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Am Anfang ist das Script: Deutsche Serien & Probleme

Spätestens seit dem «Post Mortem»-Misserfolg ist klar, dass deutsche Serien derzeit keinen leichten Stand haben. Wir haben unseren Experten gefragt.

Die Liste der deutschen Serien-Flops ist lang: «Post Mortem» verlor innerhalb weniger Wochen weit mehr als zwei Millionen Zuschauer, auch «Allein unter Bauern» und «GSG 9» konnten die guten Premieren-Quoten nicht halten. Formate wie «Die Sitte» und «Bis in die Spitzen» befinden sich längst auf dem Fernsehfriedhof. Daher die Frage: Was läuft falsch?

Drehbuchautor und neuer Quotenmeter.de-Experte Christos Yiannopoulos über die Serien-Probleme:
"Die schlechte Nachricht zuerst: Deutsche Serien gehen den Bach runter. Die gute Nachricht: Es liegt nicht an den Drehbuchautoren. Beispiele gefällig? Sehen wir uns mal Post Mortem an. Bereits nach dem ersten Drehtag hätte der verantwortliche Redakteur (oder Produzent) bei Durchsicht der Muster den Regisseur fragen sollen, ob er einen heimlichen Vertrag mit Fielmann habe, anders ist ja die dämliche Wackelei mit der Kamera nicht zu erklären.

Foto: RTLIm Drehbuch war bestimmt keine Anleitung für die Zoomorgie enthalten. Anderseits wäre es nicht das erste Mal, dass Regisseure gute Texte verhunzen. Was lernen wir also? Man sollte Drehbücher ernst nehmen. Aber nicht nur das. Man sollte Drehbuchautoren schon bei der Entstehung von Serienideen hinzuziehen. Beispiele? Sehen wir uns Nico Hofmanns «Clara» an. Welcher professionelle Autor kommt auf die Idee, dass eine lasche Kopie von «Sex and the City» irgendwelche Zuschauer hinter dem Ofen locken könnte? Und kein Drehbuchautor wacht nachts mit dem Geistesblitz auf, dass Mariele Millowitsch, die bei Pilcher oder bei der Degeto aufgehoben wäre, ausgerechnet bei RTL als «Familienanwältin» quotieren könnte.

Nein, die Serienflops gehen auf Kosten von unvermögenden Regisseuren oder der hiesigen Medienmanager. Diese Herren (es sind auch einige Damen darunter) scheinen vergessen zu haben, dass der Drehbuchautor immer noch der wichtigste Teil des Films ist. Denn ohne Idee kein Drehbuch. Ohne Drehbuch kein Film. Eigentlich eine Bisneweisheit, oder? Auch wenn der amerikanische Quotenhit «CSI» oder «Dr. House» mit coolem Look und hohen Production Value hohe Quoten einfährt: die Storys sind exakt durchdacht und bestens recherchiert. Und bei «Dr. House» kommen noch exzellente Dialoge hinzu.

Preisfrage: Was würde passieren, wenn ein amerikanischer Regisseur das «CSI»-Script mit seinen Kameramätzchen garnieren würde? Antwort: Er könnte als Klappenschläger wieder anfangen und sich langsam wieder hoch arbeiten. Aber das tun amerikanische Regisseure nicht. Sie sind Profis und respektieren die geistige Arbeit, die in einem Script steckt. Und das wissen natürlich auch die amerikanischen Majors, die ihre Dollars oft nur in Serien stecken, die von Autoren produziert werden. Sicher ist sicher."

Christos Yiannopoulos ist seit 1992 hauptberuflicher Drehbuchautor. Er ist "Vater" der «Hotel Mama»-Trilogie im ZDF. Auch die Serie «Nesthocker» stammt aus der Feder des gebürtigen Griechen, der seit mehr als 40 Jahren in Deutschland lebt.
21.03.2007 12:55 Uhr Kurz-URL: qmde.de/19330
Christos Yiannopoulos  •  Quelle: Quotenmeter.de

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Post Mortem

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