Erst vor Kurzem war Maxi Gstettenbauer auf einer Tour unterwegs, jetzt kam sein Buch über Depressionen heraus. Wir sprachen mit ihm über das Leben als Komiker.
Hallo Herr Gstettenbauer. 15. November erschien Ihr Buch „Meine Depression ist deine Depression: Ein Buch gegen das Alleinsein.“ Sie erzählen von Ihrer Leidensgeschichte der vergangenen Jahre?
Guten Tag. Das Buch handelt von meinem Versuch, die Krankheit verständlicher zu kommunizieren. Depression ist eine unsichtbare Krankheit die kein Gesicht hat und deshalb einer Tabuisierung in der Gesellschaft unterliegt. Ich leiste meinen Beitrag zum Aufbrechen dieser Stigmatisierung, in dem ich natürlich von meinem eigenen Kampf mit der Krankheit berichte, aber auch in Form von Metaphern und Kurzgeschichten. Kern des Buches ist: Dich trifft keine Schuld an dieser Krankheit.
Torsten Sträter und Kurt Krömer haben nun auch Sie über Depressionen gesprochen und geschrieben. Wie geht es Ihnen damit?
Auf der einen Seite super! Auf der anderen Seite sieht man auch sehr deutlich, dass uns männlichen Komikern ein seltsames Privileg zu teil wird. Wir dürfen über unsere Krankheit reden, ohne sofort negative Konsequenzen dafür fürchten zu müssen. Im Gegenteil: Wir bekommen dafür Aufmerksamkeit, die andere Betroffene vielleicht nicht haben, Beispiel: laut Umfragen ist Depression mit leichter Mehrheit bei Frauen vertreten, doch das findet in der Berichterstattung selten statt. Helene Bockhorst, Ronja von Rönne, Sarah Kuttner – auch viele Frauen finden den Mut öffentlich darüber zu reden, treffen aber nicht auf das gleiche Medienecho. Im Zuge dessen freue ich mich natürlich über die Aufmerksamkeit, die mein Buch und die Werke meiner Kollegen bekommen, doch ich sehe das auch als Symptom für ein weitreichenderes Problem.
Welche Tipps können Sie Betroffenen an die Hand geben? Freunde oder Familie mit einer Depression zu konfrontieren, könnte doch auch eine viel zu große Last sein? Welche Erfahrungen haben Sie in Ihrem Umfeld erlebt?
Als ich vor zehn Jahren meine zirka zwei-jährige Therapie begann, war der erste Satz eines befreundeten Kollegen von mir: „Erzähl das nicht weiter! Dich bucht sonst keiner mehr!“ Bei Comedians ist es auf jeden Fall so, dass es ein „Gute Laune“-Diktat gibt, was ich persönlich für völlig veraltet halte. Doch auch sonst herrscht eine verordnete Gute Laune. Es gibt einen perversen Glückszwang, indem jeder mit aller Gewalt versucht Glückseligkeit zu erfahren. Das führt zu der von Ihnen angesprochenen „Last“ für Betroffene. Man ist nicht nur krank, sondern man muss auch noch ständig erklären, warum man krank ist. Warum man nicht einfach Schokolade isst, oder Sport macht – das hilft doch so gut gegen schlechte Laune! Meine Erfahrung: Den Kreis der Eingeweihten klein halten. Am besten nur absolute Vertrauenspersonen. Und genau weil es immer noch so ist, braucht es jedes Buch darüber, damit ich in Zukunft schönere Tipps geben kann.
Sie sagen „Du bist okay. Selbst wenn du glaubst, du bist echt nicht“. Was wollen Sie damit ausdrücken?
Weil das für mich der Leitsatz ist. Durch die Therapie habe ich gelernt, dass die Krankheit nicht mit meinem Charakter gleichzusetzen ist. Diese Abwesenheit von Gefühlen ist also keine Eigenschaft von mir, sondern ein Symptom einer Krankheit, die man mittlerweile gut behandeln kann. Das möchte ich damit sagen: Ja, die Krankheit kann richtig reinhauen aber du als Mensch bist abseits dessen völlig in Ordnung. Damit lebe ich sehr gut.
Sie haben im November vier Termine Ihrer Tour gespielt. Waren Sie mit den Kartenverkäufen zufrieden?
Absolut.
Welche Themen schneiden Sie in Ihrer Tour an? Wird auch über Ihre Depression gesprochen? Machen Sie gar über das Thema Scherze?
Alles was mich gerade bewegt. Momentan geht es um meine Überforderung als Vater. Zum Beispiel weiß meine Tochter mittlerweile, wie das Wort „Ball“ geht. Das heißt, alles was eine einigermaßen Runde Form hat, wird als „Ball“ bezeichnet. Beim Spazierengehen kam uns ein Mann mit Glatze entgegen und meine Tochter zeigte auf seinen Kopf und rief laut „Ball!“. Das empfand der Mann leider als eine Beleidigung und dann waren meine Fähigkeiten als versöhnlicher Moderator gefragt. Ich hatte zwei Möglichkeiten: Entweder ich moderiere direkt in die Werbung ab oder ich sag den nächsten Comedian an.
Sie haben drei Folgen von «The True Night Show» moderiert. Sind neue Ideen in Planung?
Mit «The True Night Show» konnte ich mir den Traum einer eigenen Late-Night erfüllen. Es haben leider nicht so viele geguckt, was aber bei meinem großen Vorbild Harald Schmidt zum Schluß ja auch nicht anders war. Ich habe mich also auch quotentechnisch von ihm inspirieren lassen. Ein Erfolg auf ganzer Linie also, den man in seiner Einzigartigkeit erhalten sollte. Zeit für neue Vorbilder und Träume.
Im Privatfernsehen sind Comedy-Shows überschaubar geworden. Würden Sie sich über eine Neuauflage von «NightWash» freuen?
Ich freue mich über jede Plattform, auf der man sich als Newcomer beweisen kann.
Wie sieht bei Ihnen die Arbeit an einem Bühnenprogramm aus? Schreiben Sie Stichwortkarten, gehen Sie mit diesen wandern und überlegen Sie sich dann Geschichten mit Punchlines?
Ganz unterschiedlich. Es gibt Nummern die entstehen nur am Schreibtisch und es gibt Sachen, die fallen mir einfach so ein und sind quasi fertig. Einen festen Fahrplan gibt es da nicht. Ich wünschte ich hätte einen planbaren kreativen Prozess aber bei mir war es schon immer so ein „Mischding“. Hat mich bis jetzt nie enttäuscht.
Sie zocken ja auch gerne Computer-Spiele. Sind Sie eher der Ego-Shooter-Zocker auf einer PlayStation oder versuchen Sie sich an Wirtschaftssimulationen auf dem Computer?
Die Weltlage geht ja auch an mir nicht spurlos vorbei. Deshalb habe ich das Ballern auf der Konsole ein bisschen abgestellt und spiele aktuell (Kein Witz) PowerWash Simulator. Zu deutsch: Hochdruckreinigersimulator. Ich weiß, damit werde ich mir jetzt keine Freunde machen, aber es ist das entspannteste Spiel überhaupt! Du läufst einfach mit einem Hochdruckreiniger rum und machst Sachen sauber. Keine komplexe Handlung, keine Drachen, kein Blut – sondern einfach saubermachen. Ich hab mittlerweile auch ein SteamDeck, das heißt, ich kann das auch unterwegs zocken. Nach dem Auftritt im Hotelzimmer wird dann noch schnell eine digitale Terrasse gereinigt. Rock“n“roll sieht tatsächlich anders aus, aber cool werde ich in diesem Leben sowieso nicht mehr.
Das werde ich auch mal teste! Danke für das Gespräch!
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