Zuschauerschwund bei «Lost» in den USA: Die dritte Staffel
Alle andere als ein einfaches Jahr liegt hinter der Mystery-Serie «Lost», die in den USA beim Sender ABC läuft. Harsche Kritik der Fans und bröckelnde Quoten mussten die Macher ertragen. Doch ist Season 3 wirklich so mies?
J.J. Abrams und sein Produktionsteam der Firma Bad Robot haben schwere Monate hinter sich. Die Produktion der dritten «Lost»-Staffel lief zwar einigermaßen reibungslos, doch die US-Fans meckerten über die neuen 23 Episoden. Daran war nicht nur Abrams schuld, die Kritik richtete sich teilweise auch gegen den Sender ABC, der die Serie erstmals in eine Winterpause schickte – im Übrigen auf vielfachen Wunsch der Fans.
Bislang lief «Lost» das ganze Jahr über, immer wieder unterbrochen von Wiederholungen. Aus diesem Grund wurden sechs Episoden im Herbst 2006 gezeigt, im Frühjahr 2007 ging es dann mit den restlichen Folgen der dritten Staffel weiter. Die Kritik begann aber nicht erst mit Ausstrahlung der ersten Ausgabe von Staffel drei – sie wurde sogar vor dem Start geäußert. Die Tatsache, dass immer mehr Szenen in Studios gedreht werden, spart zwar einiges an Kosten, verärgerte aber Fans und Darsteller gleichermaßen. Adewale Akinnuoye-Agbaje kritisierte genau dieses in einem Talkshowauftritt kurz vor Beginn der Staffel. Eine Tatsache, die sowohl dem Sender als auch den Machern überhaupt nicht gefiel.
Aber der Darsteller von Mr. Eko hat Recht. Dass die ersten sechs Episoden – wie oftmals genannt – die schwächsten der gesamten Serie seien, ist zwar übertrieben, dennoch stören die vielen Studiodrehs das typische «Lost»-Gefühl. Und auch der Punkt, dass bekannt ist, dass eben diese Szenen nur aus einem Grund – und zwar dem der Kostenreduzierung – in dieser Häufigkeit auftreten, hinterlässt ein komisches Gefühl in der Magengegend. Auch die deutschen Zuschauer scheinen nicht gerade glücklich zu sein: Der Pay-TV-Sender Premiere hat bereits mehr als die Hälfte der neuen Episoden gezeigt. Zwar ist die Kritik bei Weitem nicht so stark wie in den USA – und es gibt auch viele positive Stimmen – dennoch ist sie vorhanden.
Kleines Detail am Rande: Die ProSieben-Zuschauer werden zum Teil veränderte Episoden sehen. „Locke“-Synchronsprecher Lothar Hinze wird der Figur aus privaten Gründen seine Stimme nicht weiterhin geben. Ihn ersetzt Ernst Meincke, der dem Schauspieler Terry O’Quinn bereits bei einem Auftritt in der Serie «J.A.G.» seine Stimme lieh. Meincke ist ab Episode 3x10 zu hören. ProSieben wird allerdings auch die ersten neun Folgen nachsynchronisieren lassen, sodass sich die Fans von Anfang an an die neue Stimme Lockes gewöhnen können.
Auch von der Story her kommt die dritte Staffel in keinem Fall an die beiden Vorgänger heran. Dies mag zum Teil an der Zweiteilung der Geschichte in den ersten Episoden von der dritten Runde liegen, zum anderen aber auch daran, dass lange gehütete Geheimnisse einfach nicht gelüftet werden wollen. Neue kommen zwar immer wieder hinzu, wirklich schlauer wird der Zuschauer aber nie. Genau dieser Punkt dürfte auch die US-Zuschauer verschreckt haben. Im vergangenen Jahr musste die Serie erneut Publikum abgeben.
12,80 Millionen Menschen verfolgten die 23 Erstausstrahlungen im Schnitt. Allerdings sehen sich weitere zwei Millionen Amerikaner die Serie innerhalb einer Woche mit einem digitalen Festplattenrecorder an. Jedoch hatte der Auftakt der zweiten Staffel noch weit über 20 Millionen Amerikaner angelockt, so wirken die nun erreichten Werte verschwindend gering. Werte von über 20 Millionen sind auf dem neuen Sendeplatz um 22 Uhr zwar sicherlich nicht möglich, dennoch sollte es zu denken geben, dass die Tendenz auch auf dem neuen Timeslot nach unten zeigt. Die große Beliebtheit bei den 18- bis 49-Jährigen sicherte der Serie aber eine Verlängerung um drei weitere Staffeln. Noch immer ist das Insel-Abenteuer die zweiterfolgreichste ABC-Drama-Serie in der Zielgruppe. Im vergangenen Jahr sahen durchschnittlich 6,86 Millionen Amerikaner dieser Altersgruppe zu, mit den nachträglichen Zuschauern beträgt die Reichweite sogar 8,42 Millionen Zuschauer - nur «Grey’s Anatomy» war erfolgreicher.
Im Herbst 2007 werden die Dreharbeiten zu den 16 neuen Folgen der vierten Staffel beginnen. In welche Richtung die neue Staffel thematisch führen soll, ist nach wie vor geheim. Nur so viel ist klar: Mit dem Season-Finale der dritten Runde haben die Macher die Weichen für ein neues «Lost» gestellt – ein «Lost», das sich hoffentlich auch wieder etwas auf die Anfänge besinnt. Soweit dies bei dem derzeit vorherrschenden Finanzdruck überhaupt möglich ist.
03.07.2007 13:45 Uhr
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Manuel Weis