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«Alltagskämpfer»: Viel Pech gepaart mit Unglück

In der Nacht zum Dienstag strahlte RTL eine Dokumentation über einen Medienmanager aus, der an einer besonderen Form von Parkinson leidet.

Die Dokumentation der «Alltagskämpfer» startet in der Pflegeresidenz Katharinenhof Berlin. André Böttcher, seines Zeichens Ende 40 Jahre, sitzt im Sessel seines Zimmers und schaut bei offenem Fenster auf die Spree. „Irgendwann im Leben“, so versucht er mit anstrengender Stimme zu sprechen, „kommt jeder an den Punkt, an dem er nur noch zurückschauen kann“. Die Kamera zeigt das Gesicht von Böttcher, dessen Patientenzimmer man nun auch sehen kann. Besonders groß ist das Zimmer nicht, für das er und seine Pflegeversicherung einen vierstelligen Betrag zahlen müssen.

In den kommenden 35 Minuten blickt «Unheilbar krank – Und trotzdem lohnt sich das Leben» auf die vergangenen vier Jahre zurück. „Man sollte mehr für die Liebe gelebt haben, die Liebe zu seiner Frau, seinen Kindern, seinen Freunden“, erzählt Böttcher weiter. Es folgt ein Zeitsprung ins Jahr 2019: Der ehemalige Medienmanager leidet an einer unheilbaren Krankheit mit einer teuflischen Prognose. Böttcher hat eine sehr seltene Parkinson-Krankheit, die als MSA-C bekannt ist. Im Gegensatz zu anderen Parkinson-Erkrankten schreitet sein Leiden sehr schnell voran.

Am 19. März 2019 erhält Böttcher, der bei der Produktionsfirma solisTV in mehreren verantwortlichen Positionen arbeitete, die niederschmetternde Diagnose. Der in Berlin lebende Familienvater hat sich stets für seinen Job eingesetzt und die wenige Freizeit mit seiner Frau und mehreren Kindern versetzt. Psychologin Andrea Peleke hat Böttcher seit einigen Jahren behandelt und fand einen niedergeschmetterten Menschen vor, denn der Gesundheitszustand ihres Patienten wird sich rasant verschlechtern.

Die Psychologin schildert auch, dass Freunde, Bekannte oder Familie – also Menschen, die ihm immer zur Seite standen, zurückziehen könnten. Böttcher musste schon bald darauf die Erfahrungen machen, dass seine Frau nicht nur die Sachen packte, sondern auch zügig die Scheidung einreichte. Der Familienvater stand vor dem Nichts, noch nicht einmal Kontakt hatte er in den vergangenen Jahren zu seinen Kindern.

Die Lebenssituation in Deutschland wird immer schlechter. Böttcher braucht zunächst eine Krücke, dann bald darauf einen Rollator, damit er beim Gehen nicht umkippt. In seinem Wohnhaus, in dem er allein ist, zieht eine ausländische Vollzeitpflegerin ein, die allerdings nicht gefilmt werden möchte. Das klappte eine Zeit lang gut, doch das ist nicht die Lösung des Problems. Daher muss Böttcher in den Katharinenhof übersiedeln.

Doch eine Möglichkeit wird bereits am Anfang des Filmes in Aussicht gestellt: Eine Stammzellen-Therapie in Thailand. Ein Kameramann und Wegbeleiter der Firma solisTV verbringt mit Böttcher noch die Silvesternacht 2021/2022, ehe es nur vier Tage später via Flugzeug nach Südostasien geht. Dort angekommen verbrachten sie zunächst eine Woche in Quarantäne, ehe die Behandlung in Bangkok begann. Böttcher hielt sich mit dem Stemmen von Wasserflaschen fit, um gegen die Langeweile zu kämpfen.

Mit der Übersiedlung nach Thailand bekam «Unheilbar krank – Und Trotzdem lohnt sich das Leben» neuen Drive. Die Bilder wechseln von dem kalten Deutschland in das farbenfrohe Thailand. Man spürt eine Aufbruchstimmung, ehe André Böttcher – inzwischen über 50 Jahre alt – eine Lungenentzündung bekommt. Diese überlebt er, muss allerdings wieder zurück nach Deutschland. Der zweite Anlauf, nur wenige Monate später, verläuft dagegen recht ordentlich.

Rund 120 Kilometer außerhalb von Bangkok verbringt Böttcher viele Monate seines Lebens. Man sieht vor der Kamera, dass seine Pflegerin sichtlich viel Spaß hat. Er bekommt tägliches Schwimmtraining, die Stammzellen-Therapie könnte angeschlagen haben. Oder auch nicht. Es könnte durchaus auch sein, dass die Krankheit durch die veränderten Lebensumstände stark verlangsamt wurde. Böttcher bekam in Deutschland stets Hiobsbotschaften serviert, seine Familie ließ ihn zurück, in Thailand hingegen schöpft er neuen Mut, weil er sehr herzlich behandelt wird. Optimismus als beste Medizin.

Seit April ist André Böttcher zurück in Deutschland, um Zeit mit seinem Vater, seiner Schwester und seinen Freunden zu verbringen. Noch immer hört man nichts von seiner eigenen gegründeten Familie. Böttcher sagt: „Das Leben lohnt sich immer, egal in welchem Zustand man ist. Man soll das Leben annehmen, wie es ist“, meint der frühere Medienmager. Die nächsten Monate möchte er dennoch wieder nach Thailand übersiedeln. Gute Reise!
11.09.2023 12:10 Uhr Kurz-URL: qmde.de/145034
Fabian Riedner

super
schade


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Alltagskämpfer

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