Mit neuen Folgen kehrt «Sketch History» zurück und nimmt erneut historische Figuren mit Lust an der Absurdität auseinander. Matschke spricht über Ensemblegeist, die Kunst des Weglassens, Humor mit Abgrund – und warum für ihn selbst die komischsten Rollen immer aus höchstem Ernst entstehen.
Herr Matschke, «Sketch History» ist zurück – wieder einmal reisen Sie und das Ensemble quer durch die Epochen. Was bedeutet Ihnen diese Rückkehr zur historischen Comedy?
Die Rückkehr bedeutet mir sehr viel, weil wir einen Faden wieder aufnehmen, der eigentlich nie zu Ende erzählt war. Wir sind mit der Geschichte schlicht noch nicht fertig. Manchmal dauert es eben sechs Jahre, bis man weitermacht – und was sind schon sechs Jahre im großen Spiel der Geschichte? Nichts.
Wir sind deshalb aktueller denn je, diesmal mit einer erweiterten Mannschaft. Für mich ist das Besondere, dass hier so viele sehr gute Komikerinnen und Komiker aufeinandertreffen. Das hat ein Niveau und zugleich eine ästhetische Geschlossenheit, die man nicht oft erlebt. Wir sind sehr unterschiedliche Leute, aber uns eint die Komödie.
Geschichte wird hier nicht trocken, sondern absurd, komisch und oft sehr gegenwärtig erzählt. Was macht für Sie den besonderen Reiz dieses Formats aus?
Das liegt an der Geschwindigkeit der Sketche. Wir müssen uns nicht lange erklären, sondern springen direkt in die Ecken der Geschichte und treiben dort unser Unwesen – im Grunde wie die historischen Originale, nur fürs ZDF.
Der Reiz liegt für mich darin, sehr nah an die Absurdität heranzukommen. Das ist mein Fachgebiet. Ich darf dort wie eine Trüffelsau nach den komischen Momenten suchen – und finde sie zum Glück auch.
Die neue Staffel führt von ABBA über Frida Kahlo bis zu Franz Josef Strauß und Helmut Kohl – haben Sie selbst historische Lieblingsfiguren, die Sie besonders gerne spielen?
Jeder Nazi hat es verdient, durch meine Art von Komik denunziert zu werden – das ist mir wichtig. Figuren wie Goebbels sind deshalb immer relevant, auch wenn er diesmal nicht dabei ist. Grundsätzlich gilt aber: Die Figur, die ich gerade spiele, ist immer die wichtigste. Für die muss man alles geben. Und noch etwas: Ich parodiere keine Figuren. Das ist nicht mein Beruf. Man sagt mir, ich soll Goebbels, Caesar oder sonst wen spielen – und das mache ich. Parodiert wird höchstens eines: ich selbst.
«Sketch History» lebt stark vom Ensemblegeist. Viele Fans lieben das Zusammenspiel zwischen Ihnen, Valerie Niehaus, Holger Stockhaus und den anderen. Wie sehr hilft diese Vertrautheit beim Drehen?
Enorm. Mit Kolleginnen und Kollegen wie Valerie Niehaus oder Holger Stockhaus verbindet mich eine lange gemeinsame Geschichte. Man verlässt sich aufeinander – und entdeckt trotzdem immer wieder Neues. Das Erstaunliche war, dass diese Vertrautheit auch mit den neuen Kolleginnen und Kollegen sofort da war. Es gab kein vorsichtiges Annähern. Ich glaube wirklich, das liegt an einem sehr guten Casting: Da sind Menschen zusammengebracht worden, die es produktiv verdient haben.
In der neuen Staffel stoßen auch neue Gesichter zum Cast. Wie war es, das bestehende Team zu erweitern?
Man bekommt neue Impulse, ohne dass sich irgendetwas fremd anfühlt. Alle sind ein Zugewandtsein. Das ist wirklich bemerkenswert und alles andere als selbstverständlich.
Die Serie arbeitet oft mit leisen, intelligenten Pointen – Humor mit doppeltem Boden. Wie wichtig ist Ihnen das?
Ich mache eigentlich keine Comedy, ich bin Komiker und Schauspieler – oder ein komischer Schauspieler. Mein Anspruch ist, jeder Figur einen inneren Geist zu geben, eine Fallhöhe, einen Abgrund. Erst dann wird es für mich wirklich lustig.
Dass das funktioniert, verdanken wir auch unserem Autorinnen- und Autorenteam, das neben der Grobheit immer auch intelligente Ansätze mitliefert. Dieser doppelte Boden ist mir sehr wichtig.
Viele Sketche sind aufwendig inszeniert. Wie viel Vorbereitung steckt hinter einem scheinbar spontanen Gag?
Der Aufwand liegt nicht im Textlernen – das ist eher der entspannte Teil. Die eigentliche Arbeit besteht darin, Dinge klar, einfach und trotzdem komplex zu erzählen. Timing, Betonungen, Weglassen – gerade Letzteres ist entscheidend. Oft muss man sich bewusst gegen einen zusätzlichen Gag entscheiden. Komik ist für mich häufig die Kunst des Weglassens. Und am Ende muss das Ensemble gemeinsam grooven, wie in einer Jazzband, die sich auf dieselbe Harmonie einigt.
Sie bewegen sich oft zwischen Krimi, Drama und Komödie. Was nehmen Sie aus «Sketch History» für andere Rollen mit?
Nichts und alles. Der Zugang ist derselbe wie bei jeder ernsten Rolle: höchste Ernsthaftigkeit. Die Komik ergibt sich aus dem Text, aus dem Timing, aus kleinen Verschiebungen innerhalb der Figur.
Das ist mein Learning aus 30 Jahren Berufserfahrung: Der Aufbau einer Figur unterscheidet sich nicht, nur weil sie lustig ist.
Wenn man sich über historische Figuren lustig macht, schwingt immer auch Respekt mit. Wo ziehen Sie die Grenze zwischen Satire und Zynismus?
Ich habe keinerlei Respekt vor Joseph Goebbels. Und auch nicht vor wütenden Wikingern. Entscheidend ist nicht der Respekt vor dem Original, sondern der Respekt vor der Figur, die man spielt. Das ist ein feiner, aber entscheidender Unterschied. Ich mache kein Dokudrama, sondern versuche zu verstehen, welches Bild Menschen von diesen Figuren haben – und genau dort setze ich an.
Zum Schluss eine Zeitreise in Ihre eigene Filmografie: Wenn Sie eine frühere Rolle noch einmal spielen dürften – etwa Professor T. oder Hagen aus «Pastewka» – welche würden Sie wiederbeleben?
Keine von beiden. Weil das Beste noch kommt. Das ist die Gnade unseres Berufs. Es gibt nur ein Vorne.
«Sketch History» ist seit 21. Dezember in der ZDFmediathek. Alle zehn neuen Folgen laufen am Sonntag, 28. Dezember, ab 20.15 Uhr bei ZDFneo.
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