Die Regisseurin erzählte vom großen Aufwand der Dreharbeiten. Die Hauptdarsteller müssen sich auch musikalisch beweisen, sagt Peters. Die Dreharbeiten seien kräftezerrend gewesen.
Frau Peters, «Spinnefeind» vereint Romantik, Komödie und Drama in einer Geschichte über alte Rivalitäten und ungelöste Konflikte. Was hat Sie an dieser Erzählung besonders gereizt, und was wollten Sie mit der Inszenierung dieser Mischung erreichen?
Ein Genremix, der für abwechslungsreiche emotionale Dynamik sorgt, ist ja immer gut. Und ich war sehr happy über die Gewichtung der Autorin.
Beim Inszenieren habe ich auf den Rhythmus geachtet, der die Protagonisten durch die gegensätzlichsten Gefühle schickt, hab das Tempo reguliert, damit Lustiges und Trauriges beim Zuschauer auch wirken kann. Und zwei Dinge an der Geschichte haben mich besonders gereizt. Zum einen der Mikrokosmos des Hauses und Geländes, in dem die vier Protagonisten gezwungen sind, ständig aufeinanderzutreffen.
Das sorgt für Zündstoff und verdichtet die Geschichte. Und zum anderen habe ich beim Lesen des Drehbuches nicht mit der Auflösung des Geheimnisses gerechnet und war sehr überrascht.
Das Erbe eines Hauses wird zum Schauplatz von Vergangenheitsbewältigung und neuen Konflikten. Wie haben Sie das Haus als zentrales Symbol für die Geschichte genutzt und was bedeutet es für die Entwicklung der Charaktere?
Ja, das Haus war für uns ein weiterer Protagonist in der Geschichte. Wir wollten, dass es die Figuren an ihre Kindheit voller Unbeschwertheit, Wärme und Geborgenheit erinnert. An die Zeit, als Lilly und Sylvester noch unzertrennliche Freunde und später ein heimliches Paar waren.
Diese gemeinsamen, positiven Erinnerungen macht es den Figuren schwerer, ihre Ablehnungshaltung aufrechtzuerhalten. Das Interior des Hauses ist wie früher, und bei den Außenaufnahmen haben wir auf warmes, einladendes Licht gesetzt und bewegte Drohnentotalen, die die unberührte Natur drumherum und den angrenzenden glitzernden See zeigen. Die Zeit sollte hier für Sylvester und Lilly stehengeblieben sein, und so haben wir alle modernen, neueren Elemente auf dem Grundstück abgedeckt oder rausgehalten. Die Figuren sollten sich kaum gegen das Gefühl wehren können, nach Hause zu kommen.
Lilly und Sylvester sind nicht nur Erben, sondern auch ehemalige Bandmitglieder mit einer gemeinsamen Geschichte. Wie haben Sie die Dynamik dieser beiden Figuren entwickelt und ihre musikalische Vergangenheit in die Handlung integriert?
Die beiden Jungendbands waren damals verfeindet, und niemand wusste von der heimlichen Liebe zwischen Lilly und Sylvester. Beide haben aber, ohne es auszusprechen, dem anderen eine Liebesbotschaft in Form eines selbst komponierten Songs gesendet. Jetzt auf Sommerby werden die beiden nach Jahren wieder an diese Songs erinnert.
Bei beiden entsteht eine emotionale Zerrissenheit, denn einerseits kommen die Gefühle füreinander wieder hoch, aber andererseits auch der Schmerz und die Schuld, die beide damals auf sich geladen haben.
Musik spielt eine wichtige Rolle in «Spinnefeind», sowohl als verbindendes Element als auch als Quelle von Konflikten. Wie haben Sie die Musikszenen inszeniert, um diese Ambivalenz auszudrücken?
Zunächst einmal war es dem Produzenten, dem Redakteur und mir wichtig, dass wir Schauspieler casten, die musikalisch sind und ihre Instrumente selbst spielen können.
Felix Everding und Silvana Damm waren ein echter Glücksgriff. Beide performen im Film selbst. So war es ihnen möglich, einen noch tieferen Zugang zu ihren Figuren zu bekommen.
Wenn Lilly in Sommerby nach einem heftigen Streit mit Sylvester auf den noch unveränderten Bandraum ihrer Jugend stößt, habe ich ihr beim Drehen sehr viel Zeit gegeben, um alle Elemente und Instrumente im Raum wahrzunehmen und anzufassen. Gerade noch negativ aufgeladen, erinnert sie sich jetzt aber an das Positive und Tröstende ihrer Musik von damals. Zu ihren Freunden konnte sie nicht ehrlich sein, in ihrer Musik aber schon – da war sie authentisch.
Sie nimmt ihre alte Gitarre und spielt den Song, den sie damals heimlich für Sylvester geschrieben hat. Fast parallel dazu sehen wir Sylvester, der an seinem alten Klavier in Sommerby ebenfalls musiziert und sich erinnert.
In ihrer Musik konnten sich die beiden damals Nah sein, in der Realität scheint dies jetzt ausgeschlossen. Beim Drehen haben wir auf eine abgedunkelte Stimmung mit nur wenigen punktuellen Lichtern gesetzt, um Intimität und Geborgenheit zu erzeugen und um die Umwelt auszuschließen.
Während Sylvester und Lilly die Musik immer verbunden hat, ist es bei ihren alten Freunden Malte und Britta das Gegenteil. Für sie ist die Musik einerseits mit der alten Feindschaft und Rivalität verbunden, und andererseits aber auch mit einem jugendlichen Lebensgefühl voller Tatendrang, Spaß und offenen Chancen. Und so versuchen sie, Sylvester und Lilly durch die alten Songs gegeneinander aufzuhetzen.
Diese Szenen habe ich lauter, lebendiger und humorvoller inszeniert, wie einen Wirbel mit angenehmer Sogwirkung, der bei Lilly und Sylvester auch durchaus hier und da Früchte trägt.
Der Film thematisiert die Spannung zwischen dem Wunsch nach Vergebung und dem Festhalten an alten Wunden. Wie haben Sie diese Themen in der Beziehung zwischen Lilly und Sylvester herausgearbeitet?
Durch den Aufenthalt in Sommerby hat Sylvester zunehmend den Wunsch nach Vergebung, mehrmals versucht er, an Lilly heranzukommen.
Sie aber kann nicht anders, als an den alten Verletzungen durch ihn festzuhalten. Bei ihr sitzt der Schmerz zu tief. Außerdem, ohne sich dessen bewusst zu sein, rechtfertigt sie ihren eigenen, schwerwiegenden Fehler vor sich selbst durch Sylvesters Trennung. Bricht dieses Kartenhaus zusammen, muss sich Lilly auch mit ihrer eigenen Schuld auseinandersetzen.
Das ist ihre große Aufgabe, die sie am Ende der Geschichte bestehen muss.
Lilly möchte in dem geerbten Haus ein Restaurant eröffnen, während Sylvester es verkaufen will. Wie haben Sie die unterschiedlichen Lebensziele und Träume der beiden Figuren visuell und dramaturgisch in Szene gesetzt?
Anfangs möchten beide die Vergangenheit komplett begraben. Sylvester durch den Verkauf des Hauses und Lilly dadurch, dass sie das Haus seiner Vergangenheit beraubt, es umgestaltet und ihm ihren Stempel aufdrückt.
Sie will zeigen, dass sie stärker ist als das Haus mit all seinen Erinnerungen. Während Sylvester zunehmend von den guten Erinnerungen eingeholt wird und immer mehr schwankt, sehen wir Lilly ausräumen, umgestalten und verkaufen.
Die Unterstützung der beiden Protagonisten durch ihre alten Freunde bringt zusätzliche Komplexität in die Handlung. Wie haben Sie die Nebenfiguren wie Britta und Malte in die zentrale Konfliktlinie eingebunden?
Britta und Malte knüpfen beide aus persönlichen Gründen an die Rivalität und den Streit der beiden Bands in der Vergangenheit an und wollen diesen neu entfachen. Für Lilly und Sylvester sind sie gleichzeitig unterstützende Freunde, aber auch antagonistische Kräfte, die die Annäherung der beiden erschweren. Britta möchte verhindern, dass die Geheimnisse der Vergangenheit ans Licht kommen, und Malte braucht dringend Geld, das er als Makler durch den Verkauf des Hauses auch bekommen würde.
Im Lauf der Geschichte aber bricht auch bei diesen Beiden ihr persönlicher innerer Konflikt hervor, den sie jahrelang mit sich herumgetragen haben. Malte traut sich endlich, Sylvester vorzuwerfen, dass er ihn damals im Stich gelassen hat und ohne ein Wort abgehauen ist. Und Britta gesteht Lilly, dass sie damals in sie verliebt war und Angst hatte es zu sagen, weil ihr die Freundschaft wichtiger war.
Der Zwang, ein Jahr lang im selben Haus zu leben, führt zu vielen humorvollen und spannungsgeladenen Momenten. Was waren die größten Herausforderungen und Freuden bei der Inszenierung dieser erzwungenen Nähe?
Erstmal war es eine logistische Herausforderung, ein großes Filmteam mit all seinem Equipment über fünfzehn Tage hinweg auf einem Grundstück zu bewegen, das wir aber 360 Grad bespielen. Ständig alles wegräumen und verschieben zu müssen, war schon kräftezehrend für das Team, vor dem ich echt den Hut ziehe!
Inhaltlich war es herausfordernd genau zu wissen, wann welche Figur sich gerade wo auf dem Gelände aufhält, sodass sie sich nicht zufällig irgendwo im On oder Off begegnen müssten. Das führte teilweise zu witzigen Diskussionen am Set. Spaß gemacht hat natürlich auch, die gegenseitigen Sabotageversuche wie z.B. Stromabschalten, Essen klauen usw. zu inszenieren.
Ich erinnere mich an Manuel Mayerhofer (Malte), der mehrmals voll motiviert in Flip Flops durch ein dorniges Gestrüpp rennt, um nicht von Lilly beim Stromabschalten erwischt zu werden.
Alte Geheimnisse und verdrängte Gefühle kommen im Verlauf der Geschichte ans Licht. Wie haben Sie diese Enthüllungen inszeniert, um maximale emotionale Wirkung zu erzielen?
Wir hatten das Glück, dass wir alle großen Enthüllungsszenen am Ende der Drehzeit drehen konnten, sodass die Schauspieler mit ihren Rollen schon sehr vertraut waren. Ich hatte zwar ein inszenatorisches Grundgerüst für diese Szenen erarbeitet, aber am Ende habe ich fast nur darauf geschaut, was die Schauspieler machen und das unterstützt.
Welche Botschaft oder welches Gefühl möchten Sie dem Publikum mit «Spinnefeind» mitgeben, besonders in Bezug auf das Aufeinandertreffen von Vergangenheit und Gegenwart?
Ich wollte Lillys und Sylvesters Geschichte so spannend, emotional und nahbar wie möglich erzählen. Ich freue mich natürlich, wenn die Zuschauer/innen sich nicht nur gut unterhalten gefühlt haben, sondern wenn sie auch persönlich etwas mit der Geschichte anfangen können.
Das ZDF zeigt «Inga Lindström: Spinnefeind» am Sonntag, den 13. Oktober, um 20.15 Uhr.
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