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HaRiBo über «KLEO»: ‚Viele der Tötungsmethoden entstammen tatsächlich einem Handbuch der Stasi‘

Am Freitag veröffentlicht Netflix eine neue, deutsche Serie. In «Kleo» geht Jella Haase auf Jagd von Bösewichtigen.

Sehr geehrte Damen und Herren. Willkommen zum Gespräch! Mit «KLEO» können Sie eine neue Serie direkt weltweit vermarkten. Wie fühlt sich ein solch großer Start an?
Bob:
Es ist natürlich schön zu wissen, dass die Serie einen internationalen Start erhält. Ein ganz besonderes Gefühl. Die Rückmeldungen aus dem Ausland zum Trailer sind bereits überwältigend positiv. Aber wir haben «Kleo» in erster Linie nicht für das internationale Publikum kreiert. «Kleo» ist ganz explizit eine deutsche Geschichte, weil sie von einer ganz besonderen, ja fast einzigartigen Zeit erzählt: Die wenigen Monate zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung. Die Grenze war gefallen, aber es gab noch zwei Staaten.

Hanno: Das waren Wochen, während denen alles möglich erschien und jeder sich gefragt hat, wie es wohl weitergeht. Es war eine Zeit für Visionen und verrückte Ideen. Wir sind enorm gespannt, wie und ob man das im Ausland nachvollziehen kann.

Richard: Wir sind natürlich extrem froh und dankbar, dass Netflix uns das ermöglicht hat. Wir erinnern uns noch gut an das Pitching, wo wir viel über den roten Koffer erzählten – und noch in derselben Nacht sehr spät eine Mail von der Redakteurin bekamen, “I am thinking a lot about the red suitcase” mit einem Foto des Originalkoffers, der immer noch im Stasimuseum steht – da wussten wir: Das könnte klappen.

Herr Hackfort, Herr Konrad, Herr Kropf, Ihr vorheriges Werk «PARA – Wir sind King» ist weltweit bei HBO Max verfügbar. Haben Sie schon Rückmeldungen aus dem Ausland erhalten?
Bob:
Die Verantwortlichen bei HBO haben uns zu einem sehr frühen Zeitpunkt, also bereits vor der Veröffentlichung, signalisiert, wie sehr sie die Serie lieben. Die schlussendliche Übernahme von HBO Max hat uns natürlich mit Stolz erfüllt.

Hanno: Die Tatsache, dass Para nun eine zweite Staffel erhält, ist eine tolle Bestätigung für uns und das ganze Team.

Richard: Im Falle von «4 Blocks» war das noch krasser – wir werden nie den Tag vergessen, als Ricky Gervais die Serie auf Twitter ein “Masterpiece” nannte; wir haben uns gefreut wie kleine Kinder. Vermutlich das erste und letzte Mal, dass wir uns einen Tweet ausgedruckt haben.

«KLEO» handelt von einer DDR-Spionin, die eines Tages von der Staatssicherheit gefangen genommen wird. Sie wird Opfer des Systems, verliert bei einem Kampf im Gefängnis ihr Baby. Ist ihr Rachefeldzug die 90er-Jahre Variante von «Kill Bill»?
Bob:
Natürlich lieben wir alle «Kill Bill», wer nicht. Aber der Ursprung von «Kleo» basiert auf der Idee, «Der Graf von Monte Christo» am Ende der DDR zu erzählen. In einem ersten Schritt wurde bei einem Brainstorming der Graf zur Gräfin. Klar liegt der Vergleich mit «Kill Bill» dann nah. Wir nehmen darauf auch Bezug in einem ganz besonderen Outfit, das unsere «Kleo» trägt.

Richard: Jeder Versuch, sich in die Nähe eines Großmeisters wie Tarantino zu bewegen, verbietet sich von selbst. Wir haben versucht, unser eigenes Ding zu machen, aber natürlich sind wir auch von unseren Lieblingsfilmen beeinflusst.

«Kleo» rächt sich an zahlreichen Menschen aus ihrer Vergangenheit. Wie entstehen solche unterschiedlichen Tötungsszenen? Mit wem setzt man sich bei der Produktion zusammen, um zu erörtern, ob das realisierbar ist?
Richard: Viele der Tötungsmethoden entstammen tatsächlich einem Handbuch der Stasi. Und die sind aufwendiger als “Peng, Peng - tot”. Und aufwändiger heißt natürlich auch teurer.

Hanno: Das hat eine genau Abstimmung mit den Produzenten, der Regie und Netflix erfordert: Was können wir uns leisten, wo lassen wir es krachen und wo sparen wir Geld ein? Das ist dann ein bisschen wie auf dem Markt, “gebt ihr uns das, dafür verzichten wir auf das”.

Bob: Aber den Panzer wollten wir unbedingt!

Sie sind ja zu dritt auch Showrunner der Serie. War das ein großer Vorteil für Sie, weil Sie auch das Drehbuch gemeinsam verfasst haben?
Bob:
Nicht umsonst ist die oder der Showrunner*in traditionell auch die oder der Autor*in. Die Produktion einer Serie setzt extreme Fliehkräfte auf die narrative Integrität einer Geschichte frei. Es macht einfach Sinn, wenn die Person, die sich eine Serie ausdenkt und schreibt, die Fäden in der Hand hält.

Hanno: Wir haben da eine gute Arbeitsteilung gefunden: Einer am Set, zwei machen Rewrites – und einer davon geht dann frühzeitig in die Postproduktion. Der Vorteil ist, dass wir drei sehr genau wissen, was wir wollen, da gibt es wenig Reibungsverluste.

Richard: Showrunning ist schon ein besonderer Kraftakt und wirklich nicht jedem zu empfehlen. Wir sind froh, dass wir zu dritt waren und das gemeinsam stemmen konnten.
Und es braucht natürlich auch starke Produzenten wie Michael Souvignier und Till Derenbach, die einem den Rücken frei halten – das war toll.

Apropos drei gemeinsame Autoren: Wie verfasst man denn ein Drehbuch einer achtteiligen Serie mit drei Personen?
Bob:
Da sind ja nicht nur wir drei. Unsere Serien entstehen natürlich ganz klassisch im Writers Room. Im Falle von «Kleo» hat uns die wunderbare Elena Senft unterstützt. Grundsätzlich aber ist es so, dass ich alle guten Ideen habe und die anderen die dann aufschreiben. 😉

Richard: …um sie dann beiseite zu legen und noch bessere Ideen zu verwenden, ja. 😉

Wie kamen Sie auf Jano Ben Chaabane als Regisseur? Er stammt ja eigentlich von Joko & Klaas, drehte Kammerspiele, ehe er mehrere große Projekte für Das Erste umsetzte.
Hanno: Viviane Andereggen war als Regisseurin schon sehr früh gesetzt. Wir brauchten dann noch einen weiteren Teamplayer. Jano kannten wir schon sehr lang, ganz einfach weil er oft bei uns um die Ecke zu tun hatte und sich die Tradition entwickelt hatte, dann gemeinsam einen Kaffee zu trinken. Die Idee, gemeinsam etwas zu machen, gab es schon länger.

Bob: Wir schätzen seinen Humor, teilten die gleichen Vorlieben und wir kannten die Stoffe, für die er sich interessiert. Wir waren also von Anfang an zu hundert Prozent sicher, dass er der Richtige für Kleo war.

Richard: Ich hatte Janos Arbeit am Set von «Mapa» schon kennenlernen dürfen und war von seiner Ruhe und seiner respektvollen, inspirierenden Art, wie er mit den Schauspielern und dem Team umgeht, begeistert. Er geht immer ganz leise um die Schauspieler herum, die Hände hinterm Rücken und schmunzelt sehr viel. Wie kann man sich in dieser Gegenwart nicht wohl fühlen?! Und ganz nebenbei ist er ein hervorragender Regisseur.

Hauptdarstellerin von «KLEO» ist Jella Haase, die man aus «Fack ju Göhte» und «Das perfekte Geheimnis» kennt. Warum haben Sie eine Schauspielerin gecastet, die vorwiegend im Comedy-Bereich gewirkt hat?
Bob:
Uns interessieren in erster Linie Brüche. In der Erzählung und in unseren Figuren. Also war es von Anfang an klar, dass wir nicht «Atomic Blonde» erzählen wollen. Ich glaube, es war unsere Co-Autorin Elena Senft, die Jella zu einem sehr frühen Zeitpunkt in Spiel brachte. Ab dann war für uns alle klar, dass Jella «Kleo» sein muss. Fortan gab es keinen Plan B.

Richard: Früh kam der Gedanke auf: Was wäre eigentlich, wenn “Chantal” jemanden killen würde – und wie würde sie das machen? Dieses Gesicht, kann das was Böses tun? Diese Idee hat uns sehr viel Spaß gemacht.

Hanno: Jella kann ja weit mehr als “nur” Comedy – wobei Comedy natürlich eine Königsdisziplin ist. Sie spielte vorher an der Volksbühne und in «Lieber Thomas» und hat uns da noch einmal vollends überzeugt. Sie ist eine sehr komplette und facettenreiche Schauspielerin, die alles mitbrachte, was wir für unsere «Kleo» brauchten. Comedy ist – davon abgesehen – ja ebenfalls ein Teil von «Kleo».

Sie arbeiteten im Duo ja auch für die Sky-Serie «Funeral for a Dog». Ist der Hype bei Sky aktuell immer ein bisschen kleiner, wenn man dort eine Serie präsentiert?
Bob:
Als Autoren wollen wir Geschichten erzählen - nicht in erster Linie einen Hype erzeugen.

Hanno: Und nicht jede Geschichte passt zu jedem Sender. Wir hatten das Glück, mit Sky jemanden gefunden zu haben, der an dieser sehr komplex erzählten Geschichte Interesse zeigte und uns in der Entwicklung nicht nur nach Leibeskräften unterstützte, sondern vielmehr aufforderte, die Grenzen des erzählerisch Möglichen auszutesten. Das war eine sehr schöne Erfahrung.

David Dietl darf die Miniserie «Gute Freunde» über den FC Bayern umsetzen, Sie sind als Autoren beteiligt. Es gibt unzählige Quellen über Uli Hoeneß, wie mehrere Biografien oder einen knapp 30-stündigen Podcast. Wo haben Sie sich überall bedient?
Richard: Die Serie befindet sich noch im Dreh – und wir werden zu gegebener Zeit gerne ausführlich darauf Antwort geben!

Vielen Dank für das Gespräch!

«KLEO» ist ab Freitag, den 19. August, bei Netflix verfügbar.
17.08.2022 12:42 Uhr Kurz-URL: qmde.de/136297
Fabian Riedner

super
schade


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