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Mach's gut: Der Börsenbabbler geht in Rente

Nach drei Jahrzehnten ging am Freitag wieder eine Ära zu Ende: ARD-Börsenexperte Frank Lehmann verabschiedete sich. Quotenmeter.de-Redakteur Alexander Krei sah zu.

Wenn man abends um kurz vor der 20-Uhr-«Tagesschau» mal ins Erste zappte, sah man mit ein wenig Glück Frank Lehmann in kurzer und kompakter Form über das Börsengeschehen philosophieren. Wer denkt, der Mann mit den grauen Haaren und der hessischen Mundart sei eine Kurzzeiterscheinung, hat sich getäuscht. Denn tatsächlich gehörte Lehmann dem Fernsehgeschäft drei Jahrzehnte an.

Bundesweit populär wurde der – wer hätte das gedacht? – gebürtige Berliner allerdings erst mit der «Börse im Ersten». Wo andere den Alltag am Parkett mit komplizierten Ausdrücken zu erklären versuchten, sprach Lehmann wie der nette Mann von nebenan. „Die Leute wollen sachlich informiert werden, es aber nicht zu bierernst präsentiert bekommen“, sagte Lehmann einmal in einem Interview. Und: „Wir wollen das Börsenchinesisch nicht übernehmen, sondern es übersetzen. Kapiert ja keiner, die Fachausdrücke. Zum Schluss machen wir noch einen Schlenker mit einem Spruch.“ Beispiel gefällig? „Geld ist wie Klopapier – wenn man es braucht, braucht man es dringend.“

Nein, Lehmann gehörte nie zu der Sorte Reporter, die sich über andere stellten. Volksnah präsentierte er sich stets und heftete sich durchaus Fehler an – zum Beispiel bei der Berichterstattung über die T-Aktien. „Ein Journalist ist so schlau wie die anderen“ gab er zu. An seinen eigenen Telekom-Wertpapieren hält Lehmann jedoch fest: „Wenn Freunde mich fragen, ob sie ihre T-Aktien jetzt noch für 13 Euro verkaufen sollen, sage ich, nein. Ich warte mal ab. Ich glaube, es werden viele kleine Anbieter aussortiert werden und die Telekom kriegt die Kurve. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.“

Für die 2000 gestartete, rund dreiminütige Sendung «Börse im Ersten» war Lehmann selbst mit verantwortlich. Mit teilweise mehr als drei Millionen Zuschauern zählt das Format inzwischen zu den erfolgreichsten Börsen-Sendungen Europas – möglicherweise, weil viele Zuschauer Abend für Abend nur in der Hoffnung einschalten, den „Börsenbabbler“, wie Lehmann auch genannt wird, sehen zu können.




Doch was ist eigentlich die Börse? Der heute 64-Jährige bezeichnete sie einmal als „Treffpunkt von Angebot und Nachfrage wie ein Wochenmarkt. Nur geht’s nicht um Äppel oder Zwiebeln, sondern um Wertpapiere.“ Folgende Anekdote fiel Lehmann in einem Interview vor wenigen Monaten auf die Frage nach der Börse ein: „Wird ein Bauer gefragt, was Börse ist. Sagt der Bauer: ‚Ich hatte zwei Hühner und habe einen Hahn dazu genommen. So wurden es immer mehr Eier und Hühner, und ich war ein reicher Mann! Dann kam eine Flut, alle sind ersoffen. Hätte ich nur Enten gehabt! Siehst Du, das ist Börse!’“

Zuhause ist Lehmann im Übrigen nicht alleine für die Familienkasse verantwortlich: „Da wechseln wir uns ab. Meine Frau für das übliche Einkaufen, auch Kleidung von mir, ich für die Versicherungen, Auto, Geldanlagen, Reparaturen. Auch Getränke sind Vaters Bier!“, sagt Lehmann.

Am Freitag ging eine Ära zu Ende, letztmals moderierte Frank Lehmann seine «Börse im Ersten. Ob seine Kollegen ohne das Zugpferd auskommen können, wird sich noch zeigen müssen. Zum Abschied bekamen die Zuschauer allerdings noch einmal Lehmann wie sie ihn lieben: „Mit Geld ist es wie mit den Frauen“, sagte der baldige Rentner, „wenn man sie behalten will, dann muss man sich darum kümmern.“
29.12.2006 19:59 Uhr Kurz-URL: qmde.de/18091
Alexander Krei  •  Quelle: Quotenmeter.de

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Frank Lehmann

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