Amazon hat eine zweite Staffel von seiner Arbeitsplatz-Comedy im Supermarkt veröffentlicht. Die Serie macht zwar Spaß, hat aber keinen roten Faden.
Rund elf Monate mussten die Abonnenten von Amazon Prime Video auf eine neue Staffel der Serie «Die Discounter» warten, ehe Emil und Oscar Belton sowie Bruno Alexander die zweite Runde auftischten. Hinter der Serie steht die Firma Pyjama Pictures, die erneut aus einer bisherigen Aldi-Nord-Filiale den fiktiven Discounter „Feinkost Kolinski“ macht. Das Opening der Serie beschreibt auch die kommenden Geschichten: Sie sind lustig, aber halt eben komplett vorbei an der Realität. So wollen Peter (Ludger Bökelmann), Titus ( Bruno Alexander) und Samy (David Ali Rashed) mit dem Öffnen und Wiederschließen von Cornflakes-Kartons die Rubbellose bekommen.
Der Marktleiter Thorsten (Marc Hosemann) bekommt Besuch von seinen Bekannten Frederick Lau und Kida Khodr Ramadan, die ihren Wein verkaufen wollen. Obwohl die übergeordnete Geschäftsleitung in einem Discounter natürlich alles vorgibt, lässt sich Thorsten das alkoholische Getränk – ebenso wie die selbstgemachten Kerzen eines Mitarbeiters – aufdrängen. Wirklich komisch sind die Geschichten nicht, aber immerhin unterhaltsam. Aber echte Schenkelklopfer sind eben nicht dabei.
Filialleiter Thorsten kündigt in der zweiten Folge seinem leicht dümmlich agierenden Sicherheitschef Jonas. Auch in der zweiten Staffel ist die Figur mehr als überflüssig, weil das Set immer recht überschaubar ist. Beim Betrachten der Folge fällt klar auf, dass man dort nur mit wenigen Schauspielern arbeitet und stattdessen auf zahlreiche Komparsen verzichtete. Zurück zu Jonas: Er wird von einer anderen Kolinski-Filiale entführt, weil Titus aus einem Gehege der Eimsbütteler Filiale ein Huhn stiehlt. Theoretisch könnten die Produzenten den kommenden Showdown auch auf Triceratops reiten lassen und mit Lichtschwertern kämpfen lassen. Mit Realität haben diese Handlungsstränge von «Die Discounter» überhaupt nichts mehr zu tun.
Ähnlich verhält sich die sechste Folge, bei der eine Vertreterin des Gesundheitsamtes (Anna Böttcher) zu einem Überraschungsbesuch kommt. Der Filialleiter Thorsten geht manchmal nicht auf die Toilette, sondern uriniert stattdessen in einen Becher. Diesen trinkt Sicherheitschef Jonas dann widerwillig aus und obwohl die Vertreterin des Amtes gar nicht wissen kann, was er da getrunken hat, wird das bei einer späteren Besprechung als negativer Punkt aufgelistet. Ebenso unsinnig, dass ein Mitarbeiter eines Supermarktes auf dem nicht ausgebauten Dachboden lebt. Aber das ist ja egal, in einer weiteren Folge dient dieser Ort als Rückzugsort für zwei Menschen.
Der Wahnsinn geht weiter: Jonas verliebt sich scheinbar in seinem Bruder, weshalb die Sexszenen zwischen den beiden auch im Nachhinein äußerst bizarr wirken. Gekrönt wird dieser Witz in der Making-of-Folge als die beiden Darsteller Fridolin Sandmeter (Kalle) und Merlin Sandmeyer (Jonas) eine tatsächliche Verwandtschaft vorgeben und die Zuschauer kurz im Glauben gelassen werden, die beiden angeblich leiblichen Brüder hätten eine Sexszene miteinander gedreht. Doch das ist nicht alles: Thorsten lässt sich von der Putzfrau oral befriedigen, danach stellt sich heraus, dass dies die Mutter des Mitarbeiters Peter ist. Pina (Klara Lange), die stellvertretende Filialleiterin fällt im zweiten Teil der Staffel nur damit auf, dass sie ohne Erlaubnis von oben einen eigenen Lieferdienst startet.
Das Staffelfinale namens „Sommerfestspiele“ bringt die Kuriosität der Firma auf den Punkt: Eigentlich sollte es einen Preis für einen Skiurlaub (in eine Schneehalle) oder einen Strandurlaub (Tropical Island) für die gesamte Belegschaft zu gewinnen geben. Doch im Finale verkündetet die Inhaberin Frau Kolinski (Catrin Striebeck), dass der Laden des Verlierers geschlossen wird. Es wird also darauf ankommen, ob der Laden aus Altona oder Epppendorf geschlossen wird. Für diesen Höhepunkt sollten die Security-Mitarbeiter gegeneinander ringen.
Die Geschichten sind auch in der zweiten Staffel extrem konstruiert und es täte der Serie auch einmal gut, wenn sie tatsächlich ein Drehbuch hätten. Deshalb wirken die Geschichten auch oftmals so abgehakt, weil die Akteure vor der Kamera einfach vieles nicht aussprechen, was dann wieder zwischen den Episoden als Grundlage genommen wird. Da wäre beispielsweise Flora (Nura Habib Omer) Affäre mit Mats Hummels, die in keiner Weise erklärt wird – ebenso wie Lias Überraschung, dass sie mit Titus zum Dreiländereck fahren wolle.
Sobald sich die letzten Lacher dieser Serie gelegt haben, stellt man fest, dass «Die Discounter» einfach nur eine destruktive Show ist. Schlussendlich haben die Zuschauer davon flache Gags, die sie an einem Wochenende schnell konsumieren können. Aber irgendwelche hilfreichen oder lehrreichen Geschichten sind fehl am Platz. Es ist schade, dass man eine solche Serie um Discounter nicht auch nutzt, um nebenbei ein paar interessante Fun-Facts einzufügen. Aber vielleicht muss man sich anfreunden, dass in dem heutigen Serien-Rausch kein Platz mehr über Erklärungen der Prohibition (z. B. «Die Simpsons) oder Legasthenie («Bill Cosby Show») ist. Zwar gibt es in einer Episode eine Geschichte über Feminismus, doch die wirkt wie ein Fremdkörper in der aktuellen Staffel. Auf deren Inhalt wird im Anschluss keinen Bezug mehr genommen.
Dennoch: Auch die zweite «Discounter»-Staffel ist lustig und unterhaltsam. Die inhaltlichen Lücken werden mit absurden Gags wett gemacht. Leider dauert das Vergnügen nur knapp vier Stunden. Wir freuen uns auf Staffel drei.
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