Darf sich ein Kapitän in eine Frau verlieben? Ist solch eine Liebe kein Verrat an seiner wahren Geliebten: der See? Kapitän Max Parger auf jeden Fall hat Amors Pfeil niedergestreckt. Hat es das schon einmal auf dem Traumschiff gegeben? Ein Kapitän in Liebe?
Das Traumschiff: Nusantara
- REGIE: Helmut Metzger
- DREHBUCH: Jürgen Werner
- MUSIK: Hans Günter Wagener
- SZENEBILD: Noboyuki Takayama
- KAMERA: Meinolf Schmitz
- BESETZUNG: Florian Silbereisen, Barbara Wussow, Daniel Morgenroth, Collien Ulmen-Fernandes, Harald Schmidt, Daniela Ziegler, Walter Kreye, Wanda Perdelwitz, Carin C. Tietze, Oliver Pocher, Amira Pocher
Tatsächlich trifft Amors Pfeil den guten Kapitän nicht im Dienst. Da steht er vielmehr vor seinem Schiff und – umarmt, ja küsst eine Frau. Was weder Chefstewardess Hanna Liebhold noch Schiffsärztin Dr. Delgado verborgen bleibt. Ihr Kapitän – ist auch nur ein Mann? Wer hätte das gedacht. Aber für den guten Kapitän sind die Fahrten auf dem Traumschiff keine Vergnügungsreisen. Der Mann arbeitet dort. Was im Umkehrschluss bedeutet: Wenn er mal Entspannung braucht – fährt er irgendwohin in den Urlaub, wo sein Schiff weit, weit weg ist. Und in genau solch einem Urlaub hat es ihn erwischt. Veronika heißt die junge Frau, die sein Seemannsherz erobert hat und statt sich an der Reling Adieu zu sagen, folgt Veronika ihrem Angebeteten auf dessen Schiff. Aber bedeutet das für den Kapitän nicht, dass er gerade Arbeit und Vergnügen vermengt? Das kann nicht gutgehen – weiß auch Kreuzfahrtdirektor Schifferle, der sich mit einer ehemaligen Kollegin konfrontiert sieht, die er, welch Frevel, einst sitzengelassen hat. Katja Keller heißt seine Kollegin und die ist bestimmt nicht nur auf dem Schiff, um die Sonne zu genießen. Oder nimmt sich Schifferle zu wichtig? Wichtig nimmt Chefstewardess Hanna Liebhold derweil den Besuch ihrer Mutter. Man könnte sagen: Sie ist nervös, denn wenn die Frau Mama auf dem Schiff weilt, will sie sich ja von ihrer besten Seite präsentieren. Dass sich Mutter Liebhold dann in Herrn Eduard Becker verguckt – ist jedoch eher unschön. Oh, Herr Becker ist ein höflicher Herr im besten Alter, der keine bösen Absichten verfolgt – hoffentlich. Denn Eduard Becker hat einige Jahre wegen Betrugs im Gefängnis gesessen. Die Reise bestreitet er nicht der guten Seeluft wegen, sondern um sich bei seinem Neffen zu entschuldigen, dem er, nach dem Tod dessen Vaters, ein guter Onkel hätte sein müssen. Stattdessen war er selbstsüchtig und hat es ziemlich versaut. Sein Neffe ist Staff-Kapitän Martin Grimm, der nicht wirklich begeistert ist, seinen alten Onkel Eduard auf seinem Schiff anzutreffen.
Diese Fahrt des Traumschiffes nach Indonesien ist leider eine ziemlich blutleere Angelegenheit. Brav schippert das Traumschiff vor sich hin, ohne dass wirklich etwas passieren würde, was über das Format hinausginge. «Das Traumschiff» offenbart sich in dieser Neujahrsepisode als ein in sich gefangenes Format, dem es schwer, wenn nicht unmöglich fällt, innerhalb seines Handlungsuniversums echte Überraschungen geschehen zu lassen, da eine Überraschung immer auch einen Bruch des Formats verlangt. Doch einen Bruch sucht man in dieser Episode vergeblich. Natürlich ist Eduard durch die Jahre im Gefängnis geläutert. Daran besteht nie ein Zweifel. Dementsprechend ist sein Interesse an Monika Liebhold echt. Zwei Menschen im gesetzten Alter, nicht verheiratet, allein, aber nicht uninteressiert an etwas Zweisamkeit? Da muss das Format seinen eigenen Regeln einfach folgen, was der Geschichte aber gleichzeitig jegliche Spannung raubt. Ja, der Kapitän ist verliebt, das ist mal etwas Neues. Und ja, ein bisschen überraschend verläuft seine Geschichte dann schon (ohne sie weiter zu spoilern). Doch echte Funken lässt sie ebenso wenig fliegen wie die Geschichte des Kreuzfahrtdirektors und seiner verflossenen Liebe, die für etwas Humor sorgen soll, aber doch nur einige erwartbare Kalauer bringt.
Dass es anders geht, hat der Neujahrstripp 2023 bewiesen. Der wurde an dieser Stelle zwar auch
„Stapelware“ genannt, was erst einmal nicht allzu freundlich interpretiert werden kann, mit Armin Rohde und Uwe Ochsenknecht bot der Trip aber zwei Darsteller, die aus ihren Rollen weitaus mehr als das Erwartbare herausholten, die dem alten Traumkahn dann eben doch einen frischen Anstrich verpassten und für ein bisschen Seegang jenseits des Gefälligen sorgten. Im Vergleich dazu fehlt es dieser Reise in die sonnigen Sphären der Liebe an Kanten auf der glatt geschliffenen Oberfläche, an jenen Momenten, die das Erwartbare zumindest für einen Augenblick in Frage stellen würden.
Am 1. Januar 2024, 20.15 Uhr, im ZDF
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