Arte-Koordinator Bergmann feiert seinen 60. Geburtstag und gab Quotenmeter einen Einblick in die neue Reihe «Naked».
Am 2. November ist die sechsteilige Dokumentationsreihe «Naked» bei arte gestartet. Bereits seit ein paar Wochen sind die rund 45-minütigen Filme bereits in der Mediathek verfügbar. Haben Sie die ersten Aufrufenzahlen überzeugt?
Es läuft gut an. In beiden Ländern übrigens. Ja, ich bin mit der ersten Resonanz richtig zufrieden.
In «Naked» steht unter anderem ein Kind im Mittelpunkt, das geschlechtsneutral erzogen wird. Waren Sie von den Aufnahmen überrascht und wurden selbst von neuen Erkenntnissen auf einen neuen Stand gebracht?
Überrascht würde ich nicht sagen. Aber wir haben in den fast vier Jahren die seit der ersten Idee vergangen sind alle unheimlich viel dazugelernt. Und ich bin schon erstaunt darüber, wie unterschiedlich und zum Teil widersprüchlich die Meinungen und Haltungen zu einigen der angerissenen Themen sind. Die sogenannte geschlechtsneutrale Erziehung gehört dazu. Aber wir müssen miteinander reden. Sonst staut sich zu viel auf.
In einem Film geht man der Frage nach, warum Männer bis zum Leben Kinder zeugen können, Frauen aber nicht ewig schwanger werden.
Sie meinen bis zum Lebensende Kinder zeugen können? Nun, das sollte Mann besser bleiben lassen. Aber ja, da gibt es unabweisbar biologische Unterschiede und ich habe es als Mann immer auch irgendwie bereut, keines unserer vier Kinder selbst zur Welt gebracht zu haben. Meine Frau sagt aber, das hätte auch Vorteile…
arte war schon seit Jahren kreativ. Sie haben vor Kurzem Ihren 60. Geburtstag gefeiert und können auf einige Jahre beim deutsch-französischen Kultursender zurückblicken. Besonders aufregend waren die «24 Stunden»-Reportagen. Waren diese auch sehr teuer, weil die Teams zeitgleich drehen mussten?
So ein 24-Stunden-Marathon hat seinen Preis, klar, aber die Ergebnisse waren einzigartig und ich denke, sie gehören zum Alleinstellungsmerkmal von ARTE. Auch mit Musik haben wir das gemacht: Alle neun Beethoven-Symphonien von neun verschiedenen europäischen Orten. Danach haben uns Menschen geschrieben, sie hätten noch nie so lange an einem Stück am Fernseher gesessen.
Mich überraschte vor Kurzem die «Mathewelten». Haben Sie positives Feedback von Zuschauern und Mathematikern gleichermaßen bekommen?
Unbedingt. Auch wieder so ein Beispiel wie man etwas vermeintlich medial unverdauliches wie Mathematik spannend ins Bild setzen kann. Diese Formel ist aufgegangen.
Zahlreiche Fernsehsendungen runden das Programm ab. «Karambolage» erörtert die deutsch-französischen Unterschiede, «Mit offenen Karten» die Lage der Geo- und Weltpolitik. Wie sehr werden Sie von Ihren Kollegen beneidet, ein so wertvolles Programm zu gestalten?
Schon ein bisschen und vollkommen zu Recht. Weil es tatsächlich sehr beglückend ist, mit so vielen kreativen Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenarbeiten zu dürfen und das Ergebnis spricht ja für sich. Aber einfach ist ARTE nicht. Das wäre aber auch langweilig.
Gab es eigentlich Widerstand, dass Sie mit Ihrem Team inzwischen in sechs verschiedenen Sprachen digital senden?
Nein, warum? Es gibt viel Unterstützung, vor allem von der Europäischen Union, die das mit einem Sonderzuschuss möglich macht. Ansonsten ist das Programm ja ausschließlich durch deutsche und französische Gebühren finanziert. ARTE muss sich weiter nach Europa öffnen. Da liegt unsere Zukunft.
In Frankreich sind die Fernsehgebühren erst einmal ausgesetzt. Das könnte zu Sparzwängen führen. Gab es diesbezüglich schon Gespräche zwischen dem deutschen und dem französischen Teil?
Gerade hat Präsident Macron aus Anlass unseres 30. Geburtstags noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht, wie sehr Frankreich ARTE schätzt und das die Finanzierung in den kommenden zwei Jahren erstmal durch Steuermittel abgesichert ist. Auch danach soll das Geld bereitgestellt werden. Aus welcher Quelle, das wird noch zu bestimmen sein. Aber ich habe wenig Zweifel, dass ARTE eine gute, stabil finanzierte Zukunft vor sich hat. Über Einsparungen sprechen wir trotzdem ständig. Die finanziellen Rahmenbedingungen werden nicht einfacher.
Gibt es neben der BBC auch andere Sender, die Sie um deren Inhalte beneiden?
Neid ist vollkommen unangebracht angesichts guter Programme bei anderen Sendern, Streamern und Plattformen. Ich wünsche mir mehr davon. Aber ich würde furchtbar gerne mal das Endspiel Deutschland-Frankreich bei einer Fußball-Weltmeisterschaft auf ARTE exklusiv übertragen und statt des Kommentars Musik dazu aufführen. Das wäre was…
Vielleicht ließt ja ARD-Chef Tom Buhrow mit. Danke für das Gespräch!
«Naked» wird ab 2. November um 22.00 Uhr ausgestrahlt. Alle Folgen sind schon in der Mediathek zu sehen.>
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