In der DDR versuchte die Deutsche Film AG, die Ostdeutschen zu unterhalten, aber auch Propaganda zu machen. Mit der Wiedervereinigung wurde das Unternehmen überführt.
Die am 17. Mai 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone gegründete Deutsche Film AG (DEFA) fungierte als zentrales Filmunternehmen der Deutschen Demokratischen Republik und stellte das erste Filmstudio dar, welches nach dem Zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden neu gegründet wurde. Die DEFA hat mit ihrer beachtlichen Produktionsleistung, ihren künstlerischen Erfolgen und ihrem propagandistischen Einfluss das kulturelle Leben der DDR nahezu ein halbes Jahrhundert lang geprägt und darüber hinaus auch internationale Relevanz erlangt. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 fand die traditionsreiche Institution ihr Ende.
Die Intention der DEFA war es, nicht nur der Unterhaltung der Bevölkerung zu dienen, sondern insbesondere der ideologischen Umerziehung nach dem Zweiten Weltkrieg sowie der Verbreitung sozialistischer Ideen. Unter der Aufsicht des Ministeriums für Kultur produzierte die DEFA ein breites Spektrum an Filmen, welches Spielfilme, Dokumentationen sowie Animationsfilme umfasst.
Der erste DEFA-Spielfilm,
«Die Mörder sind unter uns» (1946) von Wolfgang Staudte, wird bis heute als einer der bedeutendsten Nachkriegsfilme Deutschlands gehandelt. Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen stellt ein zentrales Thema in der filmischen Auseinandersetzung der DEFA dar. Der Film kann als Beginn des antifaschistischen Grundtons betrachtet werden, der in der Folgezeit zahlreiche DEFA-Produktionen prägen sollte. In seinem Werk thematisierte Staudte die Schuldfrage und wurde dafür international gefeiert. Dies verdeutlichte, dass die DEFA eine Plattform für künstlerischen Anspruch war, die sowohl Unterhaltung als auch gesellschaftliche Reflexion ermöglichte.
In den Folgejahren etablierte sich die DEFA als ein stark kontrolliertes Unternehmen, das in enger Verbindung mit der SED-Führung und deren kulturellen Vorgaben stand. Filme wurden vielfach als Instrument der politischen Bildung genutzt, wobei ein klarer ideologischer Auftrag vorgegeben war. Dieser beinhaltete die Förderung des Sozialismus, die Darstellung der Arbeiterklasse als Helden sowie die Verurteilung des Westens, insbesondere der Bundesrepublik, als kapitalistische Bedrohung. Dieses Brainwashing war damals auch in anderen Nationen durchaus vorgesehen.
Als Beispiele für die Erfüllung der ideologischen Vorgaben der SED können die Propagandafilme
«Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse» (1954) und
«Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse» (1955) von Kurt Maetzig angeführt werden. In diesen Filmen wird der kommunistische Widerstandskämpfer Ernst Thälmann glorifiziert und der heroische Kampf des Sozialismus gegen den Faschismus verkörpert. Diese Filme können als exemplarische Beispiele für die Instrumentalisierung der Filmkunst zur Vermittlung politischer Botschaften betrachtet werden.
Dennoch gelang es der DEFA, neben politisch orientierten Filmen auch künstlerisch anspruchsvolle und gesellschaftskritische Werke zu produzieren. Als herausragendes Beispiel kann der Film
«Der Untertan» (1951) von Wolfgang Staudte, basierend auf dem Roman von Heinrich Mann, angeführt werden. Der Film wurde im Ausland hochgelobt und präsentierte eine scharfsinnige Satire auf den preußischen Gehorsamskult sowie den wilhelminischen Obrigkeitsstaat. Da der Film an die Weimarer Republik anknüpfte, ließ sich seine Kritik auch auf den aufkommenden DDR-Staat und dessen strikte Parteilinie übertragen, was zu inneren Spannungen führte.
Das Repertoire der DEFA umfasste nicht nur politische Filme. Des Weiteren sind Unterhaltungsfilme, Märchenfilme sowie Literaturverfilmungen zu nennen, die ebenfalls eine bedeutende Rolle einnahmen. Insbesondere die Märchenfilme erfreuten sich großer Beliebtheit und genießen bis heute den Status von Klassikern.
«Das kalte Herz» (1950) von Paul Verhoeven und
«Die Geschichte vom kleinen Muck» (1953) von Wolfgang Staudte haben bis heute einen festen Platz in der deutschen Filmgeschichte inne und werden regelmäßig im Fernsehen ausgestrahlt.
Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte der DEFA war die 1955 gegründete Animationsfilmabteilung, das DEFA-Studio für Trickfilme. Es entstand eine Vielzahl an liebevoll gestalteten Trick- und Puppenfilmen, die das junge Publikum zu begeistern vermochten. Hervorzuheben ist zudem die Serie
«Unser Sandmännchen», deren Produktion im Jahr 1959 begann und die bis heute im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wird. Es handelt sich hierbei um eines der langlebigsten und beliebtesten Formate für Kinder im Fernsehen.
Auch im Bereich der Fernsehproduktion nahm die DEFA eine führende Rolle ein. Hervorzuheben ist zudem die Reihe
«Polizeiruf 110», die ab 1971 ausgestrahlt wurde. Diese Krimiserie kann als sozialistisches Gegenstück zum westdeutschen «Tatort» bezeichnet werden, da sie Kriminalfälle aus der Perspektive der DDR-Gesellschaft thematisierte. Auch nach der Wiedervereinigung wurde die Serie «Polizeiruf 110» fortgesetzt.
Obwohl die DEFA in den 1950er und 1960er Jahren eine produktive und erfolgreiche Filmindustrie darstellte, geriet sie ab den 1970er Jahren zunehmend in eine Krise. Die restriktive Kulturpolitik der DDR unter Erich Honecker, welche die künstlerische Freiheit weiter einschränkte, resultierte in Spannungen zwischen den Filmschaffenden und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Eine Vielzahl von Filmen, die kritischere Töne anschlagen, wurde seitens der Zensurbehörde beanstandet und letztlich verboten.
Ein prominentes Beispiel hierfür ist der Film
«Die Legende von Paul und Paula» (1973) von Heiner Carow. Der Film war ein Kassenschlager und gilt heute als eine der besten DEFA-Produktionen. Allerdings stieß seine unkonventionelle Darstellung der Liebe und des Privatlebens auf Widerstand bei den Kulturverantwortlichen der DDR. Letztlich wurde der Film jedoch freigegeben und entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten Filme der DEFA-Geschichte.
Eine der größten künstlerischen Katastrophen war jedoch das
«Kahlschlag-Plenum» der SED im Jahr 1965. Zahlreiche Filme, die sich kritisch mit der Realität in der DDR auseinandersetzten, kamen auf den Index wie
«Spur der Steine» von Frank Beyer. Der Film, der die Schwierigkeiten des Aufbaus des Sozialismus und die Korruption innerhalb der Partei thematisierte, wurde nach nur drei Tagen aus den Kinos genommen und verschwand für Jahre im Archiv. Erst im Jahre 1989, kurz vor dem Ende der Deutschen Demokratischen Republik, erfuhr der Film seine Wiederaufführung und avancierte zu einem Symbol für den Wunsch nach mehr künstlerischer Freiheit.
Mit dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 und der Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1990 erfuhr die DEFA ihr Ende. Die politischen und ökonomischen Transformationen, die mit dem Ende der DDR einhergingen, führten auch zum Ende des volkseigenen Filmunternehmens. In der Folge wurde die DEFA privatisiert und im Jahr 1992 von der Treuhandanstalt übernommen. In der Konsequenz ging eine Ära zu Ende und die Studios in Babelsberg zum Teil an Vivendi Universal verkauft. Das Studio Babelsberg AG wird aktuell von Investoren gehalten und setzt nationale und internationale Produktionen um.
Das Filmerbe der DEFA wurde in die 1998 gegründete DEFA-Stiftung überführt. Die DEFA-Stiftung hat sich zur Aufgabe gemacht, das filmische Vermächtnis der DEFA zu bewahren und dafür zu sorgen, dass die Filme auch weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich sind. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche DEFA-Filme restauriert und digitalisiert, wodurch sie eine neue Popularität erlangten. In der jüngeren Vergangenheit sind zahlreiche DEFA-Produktionen auf DVD erschienen und werden regelmäßig im Fernsehen ausgestrahlt.
Das Erbe der DEFA ist von Komplexität geprägt. Einerseits steht die DEFA für künstlerische Innovation, mutige politische Filme sowie herausragende Märchen- und Kinderfilme, die bis heute generationenübergreifend beliebt sind. Andererseits fungierte sie als Instrument der SED zur Verbreitung von Propaganda und zur Ideologisierung der DDR-Bürger.
Der Einfluss der DEFA auf die deutsche und internationale Filmgeschichte lässt sich nicht leugnen. Nach der Wiedervereinigung waren zahlreiche der in der DEFA ausgebildeten Regisseure, Schauspieler und Techniker maßgeblich an der Entwicklung der gesamtdeutschen Filmlandschaft beteiligt. Zu den prominentesten Namen gehören Regisseure wie Frank Beyer, Konrad Wolf und Heiner Carow sowie Schauspieler wie Manfred Krug, Angelica Domröse und Armin Mueller-Stahl.
Die Filmkultur der Deutschen Demokratischen Republik, repräsentiert durch die DEFA, kann als ein Spiegelbild der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen betrachtet werden. Die Vermittlung von Unterhaltung ging bei der DEFA Hand in Hand mit der Vermittlung von Werten und Idealen. Zudem bot sie einen Raum für Diskussionen über Themen wie Gerechtigkeit, soziale Ungleichheit und den Umgang mit der Vergangenheit.
Die DEFA kann als kulturelles Phänomen bezeichnet werden, das die Identität und das Selbstverständnis der DDR maßgeblich mitgeprägt hat. Ihr Ende markiert den Abschluss eines wichtigen Kapitels der deutschen Filmgeschichte. Das Vermächtnis des einzigartigen Filmstudios wird jedoch durch die Arbeit der DEFA-Stiftung und das anhaltende Interesse an ihren Produktionen bewahrt.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel