Die «SOKO Linz»-Darstellerin spricht im Quotenmeter-Interview über die Unterschiede zwischen den österreichischen «SOKO»-Serien, die Stärke von Linz und den Einfluss der Politik auf die Medien.
Hallo Frau Stemberger. Vielen Dank für Ihre Zeit! Nach den «Toten von Salzburg» sind Sie im ZDF bei «SOKO Linz» zu sehen. Fiel die Umstellung schwer?
Ich habe in letzten 20 Jahren sehr oft Verdächtige oder Mörderinnen gespielt, das heißt, wenn man dann auf die andere Seite wechselt und ermittelt, hat man dann wahnsinnig viel Erfahrung. Ich habe ganz viele Figuren spielen dürfen und jede hat so ihren Reiz, aber die Hauptkommissarin Joe Haitzinger mag ich schon ganz besonders.
Das ZDF strahlt «SOKO Linz» auf dem ehemaligen Sendeplatz von «SOKO Kitzbühel» aus. Wie unterscheidet sich das Format von der ehemaligen Serie und von «SOKO Wien»?
Es ist ein ganz anderes Setting, wir sind nicht in den Bergen, sondern in einer ehemaligen Stahl-Stadt, die sich in den letzten 20 Jahren sehr verändert hat. Weil sehr viel Kultur dazugekommen ist, es ist eine Stadt mit sehr vielen verschiedenen Seiten. Dort gibt es die Forschung, die Kunst, die Donau und natürlich gibt es die Stahlindustrie nach wie vor, eine Stadt, die es wert ist, entdeckt zu werden. Für die meisten deutschen Zuschauer*innen ist es vermutlich ein neues Feld und eine neue Truppe, die man kennen lernen kann, wenn man will. Also wir sind ‚down to earth‘ und wir versuchen auch tatsächlich Fragen zu behandeln, die uns alle umgeben.
Sie verkörpern in der neuen Serie Chefinspektorin Johanna Haitzinger, die im Team des Öfteren aneckt. Wie müssen wir uns das vorstellen?
Sie ist jemand, der nicht davor zurückscheut für etwas zu kämpfen, woran sie glaubt. Wenn etwas getan werden muss, geht sie meistens den kürzeren Weg und das heißt, dass sie Hierarchien nicht ganz einhält und auch auf Grund ihrer Erfahrung einfach in manchen Situationen, sicherlich ungeduldiger ist als die jüngeren Kollegeninnen. Genau damit macht sie sich Freunde oder auch nicht, was ihr manchmal egal ist – Hauptsache sie kommt zum Ziel.
Ihr Kollege Daniel Gawlowski verkörpert einen Hauptkommissar mit psychologischer Erfahrung. Müsste dieser nicht wissen, dass es die Kollegen stört, wenn seine Figur die Tochter mit aufs Kommissariat mitbringt?
In ganz anderen Zusammenhängen tauchen die Kinder auch auf. Ich finde, das ist eine sehr schöne Farbe, weil es ist das, was die Zuschauer*innen am meisten, abgesehen von den Fällen, interessiert: die persönlichen Verstrickungen. Da ist sicherlich die Figur vom Ben die interessanteste auf diesem Gebiet, weil man sehr viel von seiner privaten Situation erfährt. Bei den anderen Figuren, wie auch bei meiner, besonders in der ersten Staffel sind die Autorinnen und Autoren noch sehr sparsam mit dem, was sie erzählen, was vor und nach der Arbeit im Kommissariat passiert.
«SOKO Linz» war schon im Frühjahr im ORF zu sehen. Warum zieht das ZDF erst so spät nach?
Das freut mich, dass sie mich das Fragen, aber fragen Sie doch besser das ZDF, denn ich kann Ihnen darauf keine Antwort geben. Aber dort gibt es versierte Redakteurinnen und Redakteure, die können Ihnen die Frage mit Sicherheit beantworten können.
Linz hat nur etwas mehr als 200.000 Einwohner, sozusagen ein Dorf? Kennt man sich inzwischen, wenn Sie vor Ort drehen?
Waren Sie schon mal in einer Stadt mit 200.000 Einwohnern? Und kennen dann alle? Nein! So funktioniert das nicht. Wir versuchen ja auch wirklich ganz verschiedene Orte in dieser Stadt zu zeigen. Das ist natürlich keine Metropole, auch keine Großstadt, aber Linz hat irgendwie eine bequeme Größe. Selbstverständlich trifft man hin und wieder Leute beziehungsweise wird man von vielen angesprochen, wobei so etwas wie ein – vor allem im zweiten Jahr – Community-Gefühl entsteht. Das hat man sicherlich in einer Großstadt nicht, aber man kennt nicht jeden.
Sie haben vor circa 15 Jahren in der Sat.1-Serie «Unter den Linden – Das Haus Gravenhorst» mitgewirkt. Eine Art deutsches «Downton Abbey» war das nicht gerade. Waren Sie auf das Ergebnis dennoch stolz?
Das ist in der Tat eine Zeit lang her, ich habe das sehr gemocht. Ich finde das, was damals versucht wurde, schon durchaus couragiert war. Es mit «Downton Abbey» zu vergleichen find ich ein bisschen schwierig, weil sie wahrscheinlich das zehnfache Budget und auch zehnmal mehr Zeit hatten. Das muss man immer berücksichtigen. Es war eher die Idee so etwas, wie «Das Haus am Eaton Place» zu machen, wo die Geschichten zwischen Herrschaft und Dienerschaft geht. Das war im Setting einer industriellen Familie und war jetzt nicht eine adelige Geschichte. Den Vergleich mit «Downton Abbey» verliert man und das ist außerdem 15 Jahre her. Ich habe es gemocht und ich mochte vor allem meinen hinterlistigen Charakter als Kammerzofe, den ich gespielt hab.
In Österreich hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein Team seine Finger in den Medien. Haben sich die Zeiten mittlerweile geändert?
Die Politik hat immer die Finger in den Medien, weil sie die Medien braucht, um ihre Geschichten erzählen zu können. Das Ausmaß der Interventionen, die in den letzten Jahren in Österreich auf dem Thema passiert sind, ist ein Novum und sind für eine funktionierende Demokratie ein ganz gefährliches Gebiet und ich bin sehr froh, dass diese Partie zu großen Teilen, die politische Bühne Österreichs wieder verlassen hat, weil ich den Eindruck hatte, die sind noch jung, die wollen an die Macht und wie sie an die Macht kommen, ist denen relativ egal. Vielleicht trifft das auf viele Politiker zu, aber mit deren Offensichtlichkeit, vor allem rückblickend, haben sie diesem Land in vielerlei Hinsicht geschadet.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk setzt seit vielen Jahrzehnten auf amerikanische Filme und Serien. Können sich die Sender langfristig gegen Streaming-Dienste wehren?
Ich glaube, dass des vollkommen andere Konzepte sind. Streamingdienste agieren weltweit und haben meist sehr abgezirkelte und sehr klare Ideen, für wen sie das machen. Das mag pro Land eine kleine Gruppe betreffen, aber wenn sie diese kleine Gruppe, beispielsweise für Hardcore Thriller sind, dann können sie das in jedem Land einklauben und haben dann doch viele Zuschauer. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat einen vollkommen anderen Auftrag. Es ist nämlich viel breiter aufgestellt und funktioniert nach anderen regeln, die sie sich selbst gegeben haben. Ich weiß gar nicht, ob man das überhaupt miteinander vergleichen kann und soll. Das ist eine starke Konkurrenz, aber zwei vollkommen verschiedene Ideen.
Gibt es österreichische Geschichten, die abseits von «Sisi» verfilmt werden sollten?
Ja! Und die Liste ist lang, aber das ist ein eigens Interview.
Frau Stemberger, vielen Dank für das Gespräch!
«SOKO Linz» wird freitags um 18.00 Uhr im ZDF ausgestrahlt.
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