor der Umlegung auf den 12.00 Uhr-Sendeplatz verliefen - wahrscheinlich auch wegen der allmählichen inhaltlichen Veränderung der Sendung - wieder relativ zufrieden stellend. Besonders den "jungen" Zuschauern schien die Sendung langsam zu gefallen: Bis auf drei Ausgaben lagen die Reichweiten stets über dem Senderschnitt von 10,8 Prozent Marktanteil. Auch die Reichweiten der Zuschauer ab drei näherten sich dem Senderschnitt (9,5 Prozent) immer mehr.
Nach anfänglichen Niederschlägen wurde die folgende 60-minütige Fassung definitiv besser angenommen, jedoch schlug sie sich in Konkurrenz zu «Punkt 12» nicht wirklich berauschend. Von ehemaligen Reichweiten hob man sich nicht merklich ab, obwohl ein deutlicher Aufwärtstrend zu erkennen war: So erzielte man am 7. April 2006 Marktanteile von 9,8 Prozent (ab drei) und 12,5 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Als Erfolg war «Sat.1 am Mittag» trotzdem noch nicht zu werten, da die Reichweiten und Zuschauerzahlen verhältnismäßig häufig unter oder gerade so auf dem Senderschnitt lagen.
Mit der Verlegung auf den 11:00 Uhr-Slot begann endlich die wahre Erfolgsgeschichte des Berliner Senders: Gleich am zweiten Tag der neuen Sendezeit überholte man die Reichweiten der nie wieder erreichten Erstausgabe: 13,9 Prozent der 14- bis 49-Jährigen sahen zu. Doch es kam noch besser: Die Freitags-Ausgabe verfolgten unglaubliche 16,4 Prozent Werberelevante. In den folgenden Wochen bewegte sich die Reichweite der Zuschauer ab drei immer deutlicher auf die 10-Prozent-Hürde zu und die Prozentzahl der "jungen" Zuschauer pendelte sich zwischen am Anfang undenkbaren 11 bis 13 Prozent ein. Der im Jahre 2006 erreichte Höchstwert wurde am 31. August 2006 gemessen: 13,2 Prozent bei den Zuschauern ab drei und 16,9 Prozent bei den "Jungen" sprachen eine eindeutige Sprache. Da sich in den folgenden Monaten nicht wesentlich viel änderte, belief sich der Durchschnittsmarktanteil bei der 11:00 Uhr-Ausgabe bis Dezember auf exakt zehn Prozent bei den Zuschauern ab drei und 12,1 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen - in beiden Gruppen klar über dem Jehresschnitt.
Im Jahr 2007 lief es noch besser für «Sat.1 am Mittag». Über dem Senderschnitt lag man jetzt - bis auf sehr wenige Ausreißer - sowieso, es galt nur noch, die eigenen Rekorde zu überbieten. Sicherlich gab es auch bei dem Mittagsmagazin einige Wochen, die nicht so überzeugten, doch in der Regel lag man in der Zielgruppe über 12 Prozent und bei den Zuschauern ab drei über 10. Am 12. Juni 2007 wurde der niedrigste Wert in der Zielgruppe gemessen: Lediglich 0,18 Millionen Zuschauer verfolgten das Format und sorgten für nicht berauschende 9 Prozent. Doch da solche Zahlen die absolute Ausnahme blieben, gab es keinen Grund, besorgt zu sein. Vor wenigen Tagen wurde ein unglaublicher Marktanteil gemessen: Am 5. Juli waren satte 0,91 Millionen Zuschauer vom Sat.1-Magazin begeistert, 18 Prozent waren das Resultat. Auch 19,3 Prozent in der Zielgruppe wurden in den wenigen Tagen danach nicht mehr überboten.
Am letzten Sendetag zeigte das überraschend eingestellte Magazin noch mal, was es kann. 14,5 Prozent bei den Zuschauern ab drei und 18 Prozent der jungen Zuschauer verfolgten die letzte Ausgabe. Gerade diese tollen Quoten, die gegen Ende oft gemessen wurden, lassen den Zuschauer im Unklaren darüber, weshalb das Format eingestellt wurde. Doch die Tatsache beweist, dass es in der heutigen Zeit traurigerweise nicht mehr darum geht, den Zuschauer zu informieren, unterhalten oder überraschen, sondern schlicht und einfach darum, den höchst möglichen Profit mit möglichst billigen Formaten zu erwirtschaften. Dass darunter auch das überaus quotenstarke «Sat.1 am Mittag» leiden musste, ist wegen dem besonders langen Atem, den Sat.1 mit dem Magazin bewiesen hat, sehr schade.
18.07.2007 14:15 Uhr
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Philipp Stendebach
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Quelle: Sat.1