Immer montags blickt Quotenmeter auf die Quoten-Highlights und Marktanteil-Flops der zurückliegenden Woche. Diesmal im Fokus: Die Bundesliga im Free-TV und die Frage nach der Beliebtheit eines wettbewerbslosen Wettbewerbs.
Wie attraktiv ist eigentlich ein sportlicher Wettbewerb, den seit vielen Jahren immer dieselbe Mannschaft gewinnt? Diese Frage muss nicht erst seit kurzem die Deutsche Fußball Liga (DFL) gefallen lassen, denn der FC Bayern München schaffte es in den vergangenen zehn Saisons immer die Meisterschaft zu erringen und liegt auch zum Ende des Kalenderjahres 2022 mit vier Punkten Vorsprung wieder unangefochten auf den ersten Platz. Die Tordifferenz lässt das Kräfteverhältnis zum Rest der Bundesliga besser erahnen. Der FCB kommt auf Plus 34, während der Zweitplatzierte Freiburg Plus acht vorweisen kann. Leipzig – in dieser Statistik das zweitbeste Team – bringt es auf Plus neun. Mittlerweile gibt es Viertklässler, die keinen anderen Deutschen Meister als Bayern München kennen. Das mag für die Fans aus dem Süden toll sein, der Rest der Republik
leidet gerade zu unter der Dominanz der Münchner. Das junge Publikum wendet sich aber zusehends ab vom beliebtesten Volkssport der Nation.
Dies lässt sich zum einen an den – teils verzweifelten – Versuchen der DFL ablesen, die zuletzt auf die Anziehungskraft von Sky-Kinderreportern setzte und zum anderen an den Einschaltquoten der AGF. In der vergangenen Woche liefen gleich zwei Bundesliga-Partien im Free-TV. Sat.1 übertrug am Dienstag das Spiel zwischen Bayern München und Werder Bremen, während am Freitag das Borussen-Duell zwischen Gladbach und Dortmund zu sehen war. Bei beiden Spielen fielen jeweils in der ersten Halbzeit fünf Tore, dennoch kamen die Sat.1-Übertragungen nicht über drei Millionen Zuschauer hinaus. Erst in den zweiten 45 Minuten stieg das Interesse auf 3,22 (Dienstag) und 3,24 Millionen (Freitag). Mit Marktanteilen von 12,4 und 13,1 Prozent lief es für der Unterföhringer Sender für sich gesehen hervorragend, doch für den Fußball-Sport betrachtet allenfalls ausbaufähig. Bedenklich war das Abschneiden vor allem in der Zielgruppe. Dort markierte man jeweils mit der zweiten Halbzeit zwar für Sat.1-Verhältnisse sehr gute 14,2 und 13,7 Prozent, doch keine der beiden Partien lockte mehr als eine Million 14- bis 49-jährige Zuschauer an.
Schlimmer noch: ProSieben übertrumpfte mit
«Joko & Klaas gegen ProSieben» und 0,99 Millionen Umworbenen den eigenen Schwestersender, während Sat.1 am Freitag gegen RTL und
«Ninja Warrior Germany» verlor. Gladbach gegen Dortmund verfolgten 0,78 Millionen Jüngeren, während die RTL-Ninjas eine Reichweite von 0,94 Millionen ergatterte. Auch beim Gesamtpublikum sitzt König Fußball längst nicht mehr unangefochten auf dem Thron. Das Öffentlich-Rechtliche hat dem Privatfernsehen längst den Rang abgelaufen.
«Die Kanzlei» und
«In aller Freundschaften» kratzten am Dienstag an der Fünf-Millionen-Marke und fuhren jeweils über 16 Prozent Marktanteil ein, während am Freitag der ZDF-Krimi
«Jenseits der Spree» mit 5,44 Millionen und 20,2 Prozent deutlich dominierte.
Ein Blick auf die anderen Sender
Das Problem für den Fußball: Einerseits zerstört sich der Sport durch seine korrupten Verbände selbst, andererseits schläft die Konkurrenz nicht. Die National Football League (NFL) aus den USA gastierte am Wochenende in der Heimspielstätte des FC Bayern und feierte im deutschen Fernsehen einen sagenhaften Erfolg. ProSieben übertrug das erste NFL-Spiel auf deutschem Boden ab 15:30 Uhr und sorgte mit dem US-Sport für teils mehr als anderthalb Millionen Zuschauer, von denen rund zwei Drittel aus der werberelevanten Gruppe stammten. Beim Fußball war dieses Verhältnis eins zu drei – Punktsieg Football. Die Einschaltquoten bewegten sich am Nachmittag zwischen herausragenden 21,6 und 25,3 Prozent in der Zielgruppe. Zwar ließ das Interesse im Laufe des langen Football-Tages spürbar nach, was aber wohl auch an der Gestaltung des Programms nach dem Munich Game lag, das überwiegend aus Interviews betrunkener Fans bestand. ProSieben aber hat über die Jahre eine breite Fanbasis geschaffen, die durch mit der Ausrichtung eines NFL-Spiels auf deutschem Boden mehr als verdient belohnt wurde. Es dürfte spannend werden, ob es RTL in den kommenden Jahren schaffen wird daran anzuknüpfen.
Wie lief es beim Öffentlich-Rechtlichen?
Dass sich der Fußball trotz der beeindruckenden NFL-Zahlen weiterhin großer Beliebtheit erfreut, ist unbestritten. Doch auch bei den Spielen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist nicht alles rosig. Mitte Oktober verfolgten weniger als vier Millionen Zuschauer das Zweitrunden-Spiel im DFB-Pokal zwischen Darmstadt und Mönchengladbach im Ersten. Einen Tag später sorgte der FC Augsburg und der FC Bayern für 5,83 Millionen Zuschauer. Der DFB und die DFL müssen also sehr wohl aufpassen, dass weiterhin ein spannender Wettbewerb zustande kommt, sonst ist bald nur noch von Interesse, wie hoch der FC Bayern diesmal gewinnt. Oder wie Arnd Zeigler im 11Freunde-Podcast «Zeigler & Köster» die Lage der Bundesliga passenderweise einordnete: „Bayern hat Spieler für 120 Millionen eingewechselt. Werders gesamter Kader hat einen Wert von 60 Millionen.“
Spannend dürfte in den kommenden Wochen sicherlich sein, wie stark die Anziehungskraft des Fußballs trotz Menschenrechts-Lage im WM-Gastgeberland Katar ist. Sicherlich dürften die Spiele der deutschen Nationalmannschaft Straßenfeger werden, doch werden in den Wintermonaten auch Spiele wie Wales gegen Iran um 11:00 Uhr die Menschen zum Einschalten bewegen? Wird es sich bemerkbar machen, dass in den Wintermonaten weniger Public-Viewings angeboten werden oder die Menschen nicht zusammen im Garten bei Grillwurst und Bier zusammenkommen werden?
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