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Christian Jeltsch: ‚Wir ‘melken’ die Geschichte nicht über mehrere Staffeln‘

Das Erste strahlt die neue Miniserie aus, die von Jeltsch und sein Team inszeniert wurde. Das Projekt wurde auf der norwegischen Insel Spitzbergen gedreht.

Im Dezember ist «Die Saat - Tödliche Macht» im deutschen Fernsehen zu sehen. Wovon handelt die Fernsehserie?
In aller Kürze: Es geht um die Ernährung der Welt. Etwas ausführlicher: Basierend auf einer langen Recherche erzählen wir die spannende Geschichte der weltweiten Monopolisierung des Milliarden-Geschäfts mit Saatgut.

Sie haben Ihre sechsteilige Serie auf der norwegischen Insel Spitzbergen gedreht, auf der alle Pflanzensamen dieser Erde eingelagert werden. Durften Sie auch den „Svalbard Global Seed Vault" betreten?
Leider war das unmöglich. Der „Svalbard Global Seed Vault" ist eine Hochsicherheitsanlage. Da haben nur wenige Berechtigte Zutritt. Optisch aber hat unser großartiges Ausstattungsteam in Prag ein perfekt passendes Äquivalent für den Seed Vault gefunden.

Unter welchen Voraussetzungen haben Sie auf Spitzbergen die Motivauswahl vorgenommen und dann gedreht?
Der Dreh fand 2022 in der schneefreien Zeit statt. Was unseren Vorstellungen für eine Umsetzung entgegenkam. Sowohl Alex Dierbach (Regie), als auch wir Autoren wollten einen möglichst großen Kontrast zu dem lebendigen, schnellen Brüssel schaffen. Das Raue, Karge, Unwirkliche der steinigen Landschaft auf Spitzbergen passte da so viel besser als eine eher heimelige Schneelandschaft. Entsprechend authentisch wurden dann auch die dortigen Motive ausgesucht.

In einer Dokumentation habe ich gehört, Spitzbergen sei inzwischen sehr stark touristisch erschlossen. Im Supermarkt könne man Craftbeer kaufen und auch sonstige Fast-Food-Produkte kann man kaufen. Wie haben Sie Spitzbergen wahrgenommen?
Longyearbyen ist die am weitesten nördlich gelegene Stadt der Welt. Einst eine reine Kohlestadt ist sie heute eine moderne Stadt mit allem, was dazugehört. Da der Kohlebergbau fast verschwunden ist, haben sich Polarforschung und Tourismus zum Hauptgeschäft entwickelt.

Stimmt es, dass es in weiten Teilen Spitzbergens nicht so gut riecht, wie man denkt? Es fehlt dort unter anderem eine Kanalisation.
Der überwiegende Teil Spitzbergens ist ein unbewohnter Nationalpark, der strengen Beschränkungen unterliegt. Das norwegische Longyearbyen und das russische Barentsburg sind praktisch die einzigen Orte mit einer größeren ständigen Bevölkerung. Leider wurden die Abwässer von Longyearbyen seit
100 Jahren ohne jegliche Behandlung direkt ins Meer geleitet. Doch seit letztem Jahr gibt es nun endlich eine Kläranlage.

Außerhalb des Dorfes wurde Ihr Team stetig begleitet, da Bärenangriffe vorkommen können. Kann man unter diesen Umständen in Ruhe drehen?
Es ist auf jeden Fall ungewohnt. Es gibt strenge Regeln, wie man sich zu verhalten hat. Vor allem, wenn man einen Eisbären beobachtet. Zunächst versucht man, das Tier mit viel Lärm wie Schreien, Flaschenschlagen und Ähnlichem abzuschrecken. Wenn das nicht hilft, schießt man mit einem Signalgewehr. Das Schießen mit einem Gewehr ist der allerletzte Ausweg. Außerdem. Alle registrierten Mobiltelefone auf der Insel erhalten einen Gefahrenalarm, wenn ein Eisbär in oder in der Nähe von Longyearbyen gesichtet wird.

Ihr Drama beginnt zunächst mit einem Vermisstenfall und wird zu einem politischen und wirtschaftlichen Machtspiel. Wie lange haben Sie an dieser Idee gefeilt?
Die Idee begann 2015 mit einer kurzen Meldung in der „Süddeutschen Zeitung“. Damals wurde gemeldet, dass im syrischen Bürgerkrieg ein lokaler Seed Vault in Aleppo von unbekannten Söldnern dem Erdboden gleich gemacht wurde. Da ich (Christian Jeltsch) aus anderen Recherchen wusste, dass einer der weltgrößten Saatguthersteller zu dieser Zeit Anteile an einer Söldnerfirma besaß, entwickelte sich schnell eine Idee, die als Thriller von den globalen Kämpfen um das Saatgut-Monopol erzählen sollte. Mit dieser Idee konnte ich die Produzentin Britta Meyermann (Odeon Film) für das Projekt interessieren. Nach weiteren Recherchen dann stieß ich auf den Global Seed Vault in Spitzbergen und es wurde uns klar, dass wir einen norwegischen Autoren anheuern sollten. So kam Axel Hellstenius ins Team. Mit ihm begann eine wunderbar spannende, kreative Zusammenarbeit und zusammen weiteten wir dann die Recherchen aus, unter anderem auf Brüssel und die EU.

Ihr Drama umfasst sechs Episoden. War die Länge schon zu Beginn auf sechs Episoden ausgelegt oder mussten Sie teilweise Handlungen herausstreichen?
Da wir mit unserer Geschichte das Interesse von Sebastian Lückel (ARD-degeto) wecken konnten, war schnell klar, dass wir unsere Serie im Format 6x45 Minuten erzählen würden.
Dennoch mussten wir auf ein paar Erzähl-Stränge, die aus unserer Recherche entstanden waren, verzichten. Eine unserer Spuren sollte zum Beispiel nach Aleppo führen, was aus verständlichen Gründen dann leider nicht realisiert werden konnte.

Im Gegensatz zu vielen amerikanischen Serien hat «Die Saat» eine abgeschlossene Handlung. Ist das für den Zuschauer ein Vorteil?
Ich glaube schon, dass das in diesem Fall ein Vorteil ist. Wir ‘melken’ die Geschichte nicht über mehrere Staffeln, wie es unserer Meinung nach heute zu oft geschieht. Wir haben eine kompakte, schnell und spannend erzählte Thriller-Serie geschaffen, wie man sie aus Deutschland noch nicht gesehen hat. Was Dank der Umsetzung durch Regie, Kamera, Ausstattung und des Engagement aller Beteiligten gelungen ist. Außerdem konnten wir großartige, auch internationale Schauspieler, für DIE SAAT gewinnen. So konnte diese besondere Serie entstehen mit einem hochaktuellen und relevanten Thema.

Netflix und andere Streamingdienste bestellen zahlreiche Miniserien. Fördert das die kreativen Ideen?
Das könnte man meinen. Jedoch kann die Kreativität nur dann wirklich gefördert werden, wenn nicht ein Diktat der Algorithmen im Vordergrund steht. Nur dann kann Vielfalt entstehen. Dazu braucht es auch den Mut der Verantwortlichen; zu dem wir Kreativen nur ermuntern können. Bei unserer Serie hatten zum Glück Partner, die den Mut hatten, eine solche brisante Serie wie «Die Saat» zu produzieren und auszustrahlen.

Vielen Dank für Ihre Zeite!

Das Erste zeigt «Die Saat - Tödliche Macht» am Samstag, 9. Dezember 2023, ab 20:15 Uhr (vier Folgen) und Sonntag, 10. Dezember 2023, ab 21:45 Uhr (zwei Folgen); Online First ist die Serie bereits ab Freitag, 1. Dezember 2023, in der ARD Mediathek abrufbar.
08.12.2023 12:16 Uhr Kurz-URL: qmde.de/147134
Fabian Riedner

super
schade


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Die Saat - Tödliche Macht Die Saat

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