Ein Traum-Cast, unter anderem mit Heino Ferch, Anja Kling und Jürgen Vogel, feiert wenig besinnliche Weihnachten auf einem alten Landsitz.
Stab
Darsteller: Heino Ferch, Ulrike C. Tscharre, Maja Bons, Jürgen Vogel, Anja Kling, Carol Schuler
Schnitt: Jan Ruschke
Musik: Florian Tessloff
Kamera: Maximilian Hoever
Drehbuch: Magnus Vattrodt
Regie: Isabel BraakAlle Jahre wieder: ein Patriarch, ein großes Haus, eine Familie, die mehr Geheimnisse als Zimmer hat. «Dahlmanns letzte Bescherung», die neue Gemeinschaftsproduktion von ZDF und Servus TV, greift ein Motiv auf, das so vertraut ist wie der Duft von Tannennadeln und kaltem Braten – und versucht doch, ihm im Rahmen des Fernsehkrimis eine eigene, leicht verschobene Tonlage zu geben. Das gelingt nicht immer mühelos, aber oft mit einer Ernsthaftigkeit und handwerklichen Sorgfalt, die den Film über den reinen Feiertagskrimi hinausheben.
Im Zentrum steht Alfons Dahlmann, gespielt von Thomas Thieme mit jener massiven Präsenz, die schon in seinem Schweigen nach Herrschaft klingt. Unternehmer, Patriarch, Strippenzieher: einer, der selbst im Tod noch die Geschicke seiner Familie lenkt. Dass er am Morgen nach der traditionellen Weihnachtszusammenkunft leblos aufgefunden wird, ist weniger Überraschung als folgerichtiger Auftakt. Regisseurin Isabel Braak inszeniert diesen Tod nicht als Schockmoment, sondern als dramaturgische Zäsur: Der Film interessiert sich weniger für das „Wer war’s?“ als für das „Was hat dieser Mann angerichtet – und über den Tod hinaus hinterlassen?“.
Das Drehbuch von Magnus Vattrodt setzt dabei auf ein klassisches Kammerspiel-Setting. Die verschneite Villa wird zum hermetischen Raum, in dem alte Verletzungen, ökonomische Abhängigkeiten und familiäre Machtkämpfe ungebremst aufeinanderprallen. Dass dabei nicht jede Figur gleich tief gezeichnet ist, gehört zu den Schwächen des Films, wird aber durch die durchweg starke Besetzung abgefedert. Heino Ferch als Leander Dahlmann gibt den scheinbar rationalen Erben mit jener kontrollierten Gereiztheit, die jederzeit zu kippen droht. Jürgen Vogel bringt dafür die notwendige Rohheit ins Spiel, während Ulrike C. Tscharre, Anja Kling und Margarita Broich die weiblichen Gegenpole zwischen Anpassung, Aufbegehren und stiller Resignation glaubwürdig ausloten.
Ein kluger Schachzug ist die Entscheidung, die Ermittlerfiguren Greta (Noëmi Krausz) und Oliver (Dominic Marcus Singer) bewusst klein zu halten. Sie sind Beobachter, Katalysatoren, weniger treibende Kraft als Resonanzraum für das familiäre Drama. Gerade Krausz gelingt es, mit minimalem Spiel eine skeptische Wachheit zu etablieren, die gut zu diesem Fall passt: Auch die Polizei kann hier nur Fragmente zusammensetzen, während die Wahrheit zwischen persönlichen Erinnerungen und gezielten Lügen zerfasert.
Formal überzeugt der Film vor allem in seinen ruhigen Momenten. Die Kamera von Maximilian Hoever findet starke Bilder für die winterliche Erstarrung – warmes Licht trotz emotionaler Kälte und Räume, die mehr trennen als verbinden. Der Schnitt von Jan Ruschke hält das Tempo kontrolliert, ja, manchmal fast zu kontrolliert: In der Mitte des Films wünscht man sich stellenweise etwas mehr narrative Zuspitzung. Florian Tessloffs Musik bleibt derweil angenehm zurückhaltend und stützt die inszenatorischen Stimmungen, ohne sie zu diktieren.

Besonders hervorzuheben ist auf atmosphärischer Ebene die Erzählerin Mimi Dahlmann, gesprochen von Adele Neuhauser. Ihre Stimme legt sich wie eine zweite Ebene über das Geschehen, kommentierend, manchmal ironisch gebrochen, manchmal beinahe melancholisch. Nicht jeder dieser Einschübe sitzt perfekt, doch sie verleihen dem Film eine eigene, leicht literarische Note, die im deutschen Fernsehkrimi selten geworden ist.
«Dahlmanns letzte Bescherung» verlässt sich indes mitunter zu sehr auf bekannte Motive, und nicht jede Wendung entfaltet die gewünschte Wucht. Aber der Film nimmt sich Zeit für seine Figuren, traut seinem Publikum Ambivalenzen zu und verweigert sich der schnellen Auflösung. Gerade darin liegt seine Qualität: als winterliches Familienporträt mit kriminalistischem Rahmen, als düstere Weihnachtsgeschichte über Macht, Schuld und das Erbe, das man nicht ausschlagen kann. Ein Film, der nicht alles neu erfindet, aber genug Eigenständigkeit besitzt, um im Gedächtnis zu bleiben.
Der Film «Dahlmanns letzte Bescherung» wird am Montag, den 22. Dezember um 20.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt.
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