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VOD-Charts: Schlechte Filme, guter Algorithmus

Netflix bietet seinem Publikum derzeit kein gutes Filmprogramm. Die Kunden verzehren die Geschichten dennoch.

Der Marktführer unter den Streamingdiensten bot seinen rund 270 Millionen Abonnenten in den vergangenen Wochen nur selten echte Film-Highlights, die auf Netflix in diesem Jahr erschienen sind. Dennoch zeigten sich die Zuschauer zuletzt genügsam mit dem Gebotenen. Allen voran ist dort «Atlas» mit Jennifer Lopez zu nennen, der zwar von den Kritikern nicht in Grund und Boden geschrieben wurde, aber eben auch nicht vollends zu überzeugen wusste. Dennoch sammelte die Regie-Arbeit von Brad Peyton über 70 Millionen Views in den ersten vier Wochen der Verfügbarkeit und war damit vier Wochen lang in den Top10 der Film-Charts zu finden.

In der Woche zwischen dem 17. und 23. Juni verschwand der Titel allerdings schon wieder aus den Spitzenplatzierungen. Stattdessen übernahm der am 21. Juni erschienene Film «Trigger Warning» mit Jessica Alba in der Hauptrolle. Das 106-minütige Werk von Mouly Surya erhielt jedoch durch die Bank vernichtende Kritiken. Quotenmeter-Kritiker Christian Lukas fasste es beispielsweise folgendermaßen zusammen: „Möchte man das Wort ‚dilettantisch‘ als Kritik vermeiden, so lässt sich «Trigger Warning» als ein ideenloser, vorhersehbarer und schlecht gespielter Actionfilm beschreiben, der sich wie ein 25 Jahre alter, billiger Videothekentitel aus den staubigen, unteren Regalreihen anfühlt.“

Dennoch zählte Netflix an den ersten drei Tagen der Verfügbarkeit stolze 45,9 Millionen Sehstunden, aus denen 25,7 Millionen Views errechnet wurden. Wie viele Menschen den Film tatsächlich bis zum Ende gesehen haben, geht aus den Zahlen allerdings nicht hervor. Die gemessenen Streamingstunden entsprechen dem siebtbesten Wochenwert für einen englisch-sprachigen Netflix-Film in diesem Jahr. Nur die Filme «Lift», «Damsel» (immerhin der siebterfolgreichste Netflix-Film alle Zeiten) und eben «Atlas» übertrafen jenes Ergebnis jeweils zwei Mal.

Es ist gut möglich, dass «Trigger Warning» in der zweiten Woche sein Ergebnis wie die drei genannten Filme noch verbessern kann, immerhin ist der Action-Streifen ein weltweiter Erfolg. Man liegt in 93 Ländern in den Top10, in 22 Regionen davon besteht noch Luft nach oben. In den anderen 71 Ländern wird man auf Rang eins geführt, darunter auch im deutschsprachigen Raum in Österreich, Schweiz und Deutschland. Selbst in Frankreich hat man den französischen Horrorfilm «Im Wasser der Seine» von der Spitze verdrängt.

Die Arbeit von Xavier Gens fiel ohnehin deutlich zurück. Nach dem tollen Start mit fast 41 Millionen Views an den ersten vier Tagen sowie 28,7 Millionen Abrufen in der ersten vollständigen Woche reichte es zwischen dem 17. und 23. Juni nur noch für zehn Millionen Klicks. Kritikern zufolge ist der Film aber allenfalls durchschnittlich. Umso beeindruckender ist somit die Fähigkeit von Netflix neue Inhalte zu pushen – egal, ob sie es verdient haben oder nicht. Wohl dem, der solch einen guten Algorithmus hat.
28.06.2024 12:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/152738
Veit-Luca Roth

super
schade


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Atlas Trigger Warning Lift Damsel Im Wasser der Seine

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