Der Kameramann hat für «Mank» einen Oscar erhalten und hat jüngst den Spielfilm «Der Killer» für Netflix aufgezeichnet.
Erik Messerschmidt – das klingt nach einem deutschen Namen, und doch ist der 43-Jährige ein in Maine geborener Amerikaner, der sich als Kameramann verdient gemacht hat. 2021 wurde er für den in schwarzweiß gedrehten Netflix-Film «Mank» über die Hintergründe des Filmklassikers «Citizen Kane» mit dem Oscar ausgezeichnet. Regisseur David Fincher («Mindhunter») verpflichtete Messerschmidt auch für sein Folgeprojekt «Der Killer» – wieder eine Netflix-Produktion über einen von Michael Fassbender («Inglourious Basterds») gespielten Auftragsmörder, der nach einer missglückten Aktion selbst auf der Abschussliste steht. Erik Messerschmidt begann seine Karriere als Elektriker («Nemesis – Der Angriff») und Oberbeleuchter («Man Men»). 2009 fungierte er bei der Serie «American Masters» erstmals als Kameramann. Als nächstes ist seine Arbeit in Michael Manns «Ferrari» zu bestaunen. Wir trafen Erik Messerschmidt anlässlich der Premiere von «Der Killer» auf dem Mallorca International Film Festival.
Herr Messerschmidt, wissen Sie, woher Ihr Name stammt?
Mein Großvater war Deutscher, der nach Amerika ausgewandert. Dort wurde dann mein Vater geboren. Ich bin ebenfalls gebürtiger US-Amerikaner, aber unser Familienname ist der Beweis, dass auch in meinen Adern deutsches Blut fließt.
Haben Sie noch Verwandte in Deutschland?
Ich glaube, die Familienwurzeln liegen irgendwo in Bayern, mehr weiß ich leider nicht. Meine Mutter stammt aus Schweden, dort war ich fast immer in den Sommerferien. Meine eigene Frau in Spanierin, weshalb vier halbjährig im Norden Spaniens in der Nähe von San Sebastian leben. Ich wäre aber sehr daran interessiert, woher meine Familie kam. Meine Onkel war letztes Jahr in München und hat wohl schon ein wenig recherchiert. Ich werde ihn bald treffen, und als erstes werde ich ihn fragen: Was hast du herausgefunden.
Bereits vor «Mank» und «Der Killer» haben Sie für David Fincher in unterschiedlichen Funktionen gearbeitet. Wie würden Sie Ihre Zusammenarbeit beschreiben?
Ich würde sagen, wir können gut miteinander. Zwischen uns besteht ein enormes Vertrauen. Wenn ich mit einem Regisseur zusammenarbeite, brauche ich einen geschützten Raum. Ich will sagen können, wo ich mir mehr Freiheit wünsche und wo Differenzen entstehen könnten. Ehrlichkeit wird bei David und mir ganz großgeschrieben. Da geht es nie ums Eigene Ego, sondern wir reden klar und offen, weil wir zusammen immer am gleichen Strang ziehen.
Sie haben viele Jahre als Oberbeleuchter beim Film gearbeitet, sollen aber immer davon geträumt haben, eines Tages als Kameramann verantwortlich zu sein…
Das stimmt. Definitiv war das ein großer Traum von mir, aber ich habe mich lange zurückgehalten, denn als Oberbeleuchter war ich sehr gefragt und konnte mit tollen Leuten zusammenarbeiten. Mein Job hat mir wirklich Spaß gemacht und es gab eine Zeit, wo ich dachte, ich lasse das mit dem Kameramann. Aber man wird älter und denkt, ich muss es jetzt wagen, sonst könnte ich es irgendwann bereuen, es nicht zumindest probiert zu haben.
Ist Lichtsetzung nicht auch für den Kameramann von größter Wichtigkeit?
Absolut! Ein Heiligtum und das Tool, um Film zu belichten und Dinge fürs Publikum zu enthüllen. Wir bringen sozusagen Licht ins Dunkel.
Gehen Sie als Kameramann eigentlich unterschiedlich vor, wenn sie Serien fürs Fernsehen oder Filme für die große Leinwand fotografieren?
In meiner Arbeit eigentlich nicht, aber gewiss gibt es Unterschiede im Storytelling. Bei Serien hat man es meist mit mehreren Regisseuren zu tun, während für ein Kinofilm in der Regel nur einer verantwortlich ist. Das soll aber die Qualität meiner Arbeit nicht beeinflussen.
Können Sie sich eigentlich unbekümmert einen Film oder die Folge einer Serie ansehen, oder kommt immer ihr fachmännischer Blick als Kameramann beim Zuschauen zum Einsatz?
Das ist mein Maßstab dafür, wie fesselnd ein Film ist. Wenn mich ein Film langweilt, schaue ich öfters auf die Einzelheiten. Aber wenn ich gefesselt bin, schaue ich mir einen Film wie jeder andere an und vergesse meine technische Expertise. Es kommt also wirklich darauf an, wie sehr ich von einem Film gepackt werde.
Mit welchen Filmen sind Sie aufgewachsen und gibt es frühere Kameraleute, die Sie bewundern?
Auf jeden Fall. Ich bin ein großer Fan von Filmen, die in den Siebzigerjahren entstanden sind. Für mich war das Zeit, wo die besten Arbeiten vollbracht wurden. Kameramann Gordon Willis hat mich dabei am meisten beeinflusst. Er fotografierte etwa «Der Pate», «Die Unbestechlichen» oder «Manhattan», also sehr viele unterschiedliche Projekte.
Gordon Willis, der 2014 mit 82 Jahren starb, bekam zweimal den Oscar. Wie erging es Ihnen, als Sie diese höchste Auszeichnung im Filmbusiness, in den Händen hielten?
Für mich kam das absolut überraschend, weil ich wirklich nicht damit gerechnet hatte. Es war ein überwältigender Moment in meinem Leben. Ich freue mich aber auch, dass auf dem Mallorca International Film Festival extra einen Preis für Kameraarbeit eingeführt wurde. Ich freue mich, dass dadurch auch unser Beruf ins Scheinwerferlicht kommt und die Leute damit einen tieferen Einblick in unsere Arbeit bekommen.
Welche Filmprojekte stehen für Sie als nächstes an?
Da müssen wir jetzt erst mal abwarten wie es nach den großen Streiks der Schauspieler und Drehbuchautoren weitergeht. Die meisten Projekte waren in den USA dadurch auf Eis gelegt. Ich hatte also lange nichts zu tun gehabt, außer einige Werbespots, die ich fürs Fernsehen drehte.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
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