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Janek Rieke: ‚Ich war eine Spur zu beweglich‘

Der Schauspieler ist seit Jahren in der Das Erste-Reihe «Die Eifelpraxis» zu sehen. Wir sprachen mit Rieke über Kitsch und Erfolg.

Sie sind seit 2016 in der Serie «Die Eifelpraxis» zu sehen. Wie sind Sie zu dieser Rolle gekommen?
Ich wurde zu einem Casting eingeladen. Ich sollte mich auf Chris Wegner den Arzt im Rollstuhl vorbereiten. Bei dem Termin mit Rebecca Immanuel habe ich dann nonstop vergessen, dass ich eigentlich in einem Rollstuhl sitze. Ich war eine Spur zu beweglich und vielleicht auch ein ganz bisschen zu gut gelaunt, jedenfalls bekam ich eine Absage für Chris Wegner, aber eine Zusage für den flirtenden, verpeilten Herrn Ortmann.

Die Drama-Serie von Brigitte Müller gilt als kitschige Serie. Können Sie die Kritik nachvollziehen?
Meine Figur schliddert von einer Krise in die nächste. Leon Ortmann erlebt nur ganz kurze Momente reinen Glücks. Ständig verlassen mich die Frauen. Das fühlt sich gar nicht kitschig an. Außerdem bin ich ein großer Fan von Komödien. Ich habe auch gar nichts gegen eine gut gemachte romantische Geschichte. Ich finde die sogar sehr wichtig, denn hier werden andere Werte verhandelt, als in den anderen Genres. Im Krimi werden oft die großen gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten thematisiert, die romantischen Komödie kann das natürlich auch, aber oft wird hier eher die Art und Weise untersucht, wie wir im Kleinen miteinander umgehen. Sie fragt zum Beispiel, wieviel Wahrheit eine Beziehung erträgt. Die romantische Komödie macht unter anderem Werbung für mehr Empathie und ist in ihrem Kern lebensbejahend, deshalb sollte sie, wenn es nach mir ginge, eine eigene Oscar-Kategorie bekommen. Ich bedauere es auch, dass die Deutsche Filmindustrie zwar viele Komödien dreht, ausgezeichnet werden diese Filme dann aber selten. Ich finde, der Ernst-Lubitsch-Preis sollte mit massiven Mitteln verstärkt werden. Es sollten da viel mehr Kategorien geben und es sollte eine bombastische Gala geben. Fände ich gut.

Sie dürfen den Schulrektor von Paul und Mia in Monschau verkörpern. Welche Geschichten werden in den kommenden Folgen auf uns zukommen?
Wie gesagt. Leon und die Frauen. Herr Ortmann beginnt eine Beziehung mit Vicky Röver gespielt von Jessica Ginkel. Kurz ist er glücklich, kurz hat er seine Einsamkeit überwunden, aber dann ist da ihre Arbeitswut und ständig rennt sie davon, um Menschen zu helfen. Die Freundschaft zwischen Chris und Leon wird vertieft und hier findet Herr Ortmann dann auch Trost, wenn er von Frau Röver mal wieder versetzt wurde.

Rebecca Immanuel stieg nach der neunten Folge aus, ihre Film-Kinder nahm sie mit. Wie kamen Sie mit der Rollenumstellung zurecht?
Ich hasse Veränderungen. Ganz grundsätzlich. Von mir aus, könnte immer alles so bleiben, wie's gerade ist und deshalb habe ich Mascha Schrader, Tom Böttcher und Rebecca Immanuel sehr vermisst. Aber dann bin ich ja inzwischen ein halbwegs erwachsener Mensch und ahne, dass die Neuen wahrscheinlich auch prima sein werden. Und so war's dann auch. Mit Jessica Ginkel und Carlotta von Falkenhayn zu spielen macht mir sehr viel Freude.

Bereits vor über 25 Jahren haben Sie mit dem Kurzfilm «Jenseits von Schweden» gedreht. Haben Sie Interesse, diesen auch mal ins Internet zu stellen?
Darüber habe ich nie nachgedacht. Den Film habe ich ganz lange nicht gesehen, aber es gibt Leute, die ihn damals mochten und es wäre auch quasi ein Wiedersehen mit Lisa Martinek. Eigentlich eine schöne Idee.

Bevor Sie zum Film- und Regiestudium zugelassen wurden, beschäftigten Sie sich drei Jahre lang mit Philosophie. Was ist Ihnen besonders gut in Erinnerung geblieben?
Ich habe dort gelernt Texte zu analysieren bis die Birne gequalmt hat. Ich bin an Wittgenstein verzweifelt. 100 Menschen im Sommer in einem kleinen Seminar-Raum reden 90 Minuten über die ersten beiden Sätze von seinem Tractatus Logico-Philosophicus. Und dann taumele ich benommen nach draußen, völlig verwirrt suche ich nach einem Kaffee und nach frischer Luft. Mir war schlagartig klar geworden, dass mein Talent als moderner Philosoph stark limitiert ist. Platon dagegen habe ich ganz gut verstanden und allein deshalb schon geliebt. Die Griechen haben mich getröstet.

Die ZDF-Zuschauer kennen Sie aus der Serie «Der Kriminalist», die bis 2015 ausgestrahlt wurde. War das Ende absehbar oder hätten Sie gerne weitergemacht?
Wie immer. Erstmal hab‘ ich gejammert als es vorbei war. Weil ich doch so ein Gewohnheits-Mensch bin, aber ich habe in der Folge in so vielen schönen Projekten mitspielen dürfen, die ich nicht hätte machen können, wenn ich weiter beim «Kriminalist» geblieben wäre.

Im vergangenen Jahr debütierte der «Dänemark-Krimi» mit hervorragenden Reichweiten im Ersten. Eine Fortsetzung ist geplant. Hat Sie die hohe Reichweite von über sechseinhalb Millionen Zuschauern gefreut?
"Rauhnächte" wurde von Christian Theede inszeniert. Ein sehr guter, sorgfältiger Regisseur. Wir haben schon beim Drehen gedacht, dass der Film eventuell gelingen könnte. Erfolg und Aufmerksamkeit findet man meist dufte. Ich auch. Allerdings wurde ich am Ende des Films im Nieselregen auf einer Düne erschossen und werde wohl in der Fortsetzung nicht auftauchen.

Sie waren auch als Regisseur und Drehbuchautor tätig. Warum haben Sie sich auf die Schauspielerei verlagert?
Nicht komplett! Im Oktober erscheint der zweite Film, bei dem ich Regie führen durfte. «Beule» mit Julia Hartmann, Max Giermann, Nilam Farooq, Gerdy Zint und Freya Trampert wird im Oktober beim Filmfest in Hamburg zum ersten Mal gezeigt. Natürlich eine romantische Komödie. Romantisch und wild. Meine Figur heißt "Beule" und er hat sich nicht immer emotional im Griff und deshalb macht er viel kaputt. Ich hoffe, dass sich die Zuschauer darüber freuen.

Dann viel Erfolg!

Eine neue Folge von «Die Eifelpraxis» läuft am Freitag, den 16. September, um 20.15 Uhr im Ersten.
13.09.2022 11:54 Uhr Kurz-URL: qmde.de/136773
Fabian Riedner

super
schade


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Die Eifelpraxis Jenseits von Schweden Der Kriminalist Kriminalist Dänemark-Krimi Beule

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