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«The Last of Us»-Kritik – Die perfekte Videospielverfilmung?

Videospielverfilmungen bestätigten meist das Vorurteil bestenfalls mittelmäßig zu sein und Spieler sowie Neueinsteiger gleichermaßen zu enttäuschen. Mit «The Last of Us» soll nun alles anders werden.

«The Last of Us» gilt gemeinhin als eines der atmosphärisch und erzählerisch besten Videospiele aller Zeiten. Wer die Geschichte rund um Ellie und Joel zum ersten Mal erlebt, wird es vor Spannung und Aufregung kaum schaffen, den Controller zur Seite zu legen. Ein Spiel, das sich von Anfang an wie ein interaktiver Film anfühlt, erscheint daher geradezu prädestiniert für eine Realverfilmung und letztlich verwundert es lediglich, warum diese fast 10 Jahre auf sich warten ließ. Aufgrund zahlreicher Fehlschläge in den vergangenen Jahren, Videospielverfilmungen wie etwa «Resident Evil», «Assassins Creed» oder «Tomb Raider» betreffend, dürfte die Vorfreude bei Fans in etwa genauso groß, wie die Angst vor einem Fiasko gewesen sein. Doch sowohl langjährige Fans, ebenso wie Neueinsteiger, können sich entspannt zurücklehnen, denn das, was HBO hier auf die Beine gestellt hat, ist trotz kleiner Ausreißer überragend.

«The Last of Us» hält sich vom Beginn der ersten Folge, bis zum Abspann der letzten an die im Spiel erzählte Geschichte. Kleinere Handlungsänderungen sind lediglich das Schicksal einiger Nebencharaktere betreffend auffällig, diese verändern allerdings die übergeordnete Geschichte nicht. Teilweise legten die Verantwortlichen der Serie solchen Wert auf Details, dass selbst bestimmte Räumlichkeiten im Verlauf der Serie sofort Erinnerungen an prägnante Spielszenen erzeugen. Genau hier liegt allerdings auch die Crux der Serie, denn durch die eklatante Nähe von Spiel und Serie, wissen Videospieler bei so gut wie jeder Szene im Voraus, was sogleich passieren wird, das Überraschungsmoment fehlt schlicht. Am mitreißendsten und emotional aufwühlendsten wird die Serienerfahrung daher eindeutig für Neueinsteiger, denen die Spielhandlung bisher völlig unbekannt ist.

Inszenatorisch weist die Serie praktisch keinerlei Schwächen auf, die Kameraarbeit vermag es die überwiegend verlassenen Städte sowie die breiten Landschaftsbilder von blühender Natur ebenso wie kaltem Winter hervorragend einzufangen. Auch das CGI bzw. Maskenbild der Infizierten ist hervorragend gelungen und sorgt immer wieder für kalte Schauer. Im Vergleich zum Spiel wurden die actionreichen Momente hingegen stark reduziert, um der erzählerischen Komponente mehr Raum zu geben. In großen Teilen gelingt dies auch, doch gerade zum Ende der Serie hin fällt auf, dass viele Schlüsselmomente des Spiels mit rasanter Geschwindigkeit abgehandelt werden, um die Handlung des Spiels mit dem Ende der neunten Folge abzuschließen. Gleichermaßen sind zwei der neun Folgen überwiegend von der Haupthandlung abgetrennt, die eine beschäftigt sich fast gänzlich mit einem Nebencharakter, die andere mit einem Flashback Ellies. Hier kann insgesamt durchaus von auftretenden Kontiunitätsproblemen gesprochen werden, während im Sprung von einer Folge zur nächsten das pacing praktisch komplett herausgenommen wird, um einen Nebenhandlungsstrang zu erzählen, werden gleich mehrere Schlüsselmomente der Haupthandlung mit rasanter Geschwindigkeit in einer weiteren Folge abgehandelt.

Der große Vorteil die Handlungsstringenz betreffend, ist allerdings der maximal reduzierte Cast. Es treten zwar eine Handvoll Nebencharaktere auf, doch letztlich konzentriert sich die Haupthandlung lediglich auf zwei Personen. Die heranwachsende Vater-Tochter Beziehung ist jederzeit glaubwürdig dargestellt, auch dank des hervorragenden Schauspiels von Pedro Pascal und Bella Ramsey. Im Kern ist «The Last of Us» keine Zombieserie, sondern die Geschichte zweier gebrochener Menschen, die trotz widrigster Umstände zueinander finden und in einem „Wir gegen den Rest der Welt“-Modus voranschreiten. Die Zombies sind zwar vorhanden, ihre Relevanz aber ist vernachlässigbar.

«The Last of Us» ist wie das Cover eines außergewöhnlichen Songs, aufgenommen durch die Originalband, an dem nur so viel geändert wurde, dass die Neuaufnahme zwar nicht überaus originell aber immer noch hervorragend klingt. Mit der Entscheidung eine Verfilmung so nah wie möglich an der Handlung des Spiels zu konzipieren, haben die Autoren Craig Mazin und Neil Druckmann die bestmögliche Entscheidung getroffen, denn etwas, das bereits hervorragend ist, muss nicht auf Biegen und Brechen versucht werden noch besser gemacht zu werden. «The Last of Us» dürfte insbesondere Neueinsteiger begeistern, die die Handlung völlig frisch erleben können. Für langjährige Fans des Spiels ist es hingegen eher wie das Leibgericht auf dem Teller präsentiert zu bekommen, nicht neu, aber immer noch äußerst schmackhaft.

Diese Kritik basiert auf der gesamten ersten Staffel von «The Last of Us». Die Serie startet in Deutschland am 16.01.2023 bei Sky.
15.01.2023 11:20 Uhr Kurz-URL: qmde.de/139545
Marc Schneider

super
schade

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Tags

The Last of Us Resident Evil Assassins Creed Tomb Raider

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