Ab 20. November wird in dem Wüstenstaat Katar um den Weltmeistertitel gekickt. Doch nicht nur Deutschlands Trainer Hansi Flick sorgt für ein spannendes Turnier.
Am Sonntag, den 20. November 2022, startet um 17.00 Uhr die Fußball-Weltmeisterschaft im Wüstenstaat Katar. Bei heißen Temperaturen kicken das Emirat und Ecuador gegeneinander, das südamerikanische Land kann bei dem Eröffnungsmatch als klarer Favorit angesehen werden. Das ZDF kann sich schon am Vorabend über fantastische Reichweiten freuen. Doch um 20.15 Uhr steigt die nächste Sause: Das «Traumschiff» sticht mit einer neuen Episode in See. Können die bisherigen Reichweiten der vergangenen Jahre massiv übertroffen werden oder ist Deutschland bereits um 20.15 Uhr müde? Das Erste wird den Sendeplatz dem ZDF nicht überlassen, stattdessen wird der 14. Fall der
«Tatort»-Kommissare Karin Gorniak, Leonie Winkler und Peter Michael Schnabel aus Dresden gesendet.
Ersatzprogramm im Sommer
Der November und Dezember werden für Fernsehdeutschland eben genau deshalb so interessant, weil die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender zuletzt große Vorteile genießen konnten. Die European Championships, die man im August aus München sendete, brachten Stunden – auch zur Primetime – recht preiswerter Unterhaltung. In den Sommermonaten, in denen eigentlich die Fußball-Weltmeisterschaft hätte laufen können, bestritt man die Tage mit der Frauen-Europameisterschaft, einigen Wiederholungen und Spielfilmen recht erfolgreich. Dazu kommt die Forderung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), dass Frauen-Fußball ebenfalls in der Primetime stattfinden soll. Ein Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Frankreich lockte an einem Oktober-Freitagabend über drei Millionen Zuschauer zum Ersten.
Erstausstrahlungen gehen bei ARD/ZDF weiter
Während die privaten Fernsehstationen ab 20. November in eine Art Winterschlaf gehen und ihre mächtigsten Formate pausieren, machen Das Erste und das ZDF mit Ausnahmen weiter. Wenn die deutsche Mannschaft spielt, die mit Hansi Flick zuletzt mehr Chancen hat als unter Joachim Löw, werden Wiederholungen gesendet. Deutschland spielt am Mittwoch, den 23. November, um 14.00 Uhr, am Sonntag, den 27. November, um 20.00 Uhr, und am 1. Dezember um 20.00 Uhr. Zwar verlegte das ZDF seine Serie «Die Bergretter» ins Jahr 2023, aber deshalb werden weiter teilweise neue Filme laufen. Selbst mit Krimi-Wiederholungen kam Das Erste fantastisch durch den Sommer.
Ob «Die Kanzlei» und «In aller Freundschaft» im Ersten oder teilweise die «SOKO»-Serien am Vorabend beim ZDF: Es bleibt bei neuen Folgen. Die Fernsehzuschauer haben die Wahl: Fußball oder normales Programm. Am Abend werden weiterhin Maybrit Illner und Markus Lanz talken, die Comedy-Schiene aus Mainz bleibt im Programm. Neue Fernsehfilme und Weihnachtsshows sind für die Weihnachtszeit, in die König Fußball fällt, angekündigt. Es wird schwer für die privaten Sender mitzuhalten.
Neue Höchstwerte
Bei der Fußball-Europameisterschaft in ganz Europa, die im Vorjahr mit zwölf Monaten Verspätung ausgetragen wurde, waren die Reichweiten massiv rückläufig. Stattdessen suchten sich die Zuschauer meist ein öffentlich-rechtliches Fernsehprogramm als Alternative. Daher werden die Analysten jetzt erst recht hinschauen: Kein Public-Viewing in der Kälte, keine Grillfeste mit Freunden – stattdessen Weihnachtsbaum und Familien-Atmosphäre: Die Reichweiten der Spiele könnten so hoch ausfallen, wie niemals zuvor. Immerhin fallen Millionen Menschen weg, die sonst nicht zu Hause die Deutschland-Partien verfolgen. Können die privaten Fernsehsender gegen so ein starkes Programm der Öffentlich-Rechtlichen halbwegs standhalten. Glaubt man in Unterföhring wirklich, dass «Promi Big Brother» gegen Maybrit Illner und die Fußball-Nachberichterstattung punkten kann?
Werbegeld-Paradies für die Privaten?
Bei den Screenforce Days im Sommer teilte vor allem ProSieben- und Sat.1-Chef Daniel Rosemann aus, der auf die Werbeerlöse aus dem vierten Quartal warte und daher auch eine rosige Zukunft vorhersah. Doch er ging sehr naiv in diese Diskussion, denn schon am 3. November wird Netflix seinen Abo-Modell mit Werbung anbieten. Disney zieht am 8. Dezember nach. Das dürfte eng werden für die privaten Fernsehstationen, deren Reichweiten bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern seit Jahren massiv zurückfallen. Es dürfte also eine sehr unangenehme Überraschung unter dem Weihnachtsbaum der privaten Fernsehsender liegen.
Fazit: Aus medienpolitischer Sicht ist es unerheblich, wie stark Hansi Flick und seine elf Männer auf dem Platz sind. Eine deutsche Halbfinal-Teilnahme waren natürlich sehr löblich, aber die Medienindustrie schaut in diesen Tagen auf ganz andere Zahlen: Reichweiten der Spiele, Performance der privaten Fernsehsender und natürlich die Entwicklung des Werbemarktes.
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