Beim Investoren-Tag hat die Aufsichtsratchefin 67-jährige Shari Redstone den jüngsten Plan enthüllt. Statt dem Konzern eine sinnvolle Struktur zu geben, wird nur wieder die Fassade geputzt. Ein Kommentar von Fabian Riedner.
Schon die vergangenen 20 Jahren des Paramount-Konzerns bereiten Branchenexperten Kopfschmerzen. Im Jahr 2005 trennte man Viacom in die Bereiche CBS (mit Showtime und Paramount-Fernsehstudios) und Viacom (Paramount-Filmstudios, MTV, Comedy Central etc.), um noch agiler zu wirken. Natürlich war man der Meinung, dass man mit der Trennung ein schnelleres weltweites Wachstum schaffe. Jedoch gab es schnell Probleme, weil der «Star Trek»-Reboot nicht bei CBS oder Showtime weiter ausgeschlachtet werden konnte – denn eigentlich waren die Unternehmen von National Amusements Konkurrenten.
Bereits im September 2016 teilte Shari Redstone mit, sie wolle die beiden Konzerne wieder verschmelzen. Das passte CBS Corporation-Chef Les Moonves nicht, der sein Unternehmen deutlich stärker sah und meinte, man werde von Viacom nur geschwächt. Es folgte eine Schlammschlacht und als Moonves mit sexuellen Übergriffen konfrontiert wurde, räumte er zeitnah das Feld. Jetzt installierte Redstone Viacom-Chef Robert Bakish in den fusionierten Konzern, der allerdings schon vorher nicht geeignet schien. Moonves war zwar der Geschäftsführer von CBS, hatte aber immer seine Finger bei kreativen Entscheidungen im Spiel. Das Ergebnis war ein Network, das starke Serien hatte und auf gute Auslandsverkäufe zurückblicken konnte.
Für die Analysten ist Bakish keine besonders gute Entscheidung. Im Dezember 2021 wurden ViacomCBS-Immobilien an eine Investmentfirma veräußert, was zahlreiche Experten aufgeschreckt hat. Außerdem wurde immer mal wieder eine Fusion zwischen Comcast und Viacom diskutiert, da beide Unternehmen außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika kaum Fuß fassen können. Mehr noch: Die Bilanz von Bakish ist schlecht: MTV taumelt seit vielen Jahren und wird beispielsweise in Deutschland von einem kleinen Unternehmen, das Deluxe Music betreibt, geschlagen.
Die Marken für die People-of-Color-Gesellschaft, BET, sind im Grunde Flops und mit einer eigenen Film-Unit erntet man nur schlechte Kritiken. Die Musiksender sind top, Comedy Central hat mit Ausnahme von «The Daily Show» kein nennenswertes Programm mehr und Sender wie Pop TV, TV Land und CMT sind ebenfalls Schatten ihrer selbst. Nur «Yellowstone» strahlt noch eine positive Kraft aus. Selbst der Sender The CW steht vor einem Verkauf, obwohl die Fernsehstation, die man mit WarnerMedia betreibt, eigentlich zur Arbeitsbeschäftigungsmaßnahme der CBS Studios gegründet wurde. Damit könnte man den Streamingdienst Paramount+ mit jungen Inhalten füllen.
Aber die Umbenennung von ViacomCBS zu Paramount zeigt das Dilemma, in dem der Konzern steckt. Künftig möchte man als Paramount weltweit agieren, immerhin greift das Unternehmen auf eine der bekanntesten Filmmarken aller Zeiten zurück. Doch in Europa – außerhalb der Sky-Länder – tritt man als SkyShowtime an. Die Entscheidungen des Unternehmens wirken spontan entschieden. Es ist in keinem Bereich eine langfristige Strategie erkennbar. Das Duo Bakish und Redstone trifft Bauchentscheidungen.
Noch so ein Streaming-Fall: Showtime und Paramount+ sind in den Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada zwei völlig unterschiedliche Angebote. Außerhalb der Sky-Länder tritt man allerdings mit dem Namen von Showtime an, packt allerdings auch die Paramount+-Inhalte sowie alle möglichen Lizenzen des Unternehmens mit ins Angebot. Spannend bleibt abzuwarten, was uns Paramount anbieten kann, wenn der Streamingdienst bei Sky integriert wird. Zahlreiche Rechte sind von Fremdanbietern lizenziert. Die deutschsprachigen «Spongebob»-Rechte liegen bei Amazon, Netflix und Sky.
Vor einigen Monaten wurde dem Streamingdienst die Serie «Star Trek: Discovery» entzogen. Es ist immer noch nicht klar, was zwischen den beiden Unternehmen vorgefallen ist. Kurze Zeit später, der Start von Paramount+ stand im Raum, nutzte man die Serie nicht etwa, um das Angebot zu pushen, sondern gab die Rechte an den Inhouse-Mitbewerber Pluto TV. Die Free-TV-Rechte gingen im Übrigen an RTLZWEI und Tele 5.
Die Expansion von Paramount+ auf den internationalen Markt ist ein großer und richtiger Schritt, jedoch wird das Hauptgeschäft weiterhin vernachlässigt. Erst zwei Milliarden US-Dollar setzt das Unternehmen mit seinen Streamingdiensten wie BET+, Showtime und Paramount+ um. Mit seinen Fernsehsendern verdient man mit Werbung noch gut 9,2 Milliarden US-Dollar, die Lokalstationen sorgten für einen Umsatz von 8,39 Milliarden US-Dollar. Das Lizenzgeschäft ist mit 6,49 Milliarden US-Dollar ebenfalls stark vertreten. Der Konzern schielt so sehr auf Streaming, dass das Bewusstsein fehlt, dass über 80 Prozent der Einnahmen aus dem klassischen Fernsehen und Verkauf stammt. Kein Film des Unternehmens ist derzeit so unterhaltsam wie Hauruckaktionen der Paramount-Führung.
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