Dass eine Nachrichtsendung längst nicht mehr nur ein notwendiges Übel ist, haben die Privatsender verstanden. Im Gegenteil: Mit einer guten Hauptnachrichtensendung kann man richtig Quote machen. Zwei Jahre nach der Infooffensive von Sat.1 überprüft Quotenmeter.de, ob die Zahlen wirklich besser geworden sind.
Im August 2004 kündigten sich große Veränderungen an. Sat.1-Chef Roger Schawinski führte eine neue Hauptnachrichtensendung ein. Im Rahmen einer Informationsoffensive wurde aus «18:30» mit Astrid Frohloff «Sat.1 News» mit Thomas Kausch, der zuvor beim ZDF tätig war. Die Qualität wurde klar besser, die Quoten stiegen ebenfalls an. (Alle Angaben ohne Ausgaben an bundesweiten Feiertagen)
Zunächst aber zurück ins Jahr 2003, dem Jahr in dem Astrid Frohloff als News-Anchor für den Berliner Sender tätig war. Die durchschnittliche Reichweite blieb weit unter der 2-Millionen-Marke bei allen Zuschauern, auch mit dem Marktanteil von 10,3 Prozent dürfte der Sender damals nur bedingt zufrieden gewesen sein. Als Schawinski im Dezember 2003 den Posten des Geschäftsführers übernahm, dürfte ihm schnell klar geworden sein, dass man aus dem Sender weitaus mehr herausholen könnte. Es dauerte allerdings über ein halbes Jahr bis das neue Konzept stand und Thomas Kausch erstmals auf Sendung ging. Doch schon im Jahr 2004 zeigt sich ein beachtlicher Aufwärtstrend. Die Hauptnachrichten des Senders legten 1,4 Prozentpunkte zu und kamen inzwischen auf 11,7 Prozent Marktanteil ab drei Jahren. Reichweitentechnisch wurde die 2-Millionen-Marke geknackt und als neue Hürde der Wert „2,5 Millionen“ in Angriff genommen.
Dieser sollte dann im Jahr 2005 fallen – dem ersten Jahr, in das nur die Werte der «Sat.1 News» hineinfielen. Auch hier zeigt der Pfeil ganz klar nach oben, «Sat.1 News» konnte noch mal einen drauflegen und erzielten einen Mittelwert von 12,7 Prozent. Auch in Sachen Reichweite erzielte der Sender erstmals einen höheren Wert als 2,5 Millionen. Spannend wurde es dann im Jahr 2006 – die bange Frage: Wird Thomas Kausch die guten Werte auch halten können? In den Wintermonaten stagnierten die Quoten zunächst auf hohem Niveau. Mit 12,9 Prozent Marktanteil im Januar konnten die Sat.1-Bosse ebenso zufrieden sein wie mit 12,6 Prozent im Februar oder 12,8 Prozent im März. Damit nicht genug dachte sich aber Thomas Kausch und legte noch mal eine Schippe drauf: Im April erreichte die Nachrichtensendung im Schnitt 13,1 Prozent der Zuschauer ab drei, im Mai wurde ein neuer Rekordwert von 13,6 Prozent gefeiert.
Der Trend zeigt also noch weiter nach oben: Im Juli hatten es die «Sat.1 News» WM-bedingt schwer, sie kamen nur auf 9,3 Prozent Marktanteil. Schon im Juli knüpften sie wieder an alte Erfolge an und steigerten sich sogar nochmals: Mit 14,2 Prozent erreichte Thomas Kausch mit seinem Team ein neues Allzeithoch. Im Jahr 2006 (bis 31.07. – Juni ausgenommen) legten die Nachrichten nochmals um 0,4 Prozent zu und kommen jetzt auf 13,1 Prozent Marktanteil bei den „ab 3-Jährigen“.
Viel wichtiger sind allerdings die Werte der werberelevanten Zielgruppe: Hier erreichte die Nachrichtensendung «18:30» im Jahr 2003 nur 11 Prozent Marktanteil. Der größte Sprung (+1,6 Prozentpunkte) gelang auch hier im Jahr 2004, als in der Endabrechnung 12,6 Prozent MA zu Buche standen. Das Jahr 2005 schlossen die «Sat.1 News» mit durchschnittlich 13,2 Prozent Marktanteil ab. Auch diesen Werte konnte man im aktuellen Jahr halten: Zunächst dürfte die Zielgruppe dem Nachrichten-Team wohl einige Sorgen bereitet haben: Lag der Wert im Januar noch bei 13,6 Prozent und somit erneut höher, sackten die Quoten im Februar auf 12,6 Prozent ab. In den Folgemonaten musste zunächst behutsame Aufbauarbeit geleistet werden und so tastete sich Thomas Kausch mit seinem Team langsam wieder nach oben – mit 13 Prozent im März und 13,3 Prozent im April. Im Mai – vor der Fußball-WM – gelang schließlich noch ein neuer Rekord: 13,9 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe – so viel wie nie zuvor.
Der Juni sorgte für einen gewaltigen Einbruch – während der Sendezeit der Nachrichten gingen die 17 Uhr-Spiele jeweils in ihre Endphase: Mehr als 8,8 Prozent war offenbar nicht drin, dennoch sollte dieser Wert kein Beinbruch sein. Grund zum Feiern gab es dann aber im Juli, in dem den «Sat.1 News» nochmals ein gewaltiger Sprung nach oben gelang: Im Vergleich zum Mai 2006 verbesserte man das Ergebnis um 1,2 Prozentpunkte und liegt nun bei nie da gewesenen 15,1 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe der 14-bis 49-jährigen.
Der Trend im Jahr 2006 zeigt erneut nach oben (bis 31.7, ohne WM-Monat Juni): Bislang sahen im Schnitt 13,5 Prozent der Werberelevanten zu.
Die Informationsoffensive des Berliner Senders ist also geglückt. Aber ist es wirklich der Verdienst der Sat.1-Nachrichtenredaktion oder ein allgemeiner Trend? Sind Nachrichten momentan allgemein im Trend? Die Antwort lautet: Nein. Denn die drei anderen großen Hauptnachrichtensendungen mussten in den vergangenen Jahren kontinuierlich Zuschauer abgeben. Zielgruppen-Marktführer RTL muss aber noch lange nicht um seine Spitzenposition bei den Jungen fürchten. Im Jahr 2003 war «RTL aktuell» das absolute Non-plus-Ultra. Bei allen Zuschauern erreichte News-Anchor Peter Kloeppel mit seinem Team im Schnitt 20,3 Prozent der Zuschauer. Diese Zahlen wurden aber seit 2004 nie mehr erreicht, viel mehr verloren die RTL Nachrichten im Vergleich zu 2003 1,6 Prozentpunkte (18,7 Prozent Marktanteil in 2004). Kurz vor dem Start der «Sat.1 News» führte auch der Kölner Sender ein neues Studio und neues Design ein, welches bei den Zuschauern gut ankommt. Seit 2004 bewegt sich «RTL aktuell» auf konstantem Niveau. (2005: 18,9 Prozent, 2006 [ohne Juni ohne bundesweite Feiertage]: 18,2 Prozent). Auch bei RTL war der Februar im Jahr 2006 der schlechteste Nachrichtenmonat: Im Schnitt sahen damals nur 17,1 Prozent der Zuschauer ab drei die Hauptnachrichtensendung. In den Folgemonaten standen neue Höhenflüge an: Im Mai erreichte Peter Kloeppel einen Marktanteil von 18,9 Prozent bei allen Zuschauern. Im Juni folgte schließlich ebenfalls ein WM-bedingter Einbruch, die Marktanteile gingen auf 14,1 Prozent zurück. Im Juli erreichte man durchschnittlich 18,6 Prozent Marktanteil.
In der Zielgruppe 14-49 ergeben sich allerdings deutlich sinkende Jahresmarktanteile für «RTL aktuell». War es im Jahr 2003 noch ein durchschnittlicher Marktanteil von 22,3 Prozent der Werberelevanten, verbuchte die Sendung 2004 nur noch 20,7 Prozent. Das sind Verlust auf höchstem Niveau, die aber dennoch ein wenig schmerzen dürften – vor allem, wenn man den weiteren Verlauf betrachtet: Der Abwärtstrend konnte bislang nämlich nicht gestoppt werden: Mit 19,8 Prozent Marktanteil im Jahr 2005 und 18,3 Prozent im Jahr 2006 (bis 31.7, ohne WM-Monat Juni) sanken die Zahlen weiterhin klar. Selbst innerhalb des Jahres 2006 ist kein Aufwärtstrend zu erkennen.
Nur der Monat Januar lag mit 19,0 Prozent im Schnitt deutlich über den Werten des Jahres 2005 und 2006. Die restlichen Monate holten konstante Werte zwischen 17,9 und 18,6 Prozent Marktanteil.
Primus in Sachen Reichweiten ist weiterhin die ARD-«Tagesschau». In den vergangenen vier Jahren sahen jeweils weit mehr als fünf Millionen Zuschauer im Schnitt die Hauptnachrichtensendung des Ersten Deutschen Fernsehens. Aber auch hier sind die Marktanteile deutlich rückläufig. Seit 2003 musste die «Tagesschau» zwei Prozentpunkte einbüßen, liegt jetzt bei 18,7 Prozent (bis 31.7, ohne WM-Monat Juni). 2003 erzielte die Nachrichtensendung noch einen Jahresmarktanteil von 20,7 Prozent. Der Trend nach der Fußball-WM zeigt allerdings wieder leicht nach oben: Im Juli verfolgten durchschnittlich 19 Prozent der Zuschauer ab drei die «Tagesschau». Das ist der drittbeste Wert nach dem Weltmeisterschaftsmontag Juni (21 Prozent) und dem Februar (19,2 Prozent).
Zu kämpfen hat die ARD vor allem mit den Werten der werberelevanten Zielgruppe: Im Jahr 2003 war die Welt in diesem Bereich noch in Ordnung, über einen Jahresmarktanteil von 14,5 Prozent dürfte sich die Programmdirektion des Ersten gefreut haben. Ein Jahr später, 2004, wendete sich das Blatt – die «Tagesschau» musste herbe Verluste hinnehmen und fand sich 1,6 Prozentpunkte schlechter bei 12,9 Prozent Marktanteil wieder. Der Abwärtstrend ging weiter – wenn auch etwas langsamer: Im Jahr 2005 wurde ein Jahresmarktanteil von 12,5 Prozent bei den 14-bis 49-jährigen erzielt, im Jahr 2006 waren es nur noch 12,0 Prozent (bis 31.7, ohne WM-Monat Juni)
Die sinkenden Marktanteile sind besonders deutlich zu erkennen, wenn man die Monatsstatistik unserer Quotenmeter.de-Quotendatenbank bemüht: Kam die ARD mit der «Tagesschau» im Januar und Februar (12,3 % und 12,6 %) noch über die 12-Prozent-Marke lag man danach unter dieser. In den Folgemonaten konnte ein Durchschnitt von 11,8 bzw. 11,7 Prozent ermittelt werden. Ein WM-begingtes Hoch gab es im Juni, als die «Tagesschau» auf einen Marktanteil von 14,5 Prozent bei den Werberelevanten hochschnellte. Schlechter sah es hingegen im Juli aus – mit 11,3 Prozent Marktanteil im Schnitt wurde ein neues Jahrestief aufgestellt.
Am härtesten zu knabbern hat aber das ZDF. Während es bei den Zuschauern ab drei noch recht ordentlich aussieht, sinken die Werte in der Zielgruppe in den Keller. Im Jahr 2003 erreichten die Mainzer bei allen Zuschauern im Jahresschnitt noch Reichweiten von über fünf Millionen. Der Marktanteil lag bei 22,8 Prozent. Schon 2004 sanken die Werte nach unten, die Reichweiten lagen bei unter fünf Millionen Zuschauern und die Marktanteile pendelten sich bei 20 Prozent ein. (2004: 20,0 %, 2005: 20,1 %). Noch ein kleines Stück bergab ging es 2006: Bis zum 31. Juli (ohne Juni) kam das ZDF auf durchschnittlich 19,0 Prozent Marktanteil bei den Zuschauern ab drei.
Stärkster Monat im Jahr 2006 war der April – die «heute»-Nachrichten kamen auf einen Mittelwert von 20 Prozent Marktanteil. Erstaunlich ist vor allem, dass sie nicht von der Fußball-WM profitieren konnten: Zu groß war die Konkurrenz wenn um 19 Uhr noch Fußball in der ARD lief. So wurde im Juni der schwächste Wert mit 16,6 Prozent erzielt. Im Juli ging es wieder bergauf – man fand sich auf Augenhöhe mit dem Monat vor der WM ein. Aktuell kommt «heute» auf 18,6 Prozent.
Stark rückläufige Werte muss das ZDF in der Zielgruppe hinnehmen: Waren 2003 noch durchschnittlich 9,8 Prozent der Zuschauer dabei, müssen sich Petra Gerster und Steffen Seibert im Jahr 2006 mit nur noch 6,9 Prozent (ohne Juni) zufrieden geben. Den größten Abschlag mussten sie im Jahr 2004 verschmerzen, als aus ehemals 9,8 Prozent nur noch 8 Prozent Marktanteil wurden. Im Jahr 2005 standen dann 7,5 Prozent auf der Jahresbilanz. Wenigstens innerhalb des aktuellen Jahres hielten sich die Quoten auf stabilem Niveau: Im Januar 2006 waren durchschnittlich 6,6 Prozent der Werberelevanten dabei, im Februar wurde mit 8,0 Prozent im Schnitt das Jahreshoch erzielt. Im März und April erreichten die «heute»-Nachrichten wieder durchschnittliche 6,9 Prozent Marktanteil, im Mai und im Juli waren es 6,6 Prozent. Der WM-Monat Juni bescherte den Mainzern zu seinen Hauptnachrichten im Schnitt 6,7 Prozent Marktanteil in der Gruppe der 14-bis 49-jährigen.
Fazit: Zwar liegen die «Sat.1 News», wenn man die Reichweiten betrachtet, noch immer nur auf Platz 4, dennoch kann sich Thomas Kausch momentan als einziger Nachrichtenanchor der vier großen TV-Stationen über steigende Marktanteile freuen. Nichts desto trotz wird es noch eine Weile dauern, bis sich RTL und Sat.1 auf Augenhöhe befinden. Dennoch: Nur wenige hätten wohl vor dem Start geglaubt, dass bereits zwei Jahre nach dem Relaunch der Sat.1-Nachrichten ein Ergebnis von 15,1 Prozent Marktanteil in einem Monat vermeldet werden kann. Sorgen machen muss sich hingegen vor allem das ZDF: Chefredakteur Brender ist nun gefragt – er muss dafür sorgen, dass sich gerade die jüngeren Bundesbürger wieder bei «heute» einschalten. Denn auch hier gilt die altbekannte Weisheit: Die Jungen sind die Zukunft.