Ein Verschwörungstheoretiker zündet im neuen «Tatort» ein Katz-und-Maus-Spiel. Wie spannend ist die neue Folge?
Stab
Darsteller: Karin Hanczewski, Cornelia Gröschel, Martin Brambach, Yassin Trabelsi, Hans Löw, Christina Hecke
Musik: Lucas Ezequiel Zavala
Kamera: Dino von Wintersdorff
Drehbuch: und Stefanie Veith, Jan Cronauer
Regie: Gregory KirchhoffEs beginnt mit einem kryptischen Video, das der Entführer auf einem bekannten Portal für Verschwörungstheoretiker hochlädt. Dort ist er nicht nur selbst zu sehen, während er sein Gesicht mit einer Maske vor der breiten Öffentlichkeit verborgen hält, sondern auch sein Entführungsopfer, die bekannte Journalistin eines Dresdner Revolverblattes, das sehr auf Krawall gebürstet ist. In diesem Video sind immer wieder Lichtblitze zu sehen, sowie die Bilder von Kindern, die in den letzten Jahren in Sachsen verschwunden sind und deren Aufenthaltsort von der Polizei nie ermittelt werden konnte. Außerdem zu sehen: ein Countdown. Wenn er abläuft, kommt auch für sein Entführungsopfer wahrscheinlich jede Hilfe zu spät.
Karin Gorniak (Karin Hanczewski), Leonie Winkler (Cornelia, Gröschel) und Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) haben also allen Grund, bei ihren Ermittlungen auf die Tube zu drücken. Schnell geraten sie dabei in den tiefen Sumpf der Verschwörungstheorien, wo sich eifrige Mitglieder einschlägig bekannter Foren über immer wieder dieselben Hirngespinste austauschen: Adrenochrom, Neue Weltordnung, prominente Pädophilenringe. Und die Uhr tickt unermüdlich gegen sie.
Eine gute Ausgangssituation für einen spannenden Krimi? Sicherlich! Wenn nur nicht ständig immer so viel erklärt werden müsste. Denn der etwas ältere Chef Peter Michael Schnabel steht in diesem «Tatort» stellvertretend für die Zuschauer, die nicht im Internet zuhause sind und sich in den letzten Jahren nicht auf dem Laufenden gehalten haben über ihre Mitbürger, die immer weiter abgedriftet sind, ins Querdenken-Milieu oder noch weiter in die rechte Verschwörungsecke. Irgendwann naht auch der obligatorische Besuch von Karin Gorniak und Leonie Winkler bei einer der Größen der Szenen, nur um zu erkennen, dass das Gesicht hinter der Austauschplattform für Wirrköpfe ganz anders aussieht, als sie das erwartet hätten.
Die vielen Szenen, in denen man meint, die Zuschauer auf den Stand der Dinge bringen zu müssen, zehren also irgendwann an den Nerven und stören das Rhythmusgefühl dieses schnellen Krimis mit seiner herunterlaufenden Uhr. Was fast komplett ausgeblendet wird, ist jedoch gleichzeitig der eigentlich interessanteste Ansatz: Denn «Tatort – Katz und Maus» wäre auch eine Chance gewesen, ein bisschen Ursachenforschung zu betreiben: Warum glaubt eine laute Minderheit an Hirngespinste wie Reptilienwesen, die im Rahmen einer Neuen Weltordnung im Geheimen die Strippen ziehen? Und wie kann man Menschen begegnen, die meinen, Politiker seien in Pädophilenringen organisiert und saugen Kindern das Adrenochrom aus den Adern, um es sich selbst als Jungbrunnen zu spritzen? Und wie sollen wir als Gesellschaft mit diesen Menschen umgehen – sie ignorieren, vom Gegenteil zu überzeugen versuchen oder ihren Ideen eine Plattform geben wie dieser Film? Schon das könnte eigentlich kritikwürdig sein.
Der Film «Tatort – Katz und Maus» wird am Sonntag, den 20. November um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.
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