Film- und Serienkonzepte werden schon immer gerne ein- und verkauft. Eine Grundschule in den Mittelpunkt zu stellen, das taten nun die Amerikaner. Das passt gut ins deutsche Fernsehen, aber bitte nur mit eigener Story.
Das internationale Geschäft von Film- und Fernsehkonzepten kommt immer mehr in Mode. Schon fast dümmlich wirkte es, dass man den Plot von «The Office» ungefragt als «Stromberg» an ProSieben verkaufte. Aber Mastermind Ricky Gervais freute sich nach einem Rechtsstreit über den die nachträglich überwiesenen Lizenzgebühren. In den Zentralen von Brainpool und ProSieben redet man ungern darüber, aber hinter vorgehaltener Hand ist das ein beliebtes Gesprächsthema.
Vor allem Constantin Film hat sich an verschiedenen Filmen aus dem Ausland bedient. Der Vorname, der sich darum dreht, dass Familienvater Thomas sein Sohn Adolf nennen möchte, kommt es zum Eklat. Sönke Wortmann setzte einen tollen Film um, der allerdings von «Le Prénom» abgeleitet wurde. Der gleichnamige französische Film hat einen ähnlichen Inhalt, hier soll das Kind Adolphe heißen.
Noch vor der Pandemie wirkte Elyas M’Barek in Bora Dagtekins «Das perfekte Geheimnis» mit. Neben dem «Türkisch für Anfänger»-Star gehörten auch Florian David Fritz, Karoline Herfurth und Jella Haase zum prominenten Ensemble, das bei einem gemeinsamen Abendessen seine Smartphones auf den Tisch legt, sodass die Beteiligten alle Anrufe und Nachrichten einsehen können. Das Kammerspiel erreichte nicht nur tolle Bewertungen, sondern auch mehr als fünf Millionen Kinogänger. «Perfetti Sconosciuti», der 2016 vom Italiener Paolo Genovese geschrieben wurde, fristete wie die spanische Komödie «Perfectos desconocidos» in Deutschland ein Schattendasein – obwohl beide Streifen bei Netflix zur Verfügung standen.
Vor knapp neun Monaten startete der amerikanische Fernsehsender ABC eine interessante Work-Place-Comedy, die von 20th Television und Warner Bros. Television produziert wurde.
«Abbott Elementary» ist ähnlich wie «Stromberg» und «Modern Family» als Dokumentarfilm angelegt. Im Vordergrund stehen die Lehrer und Schüler in einer unterfinanzierten Schule in einem Problemviertel von Philadelphia. Die Lernstätte ist überwiegend mit PoC-Kindern besetzt. Die finanzielle Lage der Schule ist erschreckend, die meisten Lehrer bleiben nicht länger als zwei Jahre.
Im Mittelpunkt dieser Serie steht Janine Teagues, die von Quinta Brunson («A Black Lady Sketch Show») gespielt wird. Brunson war selbst lange Zeit als Autorin diverser Comedy-Formate tätig und hat die Serie selbst kreiert und schließlich erfolgreich an ABC gepitcht. Sie ist die gute Seele der Schule und versucht mit kreativen Lösungen den Lernbetrieb zu gestalten. Mit einem Ersatzlehrer namens Gregory fließt auch ein neuer Love-Interessant ein. Natürlich werden auch Antagonisten eingeführt, wie die unfähige Schulleiterin Ava. Oder eine Lehrerin namens Melissa, die fragwürdige Verbindungen in die Philadelphia-Geschäftswelt hat.
«Abbott Elementary» wird in Deutschland nie der wirkliche Erfolg. Die Serie ist beim Streamingdienst Disney+ beheimatet und seitdem die Folgen seit einigen Wochen zugänglich sind, ist das Format eher ein Geheimtipp. Zur Wahrheit gehört auch: Bereits nach der ersten Folge lässt die Qualität stark nach. Die Premiere war bei ABC im Dezember 2021 mit 2,88 Millionen Zuschauern ein derartiges Desaster, das man eigentlich von einer schnellen Absetzung hätte ausgehen können – allerdings startet Mitte September schon die zweite Staffel.
Die Ausstrahlung auf einem Sender wie ProSieben würde vermutlich nicht passen, weil die Serie zu stark auf den Black-Lives-Matter-Markt zugeschnitten ist. Stattdessen sollten sich die Autoren der Republik die Mühe machen, die Rechte an einer Adaption zu erwerben. Das Format würde sich als neues «Stromberg» mit einigen Änderungen für den deutschen Markt eignen. Eine Problem-Schule in Berlin mit viel zu großen Klassen und unterfinanziertem Gebäude? Das hört man schon seit Jahren aus der Hauptstadt. Oder man geht nach Mannheim/Ludwigshafen, dort ist der Ausländeranteil an Schulen besonders hoch.
Probleme gibt es auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, schließlich zeigt die Corona-Pandemie ja exemplarisch auf, dass die Politik Kindern recht herzlich egal ist. Selbst die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel gab den Tipp, dass Schüler doch Kniebeugen bei offenen Fenstern machen sollen, um Frieren vorzubeugen. Luftreiniger in deutschen Schulen sind genauso knapp wie kostenloses W-Lan in öffentlichen Schulen. Im Gegensatz zu Universitäten werden Grund- und Hauptschulen chronisch unterfinanziert und sind eigentlich die Vorlage für passende Gags. Vielleicht schafft es ja ein Kollektiv aus guten Autoren, eine schnittige Serie zu kreieren. Dank Corona und der Unfähigkeit von Fernunterricht könnte man mit der Serie durchaus einen Zeitgeist treffen. Vielleicht muss man auch einfach solche Formate machen, damit die Menschen merken, dass an dieser Learn-Place-Serie viel Wahrheitsgehalt hängt. Dass man hierzulande gelungene Adaptionen kreieren kann, ist kein Geheimnis.
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