Unter anderem will der neue Senderchef verstärkt auf deutsche Fiction setzen und kündigt eine neue Vorabendserie an. Außerdem plant Rasmus eine verlässliche Programmstruktur. Dem einst reichweitenstarken Sonntagvorabend bemisst er keine strategische Wichtigkeit bei – ebenso wenig der Comedy und «akte.».
Der frühere Kabel-Eins-Chef Marc Rasmus steht seit November 2023 an der Spitze des ältesten Privatsenders Deutschlands. Sat.1 feierte wie RTL vor wenigen Wochen sein 40-jähriges Bestehen – ein Termin, an dem der Bällchensender, laut des Ex-Senderchefs Daniel Rosemann, in alter Stärke strahlen wollte. Dieser Tage gibt es für den Unterföhringer Sender aber nur wenig zu feiern, weswegen man auch auf eine Geburtstagsshow verzichtete. Nun gab der neue starke Mann in Unterföhring dem Branchendienst ‚DWDL‘ ein Interview, in dem er über seine Pläne mit Sat.1 sprach.
Die Probleme des Senders sind vielfältig, besonders aber die Daytime liegt nach dem missglückten Versuch von «Volles Haus!» weiter brach. Dementsprechend bezeichnete Rasmus das Tagesprogramm als „historische Herausforderung, der wir mit höchster Priorität begegnen, weil diese Zeitschiene das Rückgrat jedes Senders ist“. Wirklich konkret wurde er aber nicht, plant das Problem aber anders anzugehen als sein Vorgänger. Rasmus und sein Team arbeiten an „diversen Ideen“, die man „in absehbarer Zeit nach und nach“ einbauen werde. „Künftig wollen wir neben Dokutainment verstärkt auf Scripted setzen, aber auch auf Show“, so Rasmus. Von einem „Hauruckverfahren“, wie es beispielsweise bei «Volles Haus!» der Fall war, wolle er absehen. Stattdessen setze er auf „gebotene Präzision“.
Neue Serie für die 19-Uhr-Stunde
Für die 19-Uhr-Stunde hat Sat.1 inzwischen eine Programmfarbe gefunden, die im kompletten Jahr 2024 durchgezogen werden soll: Fiction. „Wir werden den 19-Uhr-Sendeplatz in diesem Jahr durchweg mit deutscher Fiction bespielen. Trotz EM, trotz Olympia. Das ist ein klares Versprechen“, räumt Rasmus jeden Zweifel aus. Derzeit ist dort
«Das Küstenrevier» zu sehen, das (noch) nicht an die Erfolge von
«Die Landarztpraxis» anknüpfen kann. Von der Heimatreihe mit Caroline Frier zeigte sich Rasmus aber überzeugt. Eine zweite Staffel war ohnehin längt geplant, sie soll im Frühsommer starten.
Darüber hinaus hat der Senderchef mit
«Die Spreewaldklinik» eine weitere Serie angekündigt, die ebenfalls für den Sendeplatz vor der Primetime eingeplant ist. In der Produktion der ndF geht es laut Rasmus um eine Ärztin, die als Teenager ihr Kind zur Adoption freigegeben hat und nun versucht, mit ihrer Vergangenheit aufzuräumen. „Die Serie hat eine etwas andere Ausrichtung als «Die Landarztpraxis», weil die Themen Klinik und Medizin präsenter sind, aber ebenfalls eine starke weibliche Identifikationsfigur, viel Herz und als Setting die wunderschöne Landschaft im Spreewald“, sagte Rasmus über die Unterschiede zur bereits etablierten Reihe vom Schliersee.
Klare Primetime-Struktur für mehr „Selbstverständlichkeit“
Für die Primetime wünscht sich Rasmus von seinem Sender „mehr Selbstverständlichkeit“ sowie ein „klares Programmversprechen für die breite Zielgruppe“. Daher setzt Rasmus auf eine verlässliche Programmstruktur, die für den Montagabend Factual-Entertainment, wie das derzeit gesendete «The Biggest Loser» oder «Hochzeit auf den ersten Blick», vorsieht. Außerdem bringt der Ex-Kabel-Eins-Mann
«Über Geld spricht man doch» von seinem ehemaligen Sender mit zu Sat.1, wobei Rasmus betonte, dass man das Format schon zu Kabel-Eins-Zeiten „perspektivisch in Sat.1 gesehen hatte“. Rasmus weiter: „Die Sendung ist sehr breit angelegt und spricht eine sehr breite Zielgruppe an. Denn hier wird Menschen aus allen Schichten aufs Konto geschaut. Und wer hat sich nicht schon mal insgeheim gefragt, was die Kassiererin von nebenan oder der Heizungsinstallateur von gegenüber verdient? Im Frühjahr werden wir „Über Geld spricht man doch“ deshalb am Montagabend in Sat.1 zeigen. Das ist kein Mitnehmen, sondern folgt unserer Überzeugung, dass das Format einen nächsten Schritt machen kann.“ Außerdem feiert am Montag Oliver Geissen sein Sat.1-Debüt mit der Rankingshow
«Unsere Lieblinge» (
Quotenmeter berichtete).
Am Dienstagabend soll es ausschließlich US-Serien in Sat.1 geben, während der Mittwoch ganz im Zeichen von Kulinarik-Sendungen stehen soll. „Wer Mittwochabend Sat.1 einschaltet, soll sich sicher sein können, Kochen, Backen und Essen in anregendem, unterhaltsamen, ästhetischem Surrounding serviert zu bekommen – mit Menschen, die spannende Unterhaltung garantieren“, erläutert Rasmus, der gleichzeitig offenbart, dass man die Food-Strecke in diesem Jahr noch nicht ganz durchhalten werde. Deswegen ist für den Sommer die deutsche Adaption des Reality-Formats «Stranded on Honeymoon Island» geplant, dem Rasmus den in seinen Augen „perfekten Sat.1-Titel“
«Gestrandet in den Flitterwochen» verpasst hat.
Am Donnerstag soll auch nach dem «1% Quiz» weiterhin gequizzt werden. Daran wollen man anknüpfen, so Rasmus, „indem wir im Februar «The Floor» mit Matthias Opdenhövel starten und im Frühjahr
«Das große Allgemeinwissensquiz» zurückholen, diesmal mit Jörg Pilawa als Moderator.“ Rasmus bezeichnete diese Formate als „Light Entertainment“, wozu auch das Revival von
«Hast du Töne?» zählt, das Sat.1 ebenfalls am Donnerstag einplant (
Quotenmeter berichtete). Der Freitag steht für “Big Family Entertainment”, wie Rasmus betonte. Neben den großen Säulen «The Voice of Germany» und «The Voice Kids» soll es dort weiterhin «Stars in der Manege» und «Kiwis große Partynacht» zu sehen geben. „Hier (am Freitag,
Anmerkung der Redaktion) werden wir auch den Neustart
«The Tribute – Die Show der Musiklegenden» zeigen, einen Wettbewerb der besten Coverbands Deutschlands mit Yvonne Catterfeld, Conchita Wurst und Bertram Engel in der Jury und Matthias Opdenhövel als Moderator. All das verspricht großes Entertainment auf dem großen Bildschirm mit einem ganz klaren Unterhaltungs-, Spannungs- und Erlebnisversprechen“, erklärte Rasmus. Für Comedy gibt es – abseits von «Die besten Comedians Deutschlands» – weiterhin keine großen Pläne. Rasmus betonte zwar, dass Comedy eine Farbe sei, die „unzertrennlich“ mit Sat.1 verbunden sei, Allerdings: „Wir müssen da sehr genau hinschauen. Es gibt Comedy, die sehr breit und volkstümlich ist, aber auch Comedy, die sehr jung und spitz ist. Ich möchte gerne mehr Comedy zeigen, aber nicht um jeden Preis“, so Rasmus.
Keine Pläne für Comedy & «akte.»
Neben dem Comedy-Genre liegen auch weite Teile des Wochenendprogramms in Sat.1 brach. Rasmus zeigte sich zwar mit dem „Familienkino“ am Samstagabend und dem „Sonntagskino“ zufrieden, doch verwunderte er mit der Aussage über den einst sehr reichweitenstarken Sonntagvorabend, an dem bis vor wenigen Jahren teils mehr als drei Millionen Zuschauer Sat.1 verfolgten. „Der Sonntagvorabend ist für uns derzeit kein strategisch wichtiger Slot. Wenn wir aber ein Format finden, das wir dort gut aufgehoben sehen, werden wir es auch dort zeigen“, erklärte Rasmus.
Auch die Pläne für das Magazin
«akte.» ließen aufhorchen. Derzeit ist die von Matthias Killing präsentierte Sendung aus dem Programm verschwunden, was wohl auch so bleiben dürfte. „Die «akte.» steht nach wie vor für viel und ist eine verheißungsvolle Marke, die aber den Erwartungen, die man zu Recht an sie hatte, im Gefäß eines wöchentlichen Magazins nicht mehr nachkommen konnte“, so Rasmus. „Die Entscheidung, die «akte.» rauszunehmen, ist getroffen. Gleichzeitig kann ich mir vorstellen, dass die Marke in Zukunft weiter eine Rolle spielt. Auch darüber denken wir nach.“
Knapp drei Monate ist Marc Rasmus nun Chef von Sat.1. Ihm ist die Krise seines Senders sehr bewusst, weswegen er behutsam in seinen Entscheidungen vorgeht, aber einen klaren Plan verfolgt. Mehrfach betonte er im Interview eine notwendige Selbstverständlichkeit des Senders, die in den vergangenen Monaten und Jahren durch zahlreiche Sendeplatz-Verschiebungen gelitten hat. Mit der festen Programmstruktur setzt Rasmus auf Planbarkeit und Beständigkeit, sodass Sat.1 ja in mittelfristiger Zukunft doch wieder in alter Stärke strahlen kann. Eines bleibt dabei bestehen, wie Rasmus betonte: „Es bleibt im Kern bei dieser weiblichen und tendenziell etwas älteren Ausrichtung. Aus der Historie, aber auch aus einer festen Überzeugung heraus positionieren wir den Sender daher bei den Frauen ab 40. In dieser Klarheit wollen wir aber nicht spitz werden und erst recht niemanden ausklammern. Sat.1 ist ein breiter Sender; ein Sender für uns alle – für die ganze Familie.“
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