Im Zuge der Vorwürfe der politischen Einflussnahme sind Julia Stein und Norbert Lorentzen bis auf weiteres von ihren Ämtern entbunden worden. Der Landesrundfunkrat hat am Montag eine Prüfung eingeleitet.
Der NDR Schleswig-Holstein steht weiter unter großem Druck. Sowohl der ‚stern‘ als auch der ‚Business Insider‘ hatten in der vergangenen Woche Recherchen veröffentlicht, in denen mehrere Mitarbeiter aus dem Rundfunkhaus in Kiel der Redaktionsleitung politische Einflussnahme vorwarfen und von einem „politischen Filter“ sowie einem „Klima der Angst“ sprachen (Quotenmeter berichtete). Was folgte war ein Brandbrief an Funkhausdirektor Volker Thormählen von 72 Mitarbeitern, die sich „schwer erschüttert“ zeigten. Nun gab es auch personelle Konsequenzen.
Wie der NDR am Mittwochabend in einer «Zapp Spezial»-Ausgabe mitteilte, haben der Chefredakteur und frühere Leiter des Fernsehbereichs, Norbert Lorentzen, und die Chefin des medienübergreifenden Ressorts Politik und Investigation, Julia Stein, die sich beide im Mittelpunkt der Vorwürfe fanden, um die Entbindung von ihren Aufgaben. Dem wurde stattgegeben. Volker Thormälen, Direktor des Landesfunkhauses in Kiel, teilte dies den Mitarbeitenden auf einer kurzfristig anberaumten Videokonferenz mit. Die Posten von Lorentzen und Stein übernehmen vorübergehend die Vize-Direktorin und Chefredaktionsmitglied Bettina Freitag und Redakteur Andreas Schmidt aus dem Bereich "Politik und Investigation".
Am Mittwoch veröffentlichte der ‚stern‘ weitere Recherchen, die das Ausmaß der Einflussnahme auf die Berichterstattung sogar vergrößern. Darin ging es um die Berichterstattung über die skandalösen Praktiken zur Verschickung der Heimkinder in den Nachkriegsjahren. Die NDR-Journalisten wollten den Skandal, in dem auch der DRK verwickelt sein sollte, veröffentlichen, laut ‚stern‘ sei es aber nicht gewünscht gewesen, dass die Verantwortlichen in dem Beitrag genannt werden sollten. Weiterhin warf das Magazin einem leitenden Politik-Redakteur vor, für seinen Mann Wahlkampf für das Bürgermeisteramt gemacht zu haben.
Die NDR-Pressestelle teilte am Mittwoch mit, es seien bereits Gespräche über die Vorgänge vom Oktober 2020 geführt worden. Es stünden weitere Gespräche mit den verantwortlichen Entscheidungsträgern innerhalb des Landesfunkhauses Schleswig-Holstein an, um alles im Detail nachzuvollziehen und bewerten zu können. Den Beteiligten in Kiel liege viel daran, interne Vorgänge im Kreis der Verantwortlichen und mit der gebotenen Sorgfalt zu bearbeiten. Erst nach Abschluss könne eine Bewertung vorgenommen werden, eine inhaltliche Äußerung sei derzeit nicht möglich. Zu den Vorwürfen wegen des Wahlkampfes teilte die NDR-Pressestelle mit: „Der Redakteur war an der Berichterstattung über die Bürgermeisterwahl in Timmendorfer Strand nicht beteiligt.“
In der Zwischenzeit hat sich bereits der unabhängige Landesrundfunkrat Schleswig-Holstein eingeschaltet und nach den ersten Vorwürfen eine Prüfung eingeleitet. In einer Sondersitzung am Montag wurde beschlossen, dass es eine objektive und umfassende Prüfung geben soll. Laut der Vorsitzenden Laura Pooth wird zunächst an einem Konzept gearbeitet, wie die Vorwürfe geprüft werden sollen.
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