Während international das Angebot an kostenfreien, werbefinanzierten Streamingdiensten wächst, schauen die Manager deutscher Netzwerke größtenteils zu.
Vor drei Jahren hat Paramount Global das unabhängige Streamingunternehmen Pluto TV übernommen und massiv ausgebaut. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist das Unternehmen ein wichtiger Part der Paramount-Ökonomie. Es ist festzuhalten, dass sich Pluto TV und Paramount+ nicht ausschließen, sondern nebeneinander leben können.
Doch was ist eigentlich FAST-Streaming? Dabei handelt es sich um kostenfreie Streaming-Angebote. Im westeuropäischen Raum ist die Paramount-Tochter der größte Anbieter solcher Inhalte. Neben Themenchannels wie Kino, MTV, Space oder Sports betreibt das Unternehmen auch zahlreiche Fernsehserien-Kanäle. «The Good Wife», «The Good Fight», «The 4400» und «South Park» sind genauso vorhanden wie Klassiker wie «Ein Engel auf Erden», die Abenteuer des Pferdes «Fury» oder «Star Trek». Doch nicht nur das Paramount-Archiv wird ausgeschöpft, auch deutsche Inhalte sind mit «Praxis Bülowbogen» und «Verbotene Liebe» vorhanden. Das Geheimrezept des Streaming-Dienstes: Werbung.
Bei den Yankees bietet Pluto inzwischen 92 Serienchannels an und ist somit der absolute Spitzenreiter. Mit weiteren Themenkanäle kommt es auf insgesamt 242, der Wettbewerber Roku erreicht 60 Serien-Spots und insgesamt 279 Kanäle. Das Amazon-Angebot Freevee kann 45 Sender vorweisen, Samsung TV Plus immerhin 35. Der FOX-Streamingdienst Tubi hat 24 eigene Sender, kommt aber insgesamt auf 157 Stück. Peacock, das zu NBC gehört, betreibt 14 Single-Channels.
Eine Stichprobe vom 15. September 2022 beweist: Pluto strahlte 5.925 Stunden an neuen Content aus, insgesamt waren an diesem Tag 8.029 Stunden Programm verfügbar. Das macht eine sagenhafte Rate von 74 Prozent von Neuware aus. Freevee folgt mit 62 Prozent, Roku hat immerhin 61 Prozent vorzuweisen. Peacock verzeichnete 54 Prozent. Das Angebot an FAST-Streamingdiensten ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen – und wird auch nicht aufhören.
Denn: Ein Vorreiter dieser Dienste ist bereits seit Jahren die Google-Tochter YouTube, die eine zufällige Wiedergabe vorschlägt. Hat man den Mauszeiger am Ende des Videos nicht rechtzeitig bewegt, beginnt schon ein neues Video. Das stört zwar einige Nutzer der Plattform, aber die sozialen Netze haben dieses Thema weiter aufgegriffen. Facebook und Instagram bieten einen endlosen Feed an neuen Informationen, man muss mit den Fingern einfach nur nach unten scrollen. Perfektioniert hat das System bislang nur TikTok. Nutzer erzählen, sie wollten nur kurz ein paar Videos anschauen und sind dann mehrere Stunden online. In der Medienbranche gilt der Algorithmus des Unternehmens als einzigartig. Selbst Meta-Chef Mark Zuckerberg wird neidisch, wenn er auf das Thema angesprochen wird.
Es ist doch verwunderlich, dass in den Vereinigten Staaten von Amerika und in den westeuropäischen sozialen Medien das Thema FAST-Channels massiv wächst. Bei der RTL Group und Seven.One schaute man lange nur in die Luft. RTL hat sich bis heute nicht dazu geäußert, ob dies für sie relevant sei. Zunächst veröffentlichte die Banijay-Tochter Brainpool auf YouTube einen «Schlag den Raab»-Channel, beim dem kontinuierlich alte Shows von Werbung unterbrochen werden. Noch nicht einmal die Vorzeige-Produktionsfirma Florida TV packt alle Videos von Joko & Klaas in mehrere Channels. Dann folgte ein Deal mit dem US-Dienst Pluto, bei dem alte Raab-Sendungen gezeigt wurden.
Es ist schon ein wenig seltsam, dass die deutschen Fernseh-Verantwortlichen dieses Thema so sträflich vernachlässig(t)en. Denn: Die Plattformen, um FAST-Channels zu betreiben, existieren schon. Die Vorstandsvorsitzenden von RTL und ProSiebenSat.1 müssten nicht einmal neue Apps an den Start bringen. Im Übrigen könnte auch die ARD und das ZDF solche Angebote gemeinsam mit FUNK bereit stellen. Inzwischen hat zumindest Joyn vor zwei Wochen die ersten Channels gestartet, die durchaus ein Erfolg werden können. Allerdings könnten diese Inhalte auch bei Samsung TV, Rakuten.TV, LG-Fernseher und YouTube angeboten werden.
Aber ProSieben, da geht noch mehr: Die Beiträge aus allen ProSiebenSat.1-Magazinen könnte beispielsweise einen eigenen Channel bespielen, die Spiele aus «Joko & Klaas gegen ProSieben» ebenso. Das Beste aus den Shows von früher und heute kann im Joko & Klaas-Channel laufen, da es unwichtig ist, ob die Beiträge aus «Late Night Berlin» oder «Circus HalliGalli» stammen. Abgerundet kann dieses Angebot auch noch mit Sketch-Shows von den 90ern bis heute. Der Zuschauer will unterhalten werden und freut sich bestimmt auch, von einem alten «Bullyparade»-Witz unterhalten zu werden.
Die Channels können sowohl bei YouTube, als auch bei den eigenen Streamingdiensten betrieben werden. Die eine Vorgehensweise schließt die andere nicht aus, das zeigt ja auch der Comcast-Dienst Peacock, der seine Inhalte trotz Streaming-Angebot auch als FAST-Channels anbietet. Vor der Paywall könnten diese Channels bei RTL+ und Joyn von Werbung unterbrochen werden, mit einem entsprechenden Plus-Abo gibt es die Inhalte werbefrei. Inzwischen beklagen viele Nutzer, dass das eigene Kuratieren von Inhalten viel Zeit frisst. Mit sogenannten FAST-Kanälen bietet man den Zuschauern Themenchannels an. Im Grunde genommen ist das eine Ausweitung auf hunderte Fernsehsender, die der Zuschauer mit oder ohne Werbung konsumieren kann. Viele Medienmacher in den USA sind sich einig: Die Zukunft sind FAST-Channels.
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