Am Mittwochabend zeigt Das Erste ein kleines Highlight der diesjährigen Vorweihnachtszeit, prominent besetzt mit Bjarne Mädel, Katharina Marie Schubert und Olli Dittrich.
Stab
Darsteller: Bjarne Mädel, Katharina Marie Schubert, Olli Dittrich, Gabriela Maria Schmeide, Samy Ghariani, Bozidar Kocevski
Musik: Anna Bauer
Kamera: Kristian Leschner
Drehbuch: Andreas Altenburg
Regie: Lars JessenIn «Prange – Man ist ja Nachbar» gelingt Regisseur Lars Jessen und Autor Andreas Altenburg ein seltenes Kunststück: ein Film, der seine Figuren so liebevoll und zugleich so unsentimental betrachtet, dass man ihnen auch in ihren kleinsten Schrulligkeiten mit einer Art lakonischer Zuneigung folgt. Es ist genau diese Haltung, die man in vielen Filmen vermisst – ein feines Eintauchen in Alltagsnuancen, ohne sie ironisch zu brechen, ein Schmunzeln, das aus der Präzision der Beobachtung erwächst. So wirkt dieser Film wie ein warmes Abbild eines Mikrokosmos, der sich selbst nicht für wichtiger hält, als er ist, aber gerade dadurch berührt.
Im Zentrum steht Ralf Prange, gespielt von Bjarne Mädel, der diese Rolle mit einer kunstvollen Mischung aus stoischer Zurückhaltung und innerem Brodeln füllt. Mädel macht Prange nicht zur Karikatur des vereinsamten Großstadtbewohners, sondern zu einer Figur, deren spröde Unsicherheit man beinahe körperlich spürt. Sein Leben in der Rotklinkerwohnung in Hamburg-Barmbek ist so unverrückbar, dass man fast meint, die Wände atmeten mit ihm im Takt. Und doch herrscht hinter der Fassade eine Sehnsucht, die erst durch das Auftauchen der Paketzustellerin Dörte an die Oberfläche gedrückt wird.
Katharina Marie Schubert gestaltet diese Dörte mit jenen pragmatischen, leicht sperrigen Zwischentönen, die diesen Film so nahbar machen: Sie ist eine Frau, die mehr erlebt hat, als sie erzählt, und weniger erzählt, als sie weiß. In den Szenen zwischen ihr und Prange schwingt stets ein zartes Unbehagen mit – die beiden wissen nicht recht, wie man miteinander spricht, und darin liegt gerade der Reiz. Die Kommunikation bleibt brüchig, unvollkommen, aber authentisch. Der Film macht daraus kein Problem, das gelöst werden muss, sondern ein Lebensgefühl, das man teilen kann.
Dass sich ein Wettbewerb zwischen Prange und seinem misstrauischen Nachbarn Horst Rohde entwickelt, wirkt zunächst wie ein klassisches Komödienmotiv. Doch Olli Dittrich verleiht diesem Rohde eine schmale Melancholie, die ihn weit über den Typus des neugierigen „Fensterlnachbarn“ hinaushebt. Plötzlich stehen da zwei Männer, die beide nicht wissen, wie Nähe funktioniert, und sich dennoch irgendwie danach sehnen. Der Film schöpft daraus keine große Dramaturgie, sondern kleine Reibungen, die sich in Blicken, in missglückten Gesprächen, in absurd-komischen Alltagsaktionen entladen.

Visuell fängt Kameramann Kristian Leschner das Hamburger Stadtviertel mit jener unaufgeregten Intimität ein, die man gemeinhin als ehrlich bezeichnen würde: Keine hübsch polierten Postkartenmotive, sondern feuchte Backsteine, graue Himmel, kleine Ecken der Vertrautheit. Anna Bauers Musik legt sich sanft darüber, hebt Stimmungen an, ohne sie zu definieren.
«Prange – Man ist ja Nachbar» ist ein Film über Menschen, die im Weg stehen – vor allem sich selbst. Doch er urteilt nie über sie. Er beobachtet, er begleitet, er erlaubt seinen Figuren, unbeholfen zu sein, und nimmt sie gerade dafür ernst. Genau das macht ihn so sympathisch und, im besten Sinne, so unspektakulär. Man verlässt ihn nicht mit dem Gefühl, eine große Geschichte erlebt zu haben, sondern mit dem leisen Eindruck, ein paar Menschen besser zu verstehen. Und dass das Fernsehen dazu fähig ist, ist doch immer noch ein kleines Wunder.
Der Film «Prange – Man ist ja Nachbar» wird am Mittwoch, den 10. Dezember um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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