Filme des Grauens: «Stop! Oder meine Mami schießt!»

Sylvester Stallone als harter Cop – und Estelle Getty als seine resolute Mutter: «Stop! Or My Mom Will Shoot» ist ein Lehrstück dafür, wie Rivalität, falsche Entscheidungen und ein einziges schlechtes Drehbuch eine Actionlegende fast ruinierten.

Wenn man Sylvester Stallone und eine Maschinenpistole hört, denkt man an Rambo oder Cobra. Wenn man aber Sylvester Stallone und Estelle Getty – also „Sophia“ aus «Golden Girls» – zusammendenkt, wird es absurd. «Stop! Oder meine Mami schießt!» («Stop! Or My Mom Will Shoot») ist die Art Film, die selbst in der Hollywood-Komödienphase der frühen Neunziger ein Rätsel bleibt: ein Buddy-Movie zwischen einem grimmigen Cop und seiner überfürsorglichen Mutter. Das Ergebnis war weniger Buddy- als Fremdschamkino – und bis heute eine der größten kreativen Fehlentscheidungen in Stallones Karriere.

Die Handlung klingt, als hätte jemand eine halbe Folge «Golden Girls» mit einem «Lethal Weapon»-Plot vermischt: Sergeant Joe Bomowski (Stallone) ist ein harter, aber einsamer Polizist in Los Angeles. Er liebt seinen Job, nicht aber sein chaotisches Privatleben. Als seine Mutter Tutti (Estelle Getty) überraschend aus New Jersey zu Besuch kommt, bringt sie Joes Leben völlig durcheinander. Sie putzt seine Wohnung, poliert seine Waffe mit Bleichmittel und kauft ihm im nächsten Waffengeschäft ein neues Maschinengewehr – natürlich illegal. Als Tutti Zeugin eines Mordes wird, mischt sie sich in die Ermittlungen ein, plaudert zu viel, erschießt den Bösewicht (fast) und verhilft ihrem Sohn ganz nebenbei zu einer neuen Beziehung. Das Ganze endet mit der Moral: Auch Polizisten brauchen mal Mutters Rat.

Regie führte Roger Spottiswoode («Turner & Hooch», «Tomorrow Never Dies»), und produziert wurde das Projekt ironischerweise von Ivan Reitman, dem Mann hinter «Ghostbusters» und «Twins». Das Drehbuch stammte von Blake Snyder, der später mit seinem Buch „Save the Cat!“ Hollywoods Drehbuch-Bibel schrieb – umso erstaunlicher, dass dieses Werk so wenig Struktur, Witz oder Timing besitzt. Die Gags wirken, als seien sie aus einer 80er-Sitcom recycelt: Milch im Kühlschrank? Verdorben. Waffe geputzt? Kaputt. Mutter ruft mitten im Einsatz an? Natürlich.

Doch das Skurrilste an «Stop! Or My Mom Will Shoot» ist nicht der Film selbst, sondern die Entstehungsgeschichte. Wie Stallone später selbst erklärte, war sein Erzrivale Arnold Schwarzenegger der Auslöser. In den 80ern konkurrierten beide um den Titel des größten Actionhelden. Laut Stallone täuschte Schwarzenegger Interesse an der Komödie vor, um ihn in die Falle zu locken. Arnold bestätigte das 2017 lachend bei «Jimmy Kimmel Live»: Er habe das Drehbuch gelesen, es für „ein Stück Scheiße“ gehalten und dann absichtlich gegenüber Produzenten Interesse signalisiert. Stallone – getrieben vom Konkurrenzdenken – unterschrieb sofort, nur um am Ende mit einem der größten Flops seiner Karriere dazustehen.

Und tatsächlich: Der Film wurde von Kritikern zerrissen. Auf Rotten Tomatoes steht er bei 14 Prozent Zustimmung, „Roger Ebert“ gab ihm einen halben Stern und nannte ihn „moronic beyond comprehension“. Sein Kollege Gene Siskel sprach von einem „Albtraum“, der nicht einmal für eine «Golden Girls»-Episode tauge. Die Dialogzeile „Stop! Or my mom will shoot!“ fällt übrigens tatsächlich im Film – in einer Szene, die so plump ist, dass sie fast schon legendär wirkt. Rita Kempley von der „Washington Post“ nannte den Film „dein schlimmster Albtraum“ und schrieb, dass er wie eine vierfach verlängerte Sitcom wirke. Und doch: Finanziell war «Stop! Or My Mom Will Shoot» kein Totalausfall. Bei einem Budget von rund 45 Millionen Dollar spielte die Komödie weltweit 70 Millionen ein – kein Hit, aber genug, um den Schaden zu begrenzen. Das Publikum bewertete ihn laut CinemaScore immerhin mit einem „B+“, vielleicht aus Sympathie für Estelle Getty, die mit stoischer Herzenswärme das Chaos trägt.

Getty selbst, berühmt durch ihre Rolle als resolute „Sophia Petrillo“ in «Golden Girls», versuchte nach dem Film wieder an Theatererfolge anzuknüpfen, konnte aber an ihren TV-Kultstatus nie anschließen. Sie starb 2008 im Alter von 84 Jahren. Stallone hingegen distanzierte sich früh vom Projekt: In Interviews bezeichnete er den Film als „vielleicht den schlechtesten des gesamten Sonnensystems“ und fügte hinzu, „ein Regenwurm hätte ein besseres Drehbuch geschrieben“. Später erklärte er, die ursprüngliche Idee sei gewesen, eine bitterböse schwarze Komödie à la «Throw Momma from the Train» zu drehen – doch mit der „nettesten Frau Hollywoods“ sei das unmöglich gewesen.

Regisseur Roger Spottiswoode überlebte das Desaster ebenfalls unbeschadet – fünf Jahre später inszenierte er den Bond-Film «Tomorrow Never Dies». Und Drehbuchautor Blake Snyder, der hier offenbar alle Regeln verletzte, die er später in „Save the Cat!“ lehrte, fand ironischerweise seinen Ruf als Story-Struktur-Guru genau durch das Scheitern solcher Projekte.

Heute gilt «Stop! Or My Mom Will Shoot» als Paradebeispiel für das Hollywood-Phänomen des „High-Concept-Gags“, der als Einzeiler funktioniert („Ein Cop muss mit seiner Mutter ermitteln!“), aber als Film komplett implodiert. Der Ton schwankt zwischen Actionfilm und Familienkomödie, die Chemie zwischen Stallone und Getty wirkt erzwungen, und die Witze altern so schlecht wie die Pastellfarben der frühen 90er. Und dennoch: Der Film hat Kultwert. Er taucht regelmäßig auf Listen der schlechtesten Filme aller Zeiten auf, wurde dreifach mit der Goldenen Himbeere ausgezeichnet – Stallone als schlechtester Schauspieler, Getty als schlechteste Nebendarstellerin, das Drehbuch als schlechtestes Skript – und bleibt ein mahnendes Beispiel dafür, dass selbst Superstars mal gründlich danebenliegen können.
13.12.2025 12:19 Uhr Kurz-URL: qmde.de/166569
Sebastian Schmitt

super
schade


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