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«Ripley» Kritik: Cineasten werden begeistert sein

Nach Matt Damon ist nun Andrew Scott an der Reihe Patricia Highsmiths Titelfigur in Szene zu setzen.

Tom Ripley lebt als Kleinkrimineller Taugenichts in New York. Durch einen eher glücklichen Zufall trifft er auf Mr. Greenleaf, der ihm einen komplett finanzierten Trip nach Italien vorschlägt, um dort seinen Sohn Dickie zu überreden, den verschwenderischen Lebensstil voller Nichtstun aufzugeben und zurück mit ihm in die Staaten zu kommen. Tom Ripley muss nicht lange überlegen und findet in Italien schnell gefallen an Dickies Lebensstil…

Ja, die Grundhandlung mag für Kenner der Matt Damon Verfilmung aus dem Jahr 1999 nicht neu sein, wie könnte sie auch, da beide dieselbe Buchvorlage nutzen? Doch abseits dieser unterscheidet sich das, was Autor und Regisseur Steven Zaillian zusammen mit seinem Kameramann, Oscarpreisträger Robert Elswit auf den Bildschirm bringt, in praktisch allen Aspekten von der bekannten Verfilmung. Die gesamte Serie ist ausschließlich in schwarz-weiß gefilmt und von der Kameraarbeit, die mit Kameraperspektiven arbeitet, die an Filmemacher aus längst vergangenen Zeiten erinnern, bis zum Audiotrack der auf jedes noch so kleine Geräusch eines Schrittes, Ausatmens oder Schnipsens eines Zigarettenstummels achtet, wurde hier ein Noir-Stil geschaffen, der es stilistisch schafft, dem Zuschauer zu suggerieren, dass er tatsächlich eine Serie schaut, die in den 1960er Jahren entstanden ist. Lediglich die knackscharfe Bildqualität und der hervorragend abgemischte Audiotrack verraten ein neueres Entstehungsdatum.

Doch was Produktionen aus den 1960er Jahren von jenen aus der heutigen Zeit maßgeblich unterscheidet, ist insbesondere das pacing. Wurde damals noch besonders Wert auf kleinste Details gelegt und selbst scheinbar unbedeutende Ereignisse mit verschiedenen Kameraperspektiven ausgiebig in Szene gesetzt, so muss heute in jeder Szene etwas Interessantes passieren, um den Zuschauer bei Stange zu halten. «Ripley» erscheint daher vergleichsweise langsam erzählt auf einen Zuschauer, der moderne Produktionen gewohnt ist, in Teilen fast statisch. Während der durchschnittliche Netflixzuschauer hier schnell gelangweilt den Ausschaltknopf suchen dürfte, kommen Cineasten in allen Belangen auf ihre Kosten. Denn neben dem gelungenen Drehbuch und der einprägsamen Kameraarbeit, liefern auch die Protagonisten um Andrew Scott, Dakota Fanning und Johnny Flynn hervorragende Darbietungen ab.

Altmeister Alfred Hitchcock hätte sicherlich seine Freude an diesem Murder-Mystery gehabt, das mehr an seine eigenen Werke erinnert als an jegliche Arbeiten aus der heutigen Zeit. «Ripley» wirkt so aus der Zeit gefallen, dass diese obsolete, detailversessene Arte des Filmemachens aus heutiger Sicht schon wieder erfrischend daherkommt. Die Miniserie wird sicherlich aufgrund ihrer gesamten Machart kein großer Publikumserfolg werden, doch für Filmfans der alten Schule ist sie eine gelungene Reminiszenz an eine ausgestorbene Art des Filmemachens.

«Ripley» ist seit dem 4. April 2024 bei Netflix abrufbar.
07.04.2024 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/150531
Marc Schneider

super
schade

93 %
7 %

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Tags

Ripley

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