Im neuen «Herzkino»-Spielfilm «Zitronenherzen» verkörpert Malton eine Groschenroman-Autorin, die eine angespannte Situation mit ihrer Tochter hat. Im Interview meint Malton, dass man sich selbst nicht zu wichtig nehmen soll.
Auf welche Reise nehmen Sie die Zuschauer in «Zitronenherzen» mit?
Es sind verschiedene Reisen, die wir in dem Film erzählen. Eine geht in die Phantasie der Autorin, die ich spiele, aber ihre Tochter lässt es nicht zu, dass ich mich darin ausbreite. So wird es auch eine Reise der Auseinandersetzung und zu sich selbst. Und eine Reise in eine mögliche Liebe.
In «Zitronenherzen» spielen Sie die Groschenroman-Autorin Marlene von Osterburken. Was hat Sie an dieser Rolle besonders fasziniert, und wie haben Sie sich auf sie vorbereitet?
Es gibt doch nichts schöneres als Rollen zu spielen, die weit weg von einem sind. Egal ob komisch, tragisch oder dramatisch. Hier war so gut wie alles drin. Das komische, das Überhöhte - ohne die Bodenhaftung der Figur zu verlieren - das Traurige und auch Tragische. Es hat mich selbst verblüfft, denn als ich die Rolle las, wusste ich sofort, wie ich sie spielen wollte. Von der Stimme zu den Bewegungen, bis hin zum Kostüm war alles in meiner Phantasie schon da. Das ist mir noch nie passiert. Und erfreulicherweise fand der Regisseur, Jan Haering, auch Gefallen daran.
Die Beziehung zwischen Marlene und ihrer Tochter Carla ist angespannt. Wie haben Sie die komplexe Dynamik zwischen den beiden Figuren dargestellt?
Sowas kennt man ja aus dem eigenen Leben, ein Tonfall, ein Blick und schon wird die Dynamik zwischen den Personen angezündet.
Carla wird in die von Ihrer Figur geschaffene Märchenwelt versetzt. Wie war es für Sie, Teil dieser fantasievollen Geschichte zu sein?
Ich wollte noch mehr dabei sein! Gerne hätte ich als Figur auch direkt vor Ort, also in Marlenes Phantasiewelt, eingegriffen. Die Möglichkeit in zwei Welten sich zu bewegen ist schon sehr reizvoll. Nicht nur sich darin zu bewegen sondern auch Einfluss nehmen zu können.
Was glauben Sie, kann das Publikum aus der Mutter-Tochter-Beziehung im Film lernen?
Es geht ums Zuhören. Immer geht es ums Zuhören. Nicht sich selbst zu wichtig nehmen, sondern offen für andere sein. Was steckt hinter den Worten? Spüren, dass andere auch gute Ideen und Gedanken haben, runter von der Vorstellung: Ich weiß Bescheid. Ich habe Recht. Das ist eine Einbahnstraße und außerdem sehr langweilig im Miteinander. Das trifft nicht nur auf Carla und Marlene zu, sondern auf alle zwischenmenschlichen Beziehungen.
Die Alpenbäckerin Lilia LeClerk ist eine Kreation von Marlene. Wie war es, diese Verbindung zwischen Fantasie und Realität darzustellen?
Marlene, wie viele Menschen, hat sich in eine Phantasiewelt geflüchtet, um ihre eigene Realität zu entkommen. So hat sie aus Carla, Lilia gemacht und die ist nahezu perfekt. In dieser Welt, mit dieser Tochter fühlt sie sich wohl. Aber in dieser Welt kann man nicht ewig leben.
Sie sind Botschafterin für RETT e.V., da Ihre Schwester mit dem Rett-Syndrom lebt. Wie hat diese persönliche Erfahrung Ihr Engagement geprägt?
Meine Familie wusste 50 Jahre nicht, was die Ursache des „Andersseins“ meiner Schwester gewesen ist. Diese furchtbare Erfahrung, diese ständige Suche, dieses ewige Stochern in der Finsternis, keine Antworten auf nagende Fragen zu bekommen, diese Hilf- und Ratlosigkeit, diese Selbstzweifel - hat man was falsch gemacht, etwas verabsäumt? Diesen Zustand der offenen Fragen, der Schuldgefühle, den meine Familie jahrelang gelebt hat, möchte ich niemanden zumuten. Es geht mir um Aufklärung, zu informieren, ein Bewusstsein für das RETT-Syndrom in der Gesellschaft zu schärfen, damit man den Mädchen, die diese spontane Genmutation erfahren, schnell und präzise Hilfe und Unterstützung geben kann. Damit die gesamte Familie aktiv etwas unternehmen kann, damit das Kind nicht im Käfig, in der die Behinderung sie steckt, bleiben muss.
Was möchten Sie den Menschen über das Rett-Syndrom und die Arbeit von RETT e.V. vermitteln?
Auch wenn es noch keine Heilung gibt, man darf nicht nur auf die Defizite schauen. Die Mädchen können viel lernen, diese Möglichkeiten sollten ihnen geboten werden. Das geht nur mit Früherkennung. In der Elternhilfe sind Familien, die sich mit RETT auskennen. Wenn man mit der Diagnose RETT konfrontiert wird, die Elternhilfe ist für sie da. Die Gemeinschaft hilft und unterstützt, sie sind nicht allein. Das zu wissen, hilft über das nicht Wahrhaben-wollen, den ersten Schock, der Trauer sowie das Unverständnis hinweg.
Als Vorsitzende der BFFS setzen Sie sich für die Rechte von Filmschaffenden ein. Was sind die größten Herausforderungen in dieser Arbeit, und was motiviert Sie, sich so stark zu engagieren?
Die Herausforderungen werden fast täglich mehr. Die Menschen, die diesen wunderschönen Beruf ausüben und von Leidenschaft erfüllt sind, dürfen nicht ausgenutzt werden. Wir versuchen gerechtere Arbeitszeiten, bessere Möglichkeiten für allein Erziehende zu schaffen. Wir sind in den Tarifverhandlungen sehr aktiv. Soeben konnten wir mit der Produzenten Allianz und Ver.di einen Meilenstein bezüglich der Altersvorsorge, setzen. Die Altersarmut unter den Schauspielern ist ein großes Thema, das uns sehr besorgt.
In der Pandemie waren wir auch sehr gefordert. Zusammen mit unseren beiden eben erwähnten Partnern, hat der BFFS es geschafft in weniger als 2 Wochen nach dem 1. Lockdown, zum ersten Mal in der Geschichte, Kurzarbeitergeld für Schauspieler zu ermöglichen.
KI ist ein großes Thema, dem wir uns schon lange widmen. Wir waren auch die erste Gewerkschaft, die bei Tarifverhandlungen KI als wichtiges Thema in die Diskussion brachte. Und und und ….
Ihre Arbeit als Schauspielerin und Ihre sozialen Projekte sind beide sehr fordernd. Wie schaffen Sie es, diese verschiedenen Bereiche Ihres Lebens miteinander in Einklang zu bringen?
Es ist selbstverständlich im BFFS-Vorstand, unsere Arbeit ist ehrenamtlich, wenn jemand darin Engagement hat, dass der Beruf Priorität hat. Obwohl wir die BFFS-Arbeit nie ganz außen vor lassen können. Es ist für mich eine große Bereicherung, in diese Vorstandsarbeit mehr oder weniger reingestoßen worden zu sein, alleine hätte ich mich nie aufgestellt! Diese Arbeit erfordert Haltung, hat mit diplomatischem und kreativen Durchsetzungsvermögen zu tun - wir lernen so viel über den Beruf, von einer anderen Seite. Das finde ich wichtig. Es ist nicht verkehrt zu wissen, wie ein Motor funktioniert, wenn man Auto fährt. Ähnlich sehe ich es hier: die Liebe und Passion im Beruf ist das Eine. Wie und was die Bedingungen sind, um ihn auszuüben, halte ich für sehr wichtig, um gegebenenfalls etwas daran ändern zu können.
Und mein Einsatz für die Elternhilfe für Kinder mit RETT-Syndrom ist ganz klar, eine Herzenssache. Es stand außer Zweifel, als ich vom RETT-Syndrom erfuhr, dass ich mich dafür einsetze anderen zu helfen. Endlich hatte mein „Bekanntsein“ einen Sinn, er kann benutzt werden, um auf die Mädchen mit den sprechenden Augen, wie wir sie nennen, aufmerksam zu machen.
Da haben Sie Recht! Sie haben in vielen Genres gespielt. Was fasziniert Sie besonders an Komödien wie «Zitronenherzen»?
Es wird immer noch, leider, in Deutschland zwischen den Genres unterschieden. Dieser Film ist zwar ein Märchen, aber die Menschen darin sind real und haben ihre komischen, traurigen, unsicheren und mutigen Seiten. Sie besitzen alle Gefühle, genau wie jeder Mensch. Kein Mensch ist nur komisch oder nur traurig. Wie der Regenbogen, der alle Farben beinhaltet, beinhaltet jeder Mensch alle Gefühlsregungen. Die sind in «Zitronenherzen» auch zu spüren. Geschichten fange an zu schillern, wenn sie viele Facetten haben.
Gibt es ein Projekt, sei es als Schauspielerin oder in Ihrem sozialen Engagement, das Ihnen besonders am Herzen liegt und auf das Sie sich in der Zukunft freuen?
In die Zukunft kann ich leider nicht blicken, ebenso wenig wie Marlene von Osterburken. Ich wünsche mir und freue mich auf ähnlich anregende, herausfordernde und facettenreiche Rollen, wie ich sie bisher spielen durfte. Das beflügelt!
Danke für Ihre Zeit!
Das ZDF strahlt «Zitronenherzen» am Sonntag, den 15. Dezember 2024, um 20.15 Uhr aus.
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