Die neue Serie von AppleTV+ erzählt von einer kargen Zukunft, in der die Menschheit unter der Erde lebt. Doch auf einmal wollen manche zurück an die Oberfläche...
Niemand kann sagen, warum alle unter der Erde leben – und die meisten hinterfragen es auch nicht. Die Welt draußen ist gefährlich, wird ihnen eingetrichtert, und fast alle glauben es. Die wenigen Bilder von der Außenwelt, die über Sensoren außerhalb der Bunkeranlage in das Innere übertragen werden, sehen schauerlich aus: eine karge, zerstörte Landschaft auf einem Planeten, auf dem nichts mehr wächst. Drinnen gefangen, ist allerdings niemand, zumindest auf den ersten Blick. Denn wer vor Zeugen sagt, er möchte raus, darf und muss gehen, und beim Weg in den sicheren Tod am besten noch die Sensoren putzen. Die Leichen der derart verendeten Menschen sind für alle Bunkerinsassen gut erkennbar im Sichtfeld der Außenkameras platziert.
Die neue amerikanische Serie «Silo», die kürzlich auf AppleTV gestartet ist, nimmt sich dieses eigenartigen Science-Fiction-Szenarios an und hat in der Serienwelt für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Sie basiert dabei auf dem literarischen Werk von Hugh Howey, aber leider scheint die Umsetzung der Geschichte auf den Bildschirm nicht so gelungen zu sein wie das Buch, das sehr stark von den unterschiedlichen Perspektiven der Figuren auf ihre eigenartige Lebenssituation zehrt.
Die fehlende Erklärung für den seltsamen, post-apokalyptischen Zustand Welt und der Ereignisse, die in ihr stattfinden, ist dabei sicherlich ein zentrales Problem des neuen Formats aus dem Hause Apple. Denn die Serie wirft den Zuschauer nicht nur direkt in das Geschehen, sondern erklärt auch an späterer Stelle nie wirklich schlüssig, wie es zu dieser eigenartigen Situation gekommen ist oder was die Ursache für die Katastrophe war, die zur Schaffung des Silos führte. Das soll sicherlich die Perspektive der Figuren widerspiegeln, von denen die meisten ihre Situation einfach hinnehmen: Nur wenige stellen sich die Frage, ob die Außenwelt wirklich so karg und zerstörend ist, wie sie von den Mächtigen dargestellt wird, oder ob ihre Informationen nicht manipuliert werden, um die Gesellschaft unter der Erde zu halten, aus welchen Gründen auch immer. Was wirklich wahr und was gelogen ist, darüber bleibt der Zuschauer auf ebenso unbefriedigende Weise fast vollständig im Unklaren wie die Charaktere.
Die Idee, dass das Unbekannte und Unerklärliche einen Reiz ausmacht, mag dabei zwar für einige Zuschauer funktionieren, aber in «Silo» will dieser Funke eben nicht so recht überspringen. Die Welt, die Hugh Howey in seinem Buch erschaffen hat, ist komplex und faszinierend, aber die Serie hat Schwierigkeiten, diese Komplexität auf dem Bildschirm darzustellen. Ebenso schwer tut sich die Adaption mit der schlüssigen Führung ihrer Charaktere. Der Wandel einer Figur, die zuerst alles fraglos akzeptiert und hingenommen hat, zu einer Kämpferin für die Wahrheit, wird mehrmals erzählt und erfolgt stets zu abrupt und nur mit schemenhaft erkennbarer Motivlage.
Trotzdem kann die Serie in gewissen Bereichen überzeugen und zeigen, welch hoher Aufwand offenbar in ihre Produktion geflossen ist. So sind die Special Effects und die Kameraarbeit durchaus beeindruckend und fangen die Bedrückung und Enge des Silos gut ein. Auch die Leistung der Schauspieler kann durchaus einige Schwächen des Drehbuchs überspielen, und oftmals ist es ihnen zu verdanken, dass doch eine gewisse Nähe der Zuschauer zu ihren Figuren entsteht.
Insgesamt ist «Silo» jedoch leider eine ziemlich große Enttäuschung, da die Serie das Potenzial ihrer Vorlage einfach nicht ausschöpft. Denn obwohl sie auf einer vielversprechenden Buchreihe basiert und einige interessante Ideen enthält, ist die mangelnde Erklärung der Welt und der Charaktere ein großes Hindernis für den Zuschauer, der in die Geschichte hineinfinden möchte.
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