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Die Kritiker: «Nord bei Nordost - Westend»

Nach «Nord bei Nordwest» nun «Nord bei Nordost»: Was kann der neue Spielort an der Mecklenburgischen Seenplatte?

Stab

Darsteller: Cordelia Wege, David Bredin, Franz Dinda, Thilo Prothmann, Knut Berger, Irina Potapenko
Kamera: Peter von Haller
Drehbuch: Holger Karsten Schmidt
Regie: Esther Rauch
Willkommen in Westend, einem jener malerischen, scheinbar abgeschiedenen Orte, die der deutschen TV-Krimi-Landschaft gerne als Hintergrund dienen – idyllisch und gefährlich zugleich. Die neue ARD-Reihe «Nord bei Nordost» mit dem Folgentitel «Westend» nimmt genau hier ihren Auftakt und versucht, dem Genre frischen Wind einzuhauchen. Und ja, der Wind weht, manchmal allerdings in eine leicht unbestimmte Richtung.

Der erste Kriminalfall wirkt dabei augenscheinlich vielversprechend: Der Investigativjournalist Jan Witt, der mutig „auf der Kehrseite der Menschlichkeit“ unterwegs war, wird mit einem lauten Knall aus dem Leben gerissen. Ein Hausboot explodiert auf dem Westender See, und schnell ist klar, dass es sich um keinen Unfall handelt. Willkommen also in Westend, wo die Polizistinnen Nina Hagen (eine Namenswahl, die an der Schwelle zur Pointe wackelt; gespielt von Cordelia Wege), Tim Engelmann (David Bredin) und Felix Bittner (Franz Dinda) nun aufklären müssen, wer oder was hinter diesem Verbrechen steckt. Die Exposition ist gut gesetzt – wie so oft in deutschen Krimis liegt in ihr die schier perfekte Symbiose von kleinstädtischer Ruhe und plötzlich hereinbrechendem Chaos.

Cordelia Wege als Nina Hagen führt das Trio der Ermittler an und schafft es dabei mit ihrer bodenständigen Art, der Rolle Leben einzuhauchen. Doch man wird den Eindruck nicht los, dass hier eine Figur etabliert werden soll, die irgendwie zu gekünstelt zwischen Landidylle und toughem Polizeialltag schwankt. Das birgt im Kern Potenzial, aber die Linie bleibt noch unscharf. David Bredin als Tim Engelmann und Franz Dinda als Felix Bittner sind solide Ergänzungen, doch die Chemie im Team wirkt manchmal so, als hätte man ihnen einen Satz leicht ausgetretener Wanderschuhe für das Mecklenburgische Moor verpasst – sie passen irgendwie, aber druckstellenfrei läuft es sich noch nicht.

Die eigentliche Stärke der ersten Folge liegt dann auch vielmehr in der liebevollen Inszenierung des titelgebenden Orts. Das Kleinod an der Mecklenburgischen Seenplatte wird von Regisseurin Esther Rauch als fast mystischer Raum in Szene gesetzt. Hierhin verfährt man sich nicht, hier kommt man nur hin, wenn man es wirklich will. Doch wer in den hübsch drapierten Gärten hinter die Hecken schaut, der findet die üblichen Abgründe menschlichen Verhaltens, die nur darauf warten, ans Licht gezerrt zu werden. Genau dieses Spannungsfeld – das Idyll, das sich langsam als gefährliche Illusion entpuppt – funktioniert in «Nord bei Nordost» erstaunlich gut.

Ihre Schwächen hat die Auftaktfolge dieser Reihe vielmehr bei ihrem Plot. Autor Holger Karsten Schmidt liefert gewohnt versierte Dialoge, aber die eigentliche Krimihandlung um den toten Journalisten Jan Witt bleibt oft zu schematisch. Das Motiv „Journalist auf gefährlicher Spur“ ist im Genre derart abgenutzt, dass es in «Westend» trotz guter Ansätze nicht gelingt, dem Plot wirkliche Tiefe oder eine neue Note zu verleihen. Das alles ist routiniert, aber eben auch ein wenig formelhaft. Man hat es schon oft gesehen, und es fehlt das Element, das dieses Mal alles anders macht.

Trotz seiner Vorhersehbarkeit bleibt «Nord bei Nordost» aber erstaunlich charmant. Das Setting, die Figuren, die Atmosphäre – sie bieten genug, um neugierig zu machen, wie es weitergeht. Ob sich die Reihe auch inhaltlich gut im Programmschema des Ersten etablieren wird, hängt davon ab, ob es gelingt, die Charaktere und die Geschichten konsequent weiterzuentwickeln. Dass ein Mann von der Personalabteilung des Innenministeriums mit seiner absurden Bürokratenattitüde beinahe den komödiantischen Höhepunkt der Folge liefert, zeigt, dass hier Potenzial für mehr Absurdität und Tiefgang gleichermaßen liegt.

Die erste Folge von «Nord bei Nordost – Westend» wird am Donnerstag, den 3. Oktober um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
02.10.2024 11:10 Uhr Kurz-URL: qmde.de/155258
Oliver Alexander

super
schade

40 %
60 %

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Nord bei Nordost Westend Nord bei Nordost – Westend

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