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Katharina Woll: ‚Thirza ist aus Überzeugung Richterin geworden‘

Am Freitag startet die neue Reihe «Servus, Euer Ehren» und Regisseurin Woll spricht im Quotenmeter-Interview über den Reiz der besonderen Aufnahmen.

Frau Woll, was hat Sie an der Geschichte von «Servus, Euer Ehren» besonders gereizt, dass Sie sich entschieden haben, bei diesem Film Regie zu führen?
Ich fand das Thema sehr reizvoll: eine junge Richterin, die gerade ihren ersten Job am Amtsgericht München hat, einem sehr geschichtsträchtigen Ort, setzt ihre Laufbahn aufs Spiel, weil sie ihrem Gerechtigkeitssinn folgt. Dazu kam, dass ich das Drehbuch und die Charaktere von Carolin Otto sehr gut geschrieben fand, es war alles sehr lebendig. Und Thirza, die junge Richterin, hat einen interessanten Familienbackground, da kamen mir gleich Bilder in den Kopf.

Thirza Zorniger ist eine junge Richterin, die trotz ihrer Unerfahrenheit auf ihren Gerechtigkeitssinn vertraut. Wie haben Sie diese Balance zwischen Idealismus und Realität im Justizsystem inszeniert?
Es gibt mehrere Figuren, die im Justizpalast arbeiten, die teilweise idealistisch und teilweise sehr pragmatisch-regelkonform handeln. Thirza kommt als junge Richterin in dieses System und muss erst noch ihren Platz finden. Thirza ist aus Überzeugung Richterin geworden, weil sie an die Gerechtigkeit glaubt. Dass das nicht immer bedeutet „im Recht zu sein“ merkt sie sehr schnell.

Der Film spielt im berühmten Justizpalast in München, einem Gebäude mit einer langen Geschichte. Wie haben Sie die Atmosphäre dieses historischen Ortes in den Film integriert und genutzt?
Ich bin sehr dankbar, dass wir wirklich im Justizpalast drehen durften und nicht auf irgendein anderes Motiv ausweichen mussten. Die Atmosphäre der großen Eingangshalle, der Gänge und alten Gerichtssäle ist optisch natürlich sehr reizvoll und wir konnten dies gut für den Film nutzen. Gleichzeitig hat der Justizpalast aber auch eine sehr dunkle Vergangenheit, diverse NS-Prozesse fanden dort statt, u.A. der Prozess gegen die Widerstandsgruppe der „weißen Rose“. In dem Film gibt es ja auch eine dunkle Seite der Macht, auch wenn diese nicht faschistisch ist, sondern
„nur“ korrupt, wird auch diese Seite durch den Justizpalast abgebildet.

Thirza steht vor der Entscheidung, ihre Karriere aufs Spiel zu setzen, um der Wahrheit nachzugehen. Wie haben Sie diesen inneren Konflikt visuell und dramaturgisch dargestellt?
Thirza wurde von ihren Großtanten aufgezogen, einem queeren Liebespaar, das sehr frei und idealistisch lebt. Gleichzeitig gibt es aber auch ihren Opa, der ein liebenswürdiger, rechtsliebender Richter war. Zwischen diesen zwei Welten ist sie sowohl zu Hause als auch später am Gericht hin- und hergerissen. Ich habe versucht diese Welten auch durch die Ausstattung und Thirzas Kostüm abzubilden. Thirza trägt zu ihren klassischen Anzügen oder Jacketts wie sie am Gericht üblich sind, immer wieder auch Muster und farbliche Elemente. Das Haus in dem sie lebt, ist ein kleines, gemütliches Holzhaus im Garten ihrer Familie.

Die Dynamik zwischen Thirza und ihrem Vorgesetzten Kaspar Epha ist eine zentrale Achse des Films. Wie haben Sie die Beziehung zwischen diesen beiden Charakteren entwickelt und inszeniert?
Die Beziehung war im Drehbuch schon sehr gut und klar angelegt. Ich habe dann durch Proben mit den Schauspieler:innen noch die Feinheiten herausgearbeitet. Mir war wichtig, dass Epha erstmal sehr herzlich und warm wirkt und Thirza sich bei ihm wohl fühlt, umso überraschender ist es am Ende, dass er korrupt ist.

Der Film scheint auch einen Generationenkonflikt zu thematisieren, insbesondere durch die Figur von Thirzas Vater Carlos. Wie haben Sie diese familiäre Dimension in den Film eingebaut, und was bedeutet sie für Thirzas Entwicklung?
Obwohl sich Thirza und ihr Vater Carlos offenbar nicht sehr oft sehen, ist die Beziehung zu ihm sehr prägend. Wenn es drauf ankommt, kann sich Thirza auf ihren Vater verlassen. Und warum sie der Mensch geworden ist, der sie heute ist, hat auch viel mit ihrem Vater, bzw. der Abwesenheit von ihm zu tun. Es ist eine komplexe Beziehung zwischen den Beiden, die aber sehr viel Spaß macht und die für Thirza beim Aufdecken der Ungerechtigkeiten eine tragende Rolle spielt.

«Servus, Euer Ehren» kombiniert Elemente von Justizdrama und Familiendrama. Wie haben Sie diese beiden Genres zusammengeführt, um eine kohärente und spannende Geschichte zu erzählen?
Ich finde es immer spannend in ein Drama auch lustige Elemente einzubauen und wichtige Themen auch leicht zu erzählen, das macht den Reiz für mich aus.
Gleichzeitig gibt es durch den Fall eine Spannung, die sich durch den gesamten Film zieht.

Mit Amelie Kiefer, Helmfried von Lüttichau und Robert Palfrader haben Sie ein vielseitiges Ensemble. Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit den Schauspielern erlebt und wie haben sie ihre Rollen geprägt?
Die Besetzung mit einem bestimmten Schauspieler oder Schauspielerin prägt die jeweilige Figur natürlich maßgeblich. Ich war und bin sehr froh über das Ensemble, alle hatten Lust im Vorfeld Konstellationsproben zu machen, das hat mir extrem geholfen, die Figuren schon vorher zu entwickeln. Beim Dreh selber spart man so viel Zeit und weiß schon wo die Reise hingeht. Außerdem kann man so noch kleine Nuancen herausarbeiten für die man am Set keine Zeit hat.

Der Film stellt die Frage, wie weit man gehen sollte, um für Gerechtigkeit zu kämpfen. Was möchten Sie, dass das Publikum aus Thirzas Geschichte mitnimmt, besonders in Bezug auf Ethik und Moral?

„Recht ist nicht immer Gerechtigkeit“ ist ein zentraler Satz aus dem Film. Es gibt Gesetze, die unser Zusammenleben regeln, das ist auch gut so und wir brauchen sie, wenn wir als Gesellschaft friedlich zusammenleben wollen. Aber nicht alles Recht ist gerecht und manchmal muss man sich dem Gesetz widersetzen, wenn man das Gefühl hat, dass gerade eine Ungerechtigkeit geschieht. Das würde ich unbedingt so unterstreichen.

Kann eine Richterin überhaupt außerhalb des Gerichtssaals ermitteln?
Nein, das ist im wahren Leben natürlich verboten…

Welche Herausforderungen und Freuden hatten Sie während der Dreharbeiten zu «Servus, Euer Ehren», insbesondere in einem Setting, das sowohl juristisch komplex als auch emotional geladen ist?
Wir hatten zum Glück eine Richterin, die uns und vor allem Carolin Otto, die das Drehbuch geschrieben hat, zu allen juristischen Fragen beraten hat. Mir hat die Arbeit am Set mit den Schauspieler:innen und die Zusammenarbeit mit der Kamerafrau Carmen Treichl großen Spaß gemacht. Wenn alles zusammenkommt und man die Geschichte so erzählen kann, wie man sie sich vorgestellt hat, erfüllt mich das sehr. Und natürlich ist bei so einem Dreh immer die Zeit und das Geld knapp. Man muss in dem zeitlichen und finanziellen Rahmen das Beste aus allem herausholen!

Ist der Film der Beginn einer Reihe?
Das hängt davon ab, wie der Film bei den Zuschauer:innen ankommt…

Vielen Dank für Ihre Offenheit!

«Servus, Euer Ehren» ist am Freitag, den 4. Oktober 2024, im Ersten zu sehen.
04.10.2024 11:53 Uhr Kurz-URL: qmde.de/155151
Fabian Riedner

super
schade


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Servus Euer Ehren

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