Zahlreiche Revivals werden in den nächsten Monaten an den Start gehen. Doch damit ruhen sich die Fernsehsender nicht aus. Ein Kommentar von Fabian Riedner.
Im Mai schickte VOX seine Sendung «4 Hochzeiten – Von Braut zu Braut» wieder auf Sendung. Die Eigenproduktion kam beim Publikum nicht gut an und wurde vorzeitig aus dem Programm genommen. Nach zwei Jahren Pandemie, in der Hochzeiten nur unter strengsten Bedingungen veranstaltet wurden, haben sich die Sehgewohnheiten verändert. Man möchte Bräute nicht beim Lästern über eine Hochzeit sehen. Stattdessen erfreuen sich die Zuschauer an schönen Themen: «Das perfekte Dinner» holt die besten Marktanteile seit vielen Monaten. Der schöne Abend wird genossen. VOX muss das Thema «4 Hochzeiten und eine Traumreise» in dieser Form abhaken, denn die Zeiten ändern sich.
Die Lösungen von gestern sind nicht Antworten von morgen
Die Einschaltquoten der ProSieben-Show «TV total» bröckeln, «7 Tage, 7 Köpfe» hat bei RTL nicht funktioniert. Bereits bei der dritten Episode von «Geh aufs Ganze» war die Luft raus. Stattdessen haben zuletzt Factuals geglänzt: «Mälzer und Henssler liefern ab» war aus der Pandemie heraus geboren und zeigte eindrucksvoll, wie VOX vor einem Jahr gleich mehrere Pandemie-Formate kreierte.
Die Devise bei VOX lautet in diesem Jahr: Erfolgreiche und bewährte Shows wie «Die Höhle der Löwen» behalten und neue Dinge wie «Next Level Chef» zu testen. Bei RTL wurden zwar zahlreiche Revivals angekündigt, doch der Sender möchte zunächst nur einmalige Events anbieten. In Köln ist man sich sicher, dass die Formate auf Dauer nicht funktionieren. Dennoch hat man noch keine Lösung für den Samstagabend präsentiert, denn «Das Supertalent» wird in diesem Jahr nicht laufen.
Factual-Shows in Masse
In den vergangenen zwei Tagen waren zwei Welten sichtbar: ProSieben versucht seine Factual-Shows am Sonntagabend mit Promis aufzuhübschen, Kabel Eins zeigt zahlreiche Doku-Reihen, wie sie auch bei kleinen Sendern wie DMAX zu sehen sein könnten. Die RTL-Gruppe besticht mit Dauer-Projekten wie «Goodbye Deutschland», das in dieser Woche mit perfekten Werten startete. Aber auch mit «Das spanische Dorf» oder «Zum Schwarzwälder Hirsch» bindet man sich gleich größere Projekte ans Bein. Zwar legten beide Sender nur kurze Schnipsel der neuen Shows bereit, aber zumindest auf dem Papier klingen die RTL-Projekte besser.
Sat.1 kündigte mit «Volles Haus» ein nichtssagendes Vorabendprogramm an, das mit Nachrichten, Magazin-Inhalten und einer klassischen Talkshow zwischen 16.00 und 19.00 Uhr gesendet wird. Erneut kommt man aus Unterföhring mit einem unbrauchbaren Titel daher, selbst bei der Präsentation blieb man Details schuldig. Von Scripted Reality will sich Sat.1-Chef Rosemann komplett lösen, doch welche Programmfarbe das gesamte Tagesprogramm bekommen soll, steht noch in den Sternen. Kopiert man RTL mit Factual-Sendungen, nimmt man wie ProSieben und Kabel Eins Lizenzware ins Programm? Die Aussagen von Rosemann hinterlassen mehr Fragezeichen als Antworten.
So sieht es mit Fiction & Co. aus
Fiction präsentierte die ProSiebenSat.1-Gruppe überhaupt nicht, obwohl man sich als „das Tor zu Hollywood“ bezeichnete. RTL hat in den vergangenen Monaten ordentlich Geld in die Hand genommen und seinen Streamingdienst RTL+ mit fiktionalen Warner Bros. Discovery-Inhalten aufgefüllt. Die Factual-Inhalte des US-Riesen sind hingegen bei Joyn zu sehen. Apropos Joyn: Das Gemeinschaftsangebot von Warner Bros. Discovery und der ProSiebenSat.1 Media SE fand so gut wie keine Erwähnung. Weder gab es eine Ankündigung, regelmäßige Inhalte vorab anzubieten, noch besteht ein Plan, um den Dienst zu erweitern. Bei den Kölnern hingegen steht fest, dass dort nicht nur visuelle, sondern auch Audio-Inhalte gepaart mit den Angeboten von Gruner+Jahr sowie Hörbücher angeboten werden sollen.
Für große Überraschungen sorgte der ehemalige ProSieben-Chef Andreas Bartl, der gleich mehrere neue Projekte für seinen Sender RTLZWEI im Gepäck hatte. Neben den Neuauflagen von «Genial daneben» und «Das Glücksrad» sicherte man sich Narumol und Josef, die ihre Geschichte aus dem oberbayerischen Leben präsentieren. «Wir räumen auf! Meine 65.000 Dinge» ist hingegen die Adaption eines BBC-Formates, das von Collin Ulmen-Fernandes präsentiert wird.
Fazit
Die Screenforce Days sind keine Vorschau auf das gesamte Jahr. Stattdessen kündigen die Fernsehstationen meist nur das Programm bis in den frühen Winter hinein an. Es ist also noch nicht möglich zu sagen, welcher Anbieter die nächste Saison dominieren wird. Eines ist hingegen klar: Kein Anbieter darf sich ausruhen, da die Zuschauer sonst zur zahlreich vertretenen Konkurrenz abwandern werden. So startet kommenden Dienstag mit discovery+ schon der nächste große Streamingdienst in Deutschland.
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