Am Freitag findet in den deutschen Radios die 16. ARD-Radionacht für Kinder statt. In diesem Jahr dreht sich das Thema um Hexerei.
„Frisch verhext“ ist in diesem Jahr das Motto der ARD-Radionacht für Kinder. Wie viel Hexerei braucht es, um die Kinderradioredaktionen der ARD dafür jedes Jahr unter einen Hut zu bekommen?
Gar nicht so viel. Die ARD-Kinderradionacht ist eine der langlebigsten und erfolgreichsten ARD-Gemeinschaftsproduktionen im Audiobereich und wird dieses Jahr zum 16. Mal stattfinden. Die fünfstündige, bundesweit in vielen ARD-Wellen ausgestrahlte Sendung hat sich ursprünglich mal aus einer langen NDR-Lesenacht entwickelt. Unser Pfund bei der Zusammenarbeit ist, dass sich die beteiligten Kolleg:innen schon lange kennen und diese Sendung schon viele Jahre lang zusammen machen. Auch wenn wir uns wegen Corona seit Februar 2020 nicht mehr live gesehen haben.
Werfen Sie doch mal einen Blick hinter die Kulissen: Wie funktioniert die Zusammenarbeit, gibt es klare Rollenverteilungen dafür, wer aus der ARD was beisteuert?
Gibt es. Der WDR ist immer Federführer, die Co-Federführung wechselt. Dieses Jahr ist es der RBB. Auch der Sendeort wechselt. Nach Gastspielen in München und Saarbrücken sind wir dieses Jahr wieder in Köln. Das Hörspiel kommt vom RBB, die Comedy vom BR, die Verpackung vom SR, die Reportagen von Radio Bremen, der SWR hat das Hörspiel mitfinanziert, der hr hat bei der Bewerbung bei KiKA und in der ARD Audiothek geholfen, und der MDR hat wie alle anderen Landesrundfunkanstalten die Werbetrommel im eigenen Sendegebiet gerührt.
Auf welche Inhalte freuen Sie sich besonders in diesem Jahr? Und wo werden Sie das Programm hören: live im Sender oder ist ihre Arbeit dann getan und sie können sich zu Hause zurücklehnen und zuhören?
Wir senden live und ich sitze in der Senderegie. Dort gibt es viel zu tun in der Nacht. Vor allem freue ich mich auf das exklusiv für die Nacht produzierte vierteilige Kinderhörspiel «Anderwelt». Und auf die Live-Interaktionen mit Kindern am Telefon und im Online-Gästebuch. Wo hören sie die Nacht? Was gibt es zu essen? Haben sie sich im Schlafzimmer eine Hör-Höhle gebaut? Gespräche mit Kindern sind nicht planbar und immer überraschend. WDR-Moderatorin Nina Heuser («Die Maus zum Hören») moderiert schon lange im WDR-Kinderprogramm und ich bin froh, eine so erfahrene Moderatorin in dieser Nacht am Mikro zu haben.
Erreicht die Radionacht ein Publikum, das sowieso häufig Radio hört oder ist die Nacht eine Aktion, bei der viele das Medium auch neu für sich entdecken?
Wir im WDR und damit in NRW haben mit dem DAB-Kanal „Die Maus“ eine eigene Welle für Kinder in DAB und im Internet, zusätzlich gibt es in WDR5 jeden Tag ab 19:04 Uhr eine Stunde Kinderprogramm im linearen Radio. Aber in vielen anderen Bundesländern in Deutschland gibt kein regelmäßiges Kinderprogramm im Audiobereich. Wir haben also Stammhörer:innen und gewinnen in der Nacht aber auch viele neue Hörer:innen hinzu. Wir senden auf Infowellen der ARD, auf Kulturwellen und Popwellen wie NDR2 und SR1. Dadurch erreichen wir neue Hörerschichten. Mich besonders freut es, dass es lustigerweise viele Student:innen gibt, die uns hören, weil sie mit uns groß geworden sind und die Sendung noch aus ihrer Grundschulzeit kennen. Auf jeden Fall schreiben immer viele von denen in unser Online-Gästebuch.
Warum ist es wichtig, gezielt Schulen und Bibliotheken anzusprechen? Kommen von dort auch Wünsche und Ideen als Impulse für das Programm so einer Nacht?
Vorab können uns Kinder Ideen bei einem großen Vorfreudewettbewerb schicken, den der NDR ausrichtet. Auch viele Schulklassen beteiligen sich daran. Einige schicken uns auch selbstgemachte Hörspiele, die wir auf unserer Internetseite www.kinderradionacht.de veröffentlichen können. Generell kommt viel Feedback aus den Schulen. Zum Mitmachheft mit Spiel- und Hör-Ideen kommen Anregungen und wir stellen immer schon vorab einen groben Ablaufplan ins Netz, damit die Lehrenden mit ihren Kindern ihre gemeinsame Nacht in der Klasse planen können. Während der Sendung kommt viel Feedback im Online-Gästebuch an. Diese Ideen und Kommentare wandern dann automatisch mit in die Planungsrunde für die nächste Nacht. Wir haben Formate wie z.B. unsere Comedys fortgeführt, weil es dafür so viel Lob in den letzten Jahren via Gästebuch gab.
Eine Radiosendung für Kinder bis 1 Uhr. Gibt es da Stimmen, die sagen: Das ist doch zu lange und zu spät? Und was ist Ihre Antwort darauf?
Immer wieder. Aber es sind immer die Eltern, die zuerst einschlafen. Das sagen zumindest viele Kinder in Live-Telefonaten. Für Kinder ist es aufregend so lange aufzubleiben. Einmal im Jahr und das obwohl nicht Silvester ist. Für uns Machende ist es einfacher Deal: Einmal im Jahr räumen die Erwachsenen eine Nacht für Kinder und ihre Familien im Radio Sendezeit frei. Und weil es nur einmal im Jahr ist (wie Weihnachten) verliert es auch nie seinen Reiz.
Schon seit 2007 findet die Radionacht statt, die Mediennutzung hat sich in der Zeit sehr stark verändert. Wie hat sich der Wandel das auf das Programm ausgewirkt?
Die Kinderradionacht ist weiterhin ein lineares Lagerfeuer im Radio. Auf den Bildern, die uns die Kinder und ihre Familien schicken, sehen wir, dass unser Programm mittlerweile aus Intelligenten Lautsprechern in den heimischen Wohnzimmern kommt oder aus dem Fernseher via Mediatheken. Unser Online-Gästebuch hat über die Jahre viele tausend Einträge erhalten, aber die Grundstruktur der Sendung ist geblieben. Wir bieten seit einigen Jahren die Sendung und alle Inhalte für ein Jahr auf der Internetseite www.kinderradionacht.de zum Nachhören an. Das ist wichtig für kleinere Kinder, die irgendwann einschlafen und am nächsten Tag weiterhören wollen. Sonst fließen Tränen, so die Eltern.
Wir sind also auch ein On-Demand Format. Im ersten Corona-Lockdown 2020 haben wir das anhand der Abrufzahlen extrem gemerkt. In März wollten auf einmal alle noch mal die Nacht von November 2019 hören.
Sie leiten beim WDR auch «Die Maus zum Hören», das Audio-Angebot der Maus. Welchen Stellenwert hat Radio heute für Kinder?
Ich bin selber Vater von zwei Jungen, sieben und elf Jahre alt. Ich mache den Job auch deswegen, damit meine Jungs abends etwas Sinnvolles zum Hören und zum Entspannen haben. Kinder brauchen beides: gute Podcasts on demand von der Maus wie «Die Maus zum Hören» oder «Gute Nacht mit der Maus» und unsere lineare Live-Sendung «Maus Live». Die senden wir jeden Tag um 19:04 Uhr in WDR5, wenn die Kinder aus dem Ganztagsunterricht oder vom Sport wieder zu Hause sind, bevor es ins Bett geht. Viele Eltern erlauben abends nicht ohne Ende Computerspiele und Fernsehen, aber beim Radio kann man zuhören und runterkommen.
Was kann (Live-)Radio für Kinder, das andere Audioangebote nicht zu bieten haben?
Die Live-Interaktion. Deswegen haben wir darauf schon seit Jahren unseren Schwerpunkt gelegt. Live-Studiogäste laden wir oft ein, denen Kinder in Echtzeit ihre Fragen stellen können. Regelmäßig haben wir z.B. eine Faultier-Forscherin aus Südamerika zugeschaltet, einmal im Monat kommt ein Notarzt zu uns ins Studio und beantwortet die Fragen der Kinder. Außerdem erklären wir in unserem Nachrichtenformat „MausZoom“ jeden Tag aktuelle Themen aus Politik und Gesellschaft. In dieser Direktheit ist das nur live möglich.
Auch unabhängig vom Kinderradio: Würden Sie sich häufiger solche ARD-übergreifenden Aktionen wünschen?
Ich bin ein großer Fan der Bundesliga-Konferenz am Samstag, von daher passiert ja schon viel. Die Stärke der ARD ist ihre regionale Vielfalt, von der wir in der Radionacht jedes Jahr aufs Neue profitieren. Vielleicht können wir die Erwachsenenprogramme ja inspirieren.
Vielen Dank für Ihre Zeit!
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