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«Severance» - Spannende Arbeitsplatzdystopie mit frischen Impulsen

Adam Scott, Christopher Walken und Patricia Arquette zeichnen in der von Ben Stiller inszenierten Thrillerserie «Severance» ein dehumanisiertes Arbeitsplatzkonzept.

Man stelle sich vor, Menschen würden sich freiwillig dazu entscheiden, sich irreversibel einen Chip ins Gehirn einpflanzen zu lassen, der ihr Arbeitsleben vollständig von ihrem Privatleben trennt. Sobald sie ihren Arbeitsplatz betreten, fehlen ihnen jegliche Information ihr Leben außerhalb der Arbeit betreffend und sobald sie diesen wieder verlassen, kehren die Erinnerung an ihr Leben zurück, aber die der Arbeit verschwinden wiederum. Das Konzept von «Severance» ruft unweigerlich andere Dystopiekonzepte wie Orwells «1984» in Erinnerung, dessen Fiktion gerade in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zur Realität zu werden scheint.

«Severance», so wird während der ersten Folgen der Serie deutlich, ist ein absoluter „slow burn“ und erfordert einiges an Geduld von seinen Zuschauern. Der 70er Jahre Retro Look trägt zur hypnotischen Grundstimmung des Konzepts bei und lässt das Publikum über die tatsächliche Zeit, in der die Serie spielt im Dunkeln. Stilistisch wurde von Stiller einen Szenenbild erschaffen, dass mit hellen, kalten Farben arbeitet und so jegliche Wärme unterdrückt. Auf diese Grundstimmung ist auch das Schauspiel der Vorgesetzen Harmony (Patricia Arquette) und ihres Untergebenen Mr. Milchick (Tramell Tillman) ausgelegt, die mit geradezu hypnotischem Understatement eine gänzlich angsteinflößende Performance abliefern. Es kommt insgesamt äußerst selten vor, dass ein solch perfektes Casting gelingt. Mit Arquette, Turturro, Walken, Tillman und Scott wurde eine Ansammlung von Sonderlingen gecastet, die für das ausgezeichnete Script kaum besser besetzt sein könnten.

In einer Zeit der Reboots und sich ständig wiederholender Erzählkonzepte bietet «Severance» eine willkommene Abgrenzung vom Einheitsbrei, auch wenn die Grundidee von verändertem Bewusstsein (u.a. «Die totale Erinnerung», «Matrix») längst keine neue mehr ist. Aufgrund des langsamen pacings und der trotzdem erforderlichen hohen Aufmerksamkeitsspanne, die «Severance» seinem Publikum abverlangt, wird die Serie die Zuschauerschaft allerdings durchaus spalten. Trotz der Tatsache, dass die Spannung mit jeder weiteren Folge immer weiter ansteigt, sind gewisse Füllelemente nicht zu verleugnen. Eine insgesamt reduzierte Lauflänge hätte der Serie weder stilistisch noch erzählerisch geschadet aber für ein kompakteres Erlebnis gesorgt.

Dass eine solche Serie bei einem Multi-Milliarden-Dollar-Konzern wie Apple auf Sendung geht, der wie jedes andere Unternehmen in dieser Größenordnung immer weiter an produktivitätsverbessernden Technologien arbeitet, bringt Fiktion und Realität ungemütlich nahe zusammen. Das Aufteilen der Work-Life-Balance ist ein immer mehr in den Fokus rückender Faktor sowohl für Unternehmen als auch Arbeitnehmer und während es heute unvorstellbar klingt, sich freiwillig einer bewusstseinsveränderten Prozedur am Gehirn zu unterziehen, so scheint zumindest der Fokus von Großkonzernen Mittel und Wege zu finden sich möglichst brave, ja-sagende Arbeitsdrohnen heranzuzüchten, gar nicht allzu weit hergeholt.

«Severance» ist eine geerdete Science-Fiction Erzählung auf erzählerisch, schauspielerisch und visuell hohem Niveau, die seinem Publikum einiges an Aufmerksamkeit und Geduld abverlangt. Möglicherweise hätte das Konzept in einer komprimierten, filmischen Umsetzung allerdings noch besser funktioniert als in dieser rund neunstündigen Serienversion.

«Severance» ist seit dem 18. Februar 2022 bei Apple TV+ zu sehen.

20.02.2022 12:05 Uhr Kurz-URL: qmde.de/132623
Marc Schneider

super
schade

92 %
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Severance 1984 Die totale Erinnerung Matrix

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