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Sonntagsfragen an Manfred Bleskin
Er ist eines der bekanntesten Gesichter von n-tv und bekam von Stefan Raab sogar hochachtungsvoll den Titel „coolste Sau von n-tv“. Mit Quotenmeter.de sprach Manfred Bleskin über seine Arbeit und seine Zukunftspläne.
Herr Bleskin, Sie sind jetzt schon einige Jahre bei n-tv. Wenn Sie an die Zeit zurückdenken, was konnten Sie lernen?
Unsere Welt wird eigentlich immer kleiner - jeder ist mit jedem vernetzt und verbunden. Daher ist das Interesse, was auf der Welt passiert, so groß wie selten zuvor. Die Menschen möchten dementsprechend schnell und aktuell informiert werden. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir im Fernsehen sachlich und objektiv über die Geschehnisse auf unserem Globus berichten. Unsere Zuschauer sollen sich ihre eigene Meinung bilden. Man hat ja, wenn man Nachrichten moderiert, eine Grundverantwortung dem Zuschauer gegenüber. Viele Menschen nehmen das, was im Fernsehen gesagt wird, als absolute Wahrheit auf. Wenn wir Macher ungenau sind - auch sprachlich - dann schleicht sich so etwas in die Gesellschaft ein. Das sind einige der Dinge, die ich in den vergangenen Jahren gelernt habe.
Sie sind nicht mehr morgens zu sehen, sondern moderieren nun die Abendschiene. Warum haben Sie gewechselt?
Nachrichten sind immer gleich spannend - egal, ob sie morgens oder abends gesendet werden. Am Morgen beginnt bekanntlich der Tag, da macht man viele Dinge neu – man gibt dem Nachrichtentag seine Richtung. Am Abend fasst man mehr zusammen, man spricht synthetischer. Gleichzeitig ist mehr Zeit für Analysen vorhanden - Zeit, die man am Morgen in der Regel nicht hat.
Wo fühlen Sie sich wohler?
Das kann ich nicht sagen. Ich mache beides gerne. Eine ganze Zeit lang war ich jetzt morgens zu sehen, dass ich jetzt abends arbeite ist eine schöne Abwechslung. Es hat nämlich den großen Vorteil, dass man morgens nicht mehr um vier Uhr aufstehen muss.
Die eigentliche Primetime der Nachrichtensender ist aber morgens. Sind Sie traurig, dass Sie diese nicht mehr bestreiten können?
Das kann man so nicht sagen. Nachrichten haben immer Primetime, die richten sich nicht nach der Uhrzeit. Wenn es bei uns morgens ist, ist es in den USA später Abend. Bei Nachrichtensendern kann man dies also nur schwer in Primetime und Nicht-Primetime untergliedern. Natürlich sind morgens die Quoten höher, am Abend schauen dafür in der Masse mehr Menschen zu.
Dennoch: Die Sendungen am Morgen sind das Aushängeschild der Nachrichtensender.
Richtig, sie haben auch einen anderen Senderhythmus. Wir haben morgens alle 15 Minuten Nachrichten, am Abend einmal in der Stunde. Ich moderiere morgens gern, ich moderiere abends gern und bitte schön auch mittags.
Fehlt nur noch nachts...
Das muss man sehen. Nachtschichten sind sehr anstrengend.
Sie leben eigentlich in Berlin, pendeln dann aber nach Köln, wenn Sie auf Sendung sind. Wie sieht denn ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
Ich stehe morgens auf und lese zwei bis drei Tageszeitungen, um mich zu informieren. Natürlich mache ich auch unseren Sender an und schaue, was da so geboten wird. Meistens informiere ich mich auch im Internet über die Nachrichtenlage. Dann habe ich zunächst einmal in Köln einen Kommentar zu schreiben - eine tägliche Kolumne, die es schon seit über zwei Jahren gibt. Die nennt sich "Zwischenruf". Das ist eine völlig andere journalistische Herausforderung als eine Nachrichtenmoderation. Wenn der Text fertig ist, gebe ich ihn an die Kollegen, die ihn dann entweder super finden oder noch etwas daran auszusetzen haben.
Meistens esse ich dann etwas, mache die eine oder andere Besorgung und schon ist es 16.00 Uhr. Und um 16.00 Uhr beginnt bei uns hier die Schicht. Wenn man kommt, informiert man sich zunächst, was abends gesendet werden soll. Die erste Sendung läuft um 19.00 Uhr, die letzte um Mitternacht.
Und Sie zeichnen vermutlich noch etwas für die Nacht auf.
Es laufen natürlich gewisse Dinge aufgezeichnet, aber n-tv ist dennoch ein Live-Sender.
Sie moderieren wesentlich längere Nachrichtenstrecken als Petra Gerster, Peter Kloeppel und Co. Woher nehmen Sie die Konzentration, schließlich kann es ja vorkommen, dass Sie auch einmal vier Stunden am Stück ´ran müssen...
Mein Rekord lag sogar bei sechs Stunden und das, ohne aufzustehen. Das ist eine ganz andere Herausforderung. Man muss ständig präsent und konzentriert sein. Wenn man das dann sieben Tage am Stück getan hat, ist man meistens schon ziemlich geschafft. Ich treibe ein bisschen Sport, um mich so fit zu halten. Viel Schlaf ist auch wichtig.
Jeder Nachrichtenmoderator hat seinen eigenen Stil. Wie würden Sie Ihren definieren?
Ich lege großen Wert darauf, dass die Leute wissen, wann etwas passiert ist, wo etwas passiert, wie etwas passiert ist. Prinzipiell halte ich mich an die fünf "W" - wann, wie, wo, warum und wer hat es gemacht. Ich bringe ein kleines Beispiel: Wenn Sie sagen: Heute kommt der Bundestag zusammen, dann sagen Sie eigentlich gar nichts. Wenn Sie aber sagen: Heute kommt der Bundestag in Berlin zur letzten Sitzung über die umstrittene Unternehmenssteuerreform zusammen, dann sagen Sie schon fast alles. Danach müssen nur noch Erläuterungen kommen.
Als Journalist in einer Nachrichtenredaktion bekommt man mit unter auch schlimme Bilder zu sehen. Kriegsbilder, Videos von Enthauptungen... Wie stecken Sie das weg?
Zu der physischen Belastung, die man in meinen Beruf hat, kommt diese psychische Belastung in der Tat noch dazu. Man muss mit diesen Bildern umgehen. Grundsatz bei n-tv ist es ja, dass solche Bilder nie im Fernsehen gezeigt werden. Wir sehen sie aber trotzdem - und das geht mir sehr, sehr nah. Am meisten berührt es mich, wenn Kinder betroffen sind. Kinder sind unschuldige Wesen und unsere Zukunft. Die Kinder werden in solche Dinge hineingezogen - sie haben die Kriege nicht angefangen. Es ist nicht einfach, mit solchen Aufnahmen umzugehen und so passiert es auch, dass einem in einer Moderation mal eine spontane Bemerkung rausplatzt, die man so eigentlich gar nicht sagen wollte. Niemand ist schließlich frei von Emotionen.
Der Nachrichtenmarkt hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Wer sich früher aktuell informieren wollte, der hatte eigentlich nur das Radio als schnelles Medium - von Nachrichtensendern abgesehen. Heutzutage ist beispielsweise das Internet dazugekommen, per Handy kann man sich informieren. Wo sehen Sie Nachrichtensender in fünf oder zehn Jahren?
Nachrichtenfernsehen ist zu einem unersetzbaren Bestandteil des Lebens geworden. Als wir vor einigen Jahren starteten, hat uns niemand wirklich ernst genommen. Man war der Meinung, es würde genügen, sich einmal am Tag eine halbe Stunde lang zu informieren.
Die Welt ist komplizierter geworden, deswegen ist es gut, wenn man sich auch ständig im TV informieren kann. Ich glaube zudem auch, dass die Informationen, die wir liefen im weitesten Sinne zur Bildung gehören.
Ich denke, es ist schon von Vorteil, dass mittlerweile wichtige Ereignisse live zu sehen sind. Unsere Kamerateams sind überall vor Ort und können von überall her live berichten. Im Übrigen gefällt es mir, dass wir nicht nur über Katastrophen und Krieg ausführlich berichten. Wir machen auch etwas über die Ankunft der Queen Mary II am Hamburger Hafen - zum Beispiel.
Wie beurteilen Sie n-tv im Vergleich mit internationalen Kanälen? In den USA wirken Nachrichtensender imposanter als deutsche Sender.
Fernsehen hat in den USA einen anderen Stellenwert als in Europa. Das fängt damit an, dass das Frühstücksfernsehen viel verbreiteter ist. In jeder zweiten amerikanischen Küche steht ein Fernseher. Ich glaube aber gar nicht mal, dass US-Nachrichtensender mehr akzeptiert werden - es gibt Umfragen, bei denen n-tv in Sachen Glaubwürdigkeit in der absoluten Spitzengruppe liegt. Was wir sagen, nimmt man uns auch ab.
Bevorzugen Sie virtuelle Nachrichtenstudios oder richtige Dekorationen?
Das ist mir eigentlich egal. Ich glaube, es ist am Wichtigsten, dass das Studio eine gute Wirkung auf den Zuschauer hat. Einzig der Stuhl sollte bequem sein.
Haben Sie selbst noch Ziele? Als «Nachtjournal»-Moderator könnte man sich Sie sicherlich gut vorstellen...
Warum «Nachtjournal»? n-tv hat ja etwas ähnliches. Ich habe bei n-tv auch die Möglichkeit Reportage zu machen und somit um die Welt zu reisen. Was will ich mehr? Ich bin sehr glücklich dort, wo ich jetzt gerade bin und denke an keine Veränderung. Ich spiele jedoch mit dem Gedanken ein Buch zu schreiben. Eigentlich bin ich schon dabei. Da liegt einiges schon am Schreibtisch, einiges ist am Computer gespeichert und nicht wenig ist noch in meinem Kopf.
Um was soll es gehen?
Um Politik und die Welt, in der wir leben.
Größere Bekanntheit - vor allem bei den Jungen - haben Sie durch Stefan Raab bekommen. Stört Sie der Begriff "die coolste Sau von n-tv" mittlerweile?
(lacht) Ich hatte zunächst Schwierigkeiten mit dem Begriff - ganz einfach deswegen, weil ich mich so nicht ausdrücke. Ich musste dann aber lernen, mit dem Begriff umzugehen. Wir hatten mit Stefan Raab damals viel Spaß, wir sind zusammen aufgetreten, ich war in seiner Show...
Irgendwann hat er mir dann beigebracht, dass das ja eigentlich eine Auszeichnung ist, nur eben etwas anders formuliert. Ich merke aber in jedem Fall, dass gerade dieser Ausdruck bei jungen Menschen nachwirkt. Dass ich aber etwas stolz darauf bin, dass man auch in einem bestimmten Alter noch von Jugendlichen akzeptiert werden kann, dass Jugendlichen einen sogar ernst nehmen, kann ich durchaus sagen. Stefan Raab hat hier schon einen gewissen Beitrag dazu geleistet.
Haben Sie noch Kontakt zu ihm?
Hin und wieder.
Zum Abschluss stellen wir auch Ihnen unsere kurzen und knappen Sonntagsfragen:
Wen würden Sie gerne einmal treffen?
Nelson Mandela.
Wo würden Sie jetzt gerne Urlaub machen?
Auf Madeira.
Was verpassen Sie im Fernsehen nie?
Mich ärgert es, wenn ich spannende Dokumentationen verpasse. Wenn da etwas Gutes läuft und ich kann es nicht sehen, dann schaue ich, ob es nicht noch eine Wiederholung gibt.
Was macht Ihnen Angst?
Ich glaube, dass wir in einer Zeit leben, in welcher der Shareholder Value vor das Soziale gestellt wird. Es macht mir Angst, wenn die Wirtschaft nicht für den Menschen, sondern der Mensch für die Wirtschaft arbeitet.
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute.
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