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Deutsche Fiktion in der Krise?

Die deutsche Fiktion – befindet sie sich nun in einer Krise? Auf dem ersten Blick: Ja. Verständnislos mag mancher Fernsehmacher die Quoten angesehen haben, als «Bis in die Spitzen» startete. Wir sagen es gerne noch einmal: Die Frisör-Serie war Qualitätsfernsehen erster Sahne. Die Quoten schmeckten aber eher nach verklumptem Joghurt. Wieso weshalb warum? Der Vorhang der Serie ist inzwischen zu, alle Fragen aber offen.

Ähnlich ergeht es nun auch «Typisch Sophie» - die deutsche Fiktion, sie steckt in einer Krise. Wechseln wir den Sender: Von Sat.1 zu RTL. Die Knastsaga «Hinter Gittern» kämpft ums Überleben, bis 15. Mai dürfen die Insassen aber noch vor die Kamera treten. Marktanteile unter dem Senderschnitt waren in den vergangenen Wochen keine Seltenheit und führen möglicherweise bald zur Freilassung von Walter und Co. Abgeschossen wurde bereits die Pott Crime-Comedy «Balko». Dort läuft Anfang April die letzte Folge. US-Fiktion 1 – Deutsche Fiktion 0. Denn am Donnerstagabend lockt «NCIS» die Leute vor den Fernseher, nicht aber die Serie „made in Germany“. Selbst Dauerbrenner «Cobra 11» kämpft mit Zuschauerverlusten. Ob es auch daran liegen könnte, dass die deutschen Zuschauer keine Ministaffel á la fünf Folgen sehen wollen?

Aber halt: War da nicht noch was? Da gab es doch ein Genre, das TV-Deutschland so überfällt, wie der Schnee die Bayern vor wenigen Tagen. Telenovelas – allesamt aus der Feder von deutschen Autoren. Auch wenn bei so manchem Schmalzroman die Vorlage aus Südamerika kommt, umgesetzt fürs deutsche TV werden die Reihen von deutschen Autoren. Also doch keine Krise im Fiktion-Bereich?

Teils, teils: Denn alles, was aus Deutschland nichts mit Qualität und wirklichem Tiefsinn zu tun hat, funktioniert. Um Gottes Willen, nicht dass wir jetzt Telenovelas angreifen möchten – aber mal ehrlich: Die wirkliche Welt und wirkliche Lösungen geben uns solche TV-Groschenromane nicht vor. Verkehrte Welt: Hochwertige Formate floppen, billig und eilig gedrehte Romane locken die Zuschauer en masse vor die Schirme. Der geneigte Kritiker muss die Leiter aber auch etwas weiter nach oben klettern. Wir Kritiker lieben sowieso „andere“ Sendungen wie «Stephen Kings Kingdom Hospital» oder dem psycho-psychedelischen Hollywoodblockbuster «Donnie Darko». Eine Firma hält die Stange der Qualität hoch: TeamWorx. Diese Produktionsfirma – eine der wenigen Mohikaner, die zuletzt die Eventfilme «Die Sturmflut» (11,40 Mio.), «Dresden» (11,96 Mio.) und «Die Luftbrücke» (8,42 Mio.) produzierte, und – ja – auch selber schrieb. Mit über mehreren Millionen Zuschauern waren diese einige Projekte die erfolgreichsten der TV-Geschichte der Bundesrepublik. Aber eben auch die Teuersten.

Fassen wir zusammen: Billige Formate am Nachmittag funktionieren, teure Formate mit ein bisschen Liebesschnulz am Abend funktionieren ebenfalls. Und alles das was aus Deutschland kommt und dazwischen liegt, klappt nicht wirklich. (Natürlich: Ausnahmen bestätigen die Regel). Vielleicht will der Zuschauer also gar keine wirkliche Qualität sehen. Das ist schade, aber vielleicht ein Denkansatz, der zum Erfolg führen könnte.
15.03.2006 19:36 Uhr Kurz-URL: qmde.de/13682
Manuel Weis

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Tags

Deutsche Fiktion

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