Die vier Networks haben keine gemeinsame Strategie, sie wollen aber mit großen Marken punkten.
Anfang Mai gab CBS das Herbstprogramm bekannt, NBC zog am Freitag vor den Upfronts nach. Das FOX-Programm wurde am Montag veröffentlicht, ABC war am späten Dienstagabend der letzte Sender im Bunde. Die Fernsehstationen haben in diesem Jahr nicht unbedingt mit großen Innovationen überrascht, vielmehr hat sich die Wahl an neuen fiktionalen Programmen noch einmal verkleinert. Dennoch sind nicht alle strategischen Optionen klein- und schlechtzureden.
Das neue Programm wird von noch mehr Live-Sport beherrscht. Die vier großen Networks setzen schon seit Jahren auf eine umfangreiche Berichterstattung am Samstag und Sonntag, im vergangenen Jahr haben sich die Rechte an Football verdoppelt. Nachdem schon zwei Partien am Sonntag liefen, darf NBC noch das Abend-Spiel «Sunday Night Football» zeigen. ABC experimentierte im vergangenen Herbst mit dem ESPN-Game, das so hohe Zahlen abwarf, dass man kurzfristig «Dancing with the Stars» auf den Dienstag schob. Diese Änderung wird jetzt auch beibehalten. Da selbst College Football zahlreiche Menschen anlockt, wird das Programm ausgebaut. FOX macht dafür den Freitag frei, weil «Smackdown»-Wrestling zurück zu USA Network kommt. Für FOX fällt auch die alternative Football-League USFL weg, weshalb auch hier die Colleges spielen. ABC, The CW, FOX und NBC bespielen den Samstagabend mit College-Football.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Marken-Konzentration: CBS hat zwar «NCIS: Hawaii» abgesetzt, für das lineare Programm aber «NCIS: Origin» angekündigt. Auch der australische Ableger «NCIS: Sydney» kommt im Frühjahr zurück. Das «The Good Wife»-Universum wurde erst mit «Elsbeth» ausgebaut, demnächst wird noch der «Fire Country»-Ableger «Fire Sheriff» starten. Mit «Matlock» holt man eine weitere Serie ins Programm zurück. CBS versucht mit einer Interpretation von Sherlock Holmes am späten Sonntag zu punkten («Watson»).
ABC ist nicht unbedingt kreativer: Im Anschluss an «Dancing with the Stars» bleibt man nach dem Ende von «The Good Doctor» das Genre treu: Joshua Jackson ist auf einem Kreuzfahrtschiff als Arzt unterwegs. «High Potential» startet noch im Herbst. Das Network FOX setzt weiterhin auf vier Animationsserien am Sonntagabend, wenngleich «Family Guy» erstmals nach vielen Jahren vorübergehend im Hangar bleibt und erst in der Midseason startet. Stattdessen soll «Universal Basic Guys» punkten. Enttäuschend ist weiterhin die FOX-Planung, die man seit dem «Futurama»-Desaster beibehält. Weil die Football-Partien bis um 20.00 Uhr andauern können, laufen um 19.30 Uhr erst einmal alte Animationsserien. Bei NBC bleibt das Programm fast unverändert, nur stellenweise werden neue Serien eingesetzt. Vor allem «The Voice» am Montag, die «Chicago»-Serien am Dienstag und «Law & Order» am Donnerstag sind gesetzt. Mitbewerber CBS ist allerdings mit «NCIS» am Montag und «FBI» am Dienstag nicht kreativer.
Die größte Gemeinsamkeit der vier Networks: Inhalte für die eigenen Streamingdienste schaffen. In der Branche wird gemunkelt, ob «Young Sheldon» nur beendet wurde, dass CBS das Spin-off «Georgie & Mandy’s First Marriage» bei Paramount+ anbieten kann. Bislang erfreuten sich Max und Netflix an herrlichen Aufrufzahlen. Neben der zweiten «NCIS: Sydney»-Staffel lässt CBS eine Serie («NCIS: Origins») für CBS produzieren, «NCIS: Tony & Ziva» stellt man für Paramount+ her. Eine obligatorische Verlängerung für «Grey’s Anatomy» erteilte ABC wohl nur, weil die Serie im Streaming super funktioniert. Nachdem die zahlreichen Disney-Filme Schlagseite bekamen, will man am Sonntagabend noch Werbegelder mit einem Spielfilm-Sendeplatz verdienen. Weiterhin kritisch ist die Reality-Konzentration am Mittwoch: «The Masked Singer» (FOX) läuft gegen «Survivor» (CBS) und «The Golden Bachelorette» (ABC).
Der kleinste gemeinsame Nenner der vier Networks ist die hohe Schlagzahl an unterschiedlichen Formaten. Zwar ist bislang nur «The Golden Bachelorette» (ABC) angekündigt, allerdings besitzt ABC noch die Marken «The Golden Bachelor», «The Bachelor» und «Bachelorette». Die Fernsehstationen haben sich in den vergangenen Jahren davon verabschiedet, die Serien- und Showproduktionen mit Wiederholungen zu unterbrechen. Das könnte dem Zuschauer schmecken.
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