Im dritten «Flensburg-Krimi» zeigt Katrin Schmidt ein Ermittlerduo, das zwischen Vertrauen, Verletzlichkeit und wachsendem Misstrauen balanciert.
Frau Schmidt, Sie sprechen bei «Der Flensburg-Krimi» von einer „frischen Energie und Verletzlichkeit“ des Ermittlerduos. Welche neue Nuance wollten Sie Svenja und Tony in diesem dritten Fall geben?
Ich wollte zeigen, dass Nähe auch Reibung bedeutet. Vertrauen spielt für Svenja und Tony eine große Rolle. Und genau dieses Vertrauen gerät in dem neuen Fall ins Wanken. Das erzeugt Risse und neue Spannungen zwischen ihnen. Gleichzeitig erlauben wir den beiden mehr Offenheit, Stärke und Verletzlichkeit.
Der neue Fall verbindet Mordermittlungen mit Svenjas persönlichem Trauma um den Tod ihres Bruders. Wie haben Sie diese emotionale Doppelbelastung inszenatorisch balanciert?
Ich wollte Svenjas Trauma nicht ausstellen, sondern als leise Bewegung erzählen, ohne sie zu dominieren. Die Doppelbelastung entsteht in den Zwischentönen. In Blicken, Reaktionen, innerer Reibung. Der Fall bleibt immer klar im Vordergrund, aber wir spüren, dass etwas in ihr arbeitet. Eine feine Balance zwischen äusserer Ermittlungsarbeit und innerer Verletzlichkeit.
Der Film eröffnet eine neue Perspektive auf Lorenz’ Tod. Warum war jetzt der richtige Moment, diese Grundwunde der Figur wieder aufzureißen?
Svenja wirkt nach außen gefestigter, aber Lorenz Tod ist nie wirklich verarbeitet. Der neue Fall berührt genau den Punkt, den sie lange nicht anschauen wollte. Wir reißen die Wunde nicht künstlich auf, sondern folgen einer inneren Logik der Figur und zeigen, wie eng ihr Vergangenheit und ihre Ermittlungsarbeit miteinander verwoben sind.
Der Verdacht eines Maulwurfs innerhalb der Polizei erzeugt ein starkes Misstrauensklima. Wie schaffen Sie es, diese Atmosphäre filmisch greifbar zu machen?
Das Misstrauensklima erzählt sich über feine Verschiebungen. Wir haben viel mit Enge gearbeitet, mit Blicken, die zu lange halten und mit Momenten, in denen Nähe plötzlich unstimmig wirkt. Die Kamera bleibt dichter, beobachtender, lauernd. So entsteht filmisch spürbar, dass niemand mehr sicher weiß, wem er vertrauen kann.
Flensburg ist im Film nicht nur Kulisse, sondern Stimmungsträger. Welche Bilder oder Orte waren für Sie unverzichtbar, um dieses spezielle Grenzstadt-Flair zu transportieren?
Für mich sind es vor allem die Übergangszonen, die Flensburg ausmachen. Die Hafenbereiche, in denen Industrie und Wasser aufeinandertreffen, die steilen Altstadtgassen und die Nähe zur dänischen Grenze. Diese Orte tragen eine eigene Melancholie und Härte in sich.
Emma Lauck ist eine Figur zwischen Abhängigkeit und Selbstbestimmung. Was hat Sie an dieser Konstellation besonders gereizt – und wie sollte das Publikum sie lesen?
An Emma hat mich besonders ihre innere Zerrissenheit interessiert. Sie hat einen großen Verlust erlebt, ist traumatisierte und familiär durch die frühe Demenz der Mutter stark geprägt. Sie befindet sich auf der Flucht.
Diese Mischung aus Schutzlosigkeit und Überlebenswillen macht sie zu einer Figur, die man nicht einfach einordnen kann. Von der man sich aber trotzdem emotional mitnehmen lässt.
Die Beziehung zwischen Svenja und ihrem Vater Morten wird weicher, aber bleibt komplex. Welche emotionale Entwicklung lag Ihnen hier besonders am Herzen?
Bei Svenja und ihrem Vater Morten war mir wichtig zu zeigen, dass trotz aller Brüche eine tiefe Basis der Liebe existiert. Beide tun sich schwer, Nähe zuzulassen, aber in diesem Film entsteht ein neues Verständnis füreinander.
Tony Haller ist – wie Sie sagen – einer der jüngsten Donnerstagskrimi-Ermittler. Welche modernen Facetten wollten Sie ihm in diesem Film mitgeben?
Tony bringt eine moderne, leise Stärke mit. Er ist analytisch, emphatisch und erlaubt sich, Zweifel zu haben, ohne an Professionalität zu verlieren.
Der Film arbeitet deutlich stärker mit Nähe, Unruhe und einem intensiveren Look. Wie hat sich diese visuelle Entscheidung entwickelt – und was verrät sie über die Figuren?
Die visuelle Entscheidung hat sich direkt aus den Figuren heraus entwickelt. Ihre inneren Spannungen, Zweifel und das brüchige Vertrauen wollten wir nicht nur erzählen, sondern spürbar machen.
Der Fall deutet an, dass in Svenjas Vergangenheit noch mehr verborgen liegt. Wie weit planen Sie solche Entwicklungen voraus – und müssen wir uns auf weitere persönliche Enthüllungen einstellen?
Die langfristige Figurenentwicklung liegt nicht in meiner Hand. Das entscheiden Redaktion, Produktion und Autor*innen. Ob es weitere persönliche Enthüllungen geben wird, kann ich daher nicht sagen.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
«Der Flensburg-Krimi» ist am 18. Dezember bei Das Erste zu sehen. Bereits seit Montag ist der Film in der ARD Mediathek abrufbar.
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