Keine gute Tat bleibt ungestraft, und auch Comedy-Genies wie Ray Romano, Lisa Kudrow und Liz Feldman können spektakulär daneben liegen.
Es gibt Formate, die ambitioniert starten und am eigenen Anspruch scheitern. Und dann gibt es «No Good Deed», das sich bereits in der Konzeptphase verlaufen zu haben scheint. Die Netflix-Serie, die eigentlich als bissige Dekonstruktion von Gutmenschentum in einer hyperkapitalistischen Welt daherkommen wollte, endet nämlich schnell als ein kaleidoskopisches Durcheinander. Denn sie will gleichzeitig scharfzüngige Gesellschaftskritik, nervenzerreißendes Drama und psychologische Charakterstudie sein – und ist am Ende nichts davon.
Zugegeben, die Grundprämisse klingt noch nach einem vielversprechenden Startpunkt: Eine Serie über die unbeabsichtigten Folgen guter Absichten, über die dünne Linie zwischen Altruismus und Narzissmus. Doch wo andere Formate ihre Themen in dichten, clever geschnittenen Erzählbögen präsentieren, fühlt sich «No Good Deed» wie ein Flickenteppich aus unverbundenen Ideen an, der nie richtig Form annimmt.
Das größte Problem liegt dabei in der Handlung über drei miteinander vertrackte Familien, die alle dasselbe schicke Haus kaufen wollen und sich dabei gegeneinander ausstechen müssen. Doch dieses Konstrukt wirkt von Anfang an wie ein wirres Puzzle, dessen Teile nicht ineinandergreifen wollen. Es gibt zahlreiche Subplots, die jeweils für sich genommen interessant sein könnten, aber sie enden alle entweder in Sackgassen oder in klischeehaften Auflösungen über wohlhabende Amerikaner, die einander freundlich ins Gesicht lachen, um sich anschließend hinterrücks zu erdolchen. Der Versuch, moralische Grauzonen auszuloten, verkommt dabei fast ausnahmslos zur platten Schwarz-Weiß-Zeichnung.
Das Ensemble, zweifelsohne gespickt mit talentierten Darstellern und namhaften Comedy-Schauspielern wie Ray Romano und Lisa Kudrow, wird durch das schwache Drehbuch ebenfalls ausgebremst. Die Dialoge pendeln zwischen übererklärendem Expositionsgerede und pseudophilosophischen Plattitüden, die den Figuren kaum Raum zur Entfaltung geben. Es fehlt an emotionalem Kern, an Momenten, die wirklich berühren oder überraschen. Stattdessen bleibt alles an der Oberfläche – glatt, steril, ohne Ecken und Kanten.
Auch inszenatorisch bietet «No Good Deed» nur wenig Neues. Die Optik ist hochwertig, aber auch steril und austauschbar, wie man sie von zahllosen anderen Netflix-Produktionen inzwischen zum Überdruss kennt. Genauso wenig wie es in diesem Format erzählerische Risiken gibt, gibt es visuelle Experimente. Selbst die musikalische Untermalung bleibt generisch und schafft es nicht, die ohnehin wenig im Gedächtnis bleibenden Szenen aufzuwerten.
Am frustrierendsten ist von alledem jedoch, dass «No Good Deed» immer wieder Ansätze zeigt, die auf ein großes Potenzial hindeuten. Einige Szenen sind gut geschrieben, manche (Neben-)Figuren sind ganz interessant gezeichnet – aber sie stehen wie Leuchttürme in einem Meer aus Mittelmäßigkeit. Damit ist «No Good Deed» ein weiteres Beispiel dafür, dass große Namen – vor wie hinter der Kamera – und hohe Produktionswerte nicht automatisch gute Unterhaltung garantieren.
Die Serie «No Good Deed» läuft beim Streaming-Dienst Netflix.
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