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«Viktor Bringt’s»-Kritik: Überdreht und surreal, aber auch unterhaltend?

Ob Vater-Sohn Geschichte, Handwerkersatire, philosophischer Diskurs oder Blödelhumor. «Viktor Bringt’s» will viel, verfängt sich dabei allerdings selbst in Klischees die deutsche Komik betreffend.

Zusammen mit seinem Sohn Mika (Enzo Brumm), der ihm aufgrund eines Führerscheinverlusts aushilft, liefert Viktor (Moritz Bleibtreu) im Großraum Berlin Elektrogeräte aus und schließt diese an. In jeder Folge wird ein neuer Kunde bedient, hochkarätige Gaststars geben sich hier die Klinke in die Hand. Potential für allerlei humoristische Einlagen bietet die Prämisse der Serie damit durchaus und teilweise vermag es Marcus Pfeiffers neue Serie auch dieses Potential auszuschöpfen, doch leider geht im deutschen Comedy Bereich wenig ohne maximale Überzeichnung.

Zwei normale Typen, die in skurrile Situationen geraten reichen wie zu erwarten nicht aus. Stattdessen müssen von den beiden Protagonisten bis in die Nebenrollen völlig überdrehte Stereotypen ihr Handwerk verrichten. Während Vater Viktor den etwas plump-konservativen, „ich kann alles“ Handwerker, der gerne mal während der Arbeit den Flachmann rausholt, verkörpert, spielt der Sohn einen woken, genderfluiden Philosophiestudenten, der den moralischen Kompass stets hochzuhalten weiß. Natürlich nähern sich diese beiden Extreme im Verlauf der Serie aneinander an und auch mit den ebenso überzeichneten Gaststars wird letztlich ein Konsens gefunden.

Dieses Spiel mit den Stereotypen ist weder neu noch innovativ und sorgt dafür, dass sich keiner der Charaktere in «Viktor Bringt’s» wirklich echt anfühlt. Doch das mag hier auch gar nicht das Ziel gewesen sein. Der Humor soll aus den Karikaturen der jeweiligen Personen gezogen werden, was in manchen Szenen durchaus gelingt, anderweitig allerdings auch immer wieder in hochgezogenen Augenbrauen statt lautem Lachen mündet. Der überzeichnete, aus Karikaturen schöpfende Humor, gehört seit Dekaden in der deutschen Fernsehlandschaft zum guten Ton, weshalb ihn mittlerweile viele Zuschauer als völlig normal ansehen dürften. Das gelungene Schauspiel der beiden Protagonisten, gepaart mit den hochkarätig besetzten Gastrollen, sorgt auch immer wieder für zumindest kurzweilige Unterhaltung. Dass das Zusammenspiel zwischen dem stereotypischen alten weißen Mann und dem Sohn mit lackierten Fingernägeln, die beide in ihrer eigenen Filterblase zu leben scheinen, überhaupt gelingt, ist allerdings eher den Darbietungen von Bleibtreu und Brumm als dem Drehbuch zuzuschreiben.

Humor ist ein eigenwilliges Konstrukt, insbesondere der deutsche. «Viktor Bringt’s» bietet daher durchaus kurzweilige Unterhaltung für jene, die mit dieser Art von klischeehafter, überstilisierter Komik etwas anfangen können. Wer hier hingegen eher den Kopf schüttelt oder eine überzeugend ausgearbeitete Geschichte sucht, der sollte um «Viktor Bringt’s» besser einen weiten Bogen machen.

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02.06.2024 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/152006
Marc Schneider

super
schade

85 %
15 %

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Viktor Bringt’s

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