Der Austragungsort der Winterspiele sorgt für haufenweise – berechtigte – Kritik. Dennoch begleiten die übertragenden Sender die sportlichen Veranstaltungen intensiv. Vor allem im Netz steht der Sport im Mittelpunkt.
Fast 3.000 Sportler aus 85 Ländern sind nach China gereist, um wie alle vier Jahre um olympische Medaillen zu fahren, rodeln, gleiten oder springen. Erstmal in der Olympia-Geschichte richtet eine Stadt die Winterspiele aus, die auch schon Austragungsort vergangener Sommerspiele war. Doch nicht nur dieser Umstand sorgt für Stirnrunzeln beim Gedanken auf die Spiele. Das IOC gibt mit der Vergabe nach Peking auch China und Staatschef Xi Jinping sein Land in bestem Licht zu präsentieren. Wenn man der Berichterstattung der vergangenen Tage folgt, scheint dieses Licht gar nicht so strahlend zu sein, denn die Liste der Probleme und Missstände ist lang. Die USA rief zum diplomatischen Boykott der Spiele auf wegen des Vorgehens der Kommunistischen Partei gegen Hongkong, Tibet, Taiwan und die Uiguren in der nordwestlichen Provinz Xinjiang. Im Südchinesischen Meer ist die Situation weiter angespannt. Dazu kommt das durchaus fragwürdige Hygienekonzept für die Sportler, die sich nur in einer Blase bewegen dürfen.
Benjamin Eyssel, Peking-Korrespondent beim Deutschlandfunk Kultur, berichtete über die Vorgabe, falls ein Bus mit Olympiateilnehmern einen Unfall habe, sollen die Bürger laut Regierung nicht anhalten und helfen. China fährt eine strenge Null-Covid-Strategie, wodurch Menschen, die bei der Einreise positiv getestet werden, in abgelegene Hotels gebracht werden, wie beispielsweise ARD-Reporter Claus Lufen, der seit Tagen in einem kleinen Zimmer sitzt. Für Athleten gelten diese Regeln ebenfalls, wodurch ein Training nicht möglich ist. „Unter diesen Voraussetzungen ist es aberwitzig, dass hier Olympia stattfindet. Man hätte es ein Jahr verschieben müssen. Das macht so weder Spaß noch hat es Sinn“, sagte er der ‚Bild‘. Der Spaß an den Sportstätten dürfte derweil ebenfalls marginal ausfallen, denn nur ausgewählte Personen sind als Zuschauer zugelassen. Die Situation erinnert an die verschobenen Sommerspiele von Tokio aus dem Vorjahr. ZDF-China-Korrespondent Ulf Rölle erklärte kürzlich in einem Interview mit ‚DWDL‘: „Das Virus hat dem Regime eine Handhabe gegeben, noch repressiver zu sein.“ Rölle bezeichnete sich ob der genannten Probleme gar als „Stimmungsbremse“.
ARD und ZDF senden wieder gemeinsam - dieses Mal aus Mainz
Das ist nicht abwegig, denn die TV-Landschaft macht in den vergangenen Tagen wenig Lust auf die Olympischen Spiele, waren doch die Probleme rund herum das dominierende Thema. Dennoch soll der Spagat zwischen Moral und Sport gelingen. Am Freitag ab 12:10 Uhr überträgt das ZDF die Eröffnungsfeier aus dem Pekinger „Vogelnest“, wie das chinesische Nationalstadion auch genannt wird. Nils Kaben kommentiert die Zeremonie und wird dabei von Ulf Röller unterstützt. Die Schlussfeier zeigt im Übrigen dann Das Erste am Sonntag, 20. Februar ab 12:45 Uhr. Dafür sind Jens-Jörg Rieck und Uli Fritz im Einsatz. Stichwort ARD: Wie bei den Sommerspielen im Vorjahr bietet die ARD Mediathek alle Entscheidungen live und auf Abruf. Insgesamt soll das Angebot rund 500 Stunden umfassen. Alle Wettbewerbe können dort auch im Re-Live und mit Originalkommentar nachgeschaut werden. Außerdem verspricht der öffentlich-rechtliche Sender „Analysen, tägliche Highlights, aktuelle Interviews und Hintergründe“ sowie kritische Dokumentationen, wie sie am vergangenen Montag zur besten Sendezeit linear bereits im Programm gewesen waren.
Linear geht Das Erste an acht Sendetagen (5., 8., 11., 13., 14., 16., 17. und 20. Februar) bis zu 16 Stunden live on air. Wie beim ZDF wird die Übertragung aus dem gemeinsamen Olympiastudio organisiert. Erstmals schickt Das Erste mit Jessy Wellmer und Julia Scharf zwei Frauen auf Sendung, die Zahl der Mitarbeitenden aus Redaktion, Produktion und Technik vor Ort in China wurde in Folge der harten Corona-Auflagen deutlich reduziert. Bereits während der Sommerspiele erfolgte die Produktion im heimischen Studio. Vor Ort in Peking ist ein kleines schlagkräftiges ARD-Team: An einer gemeinsamen Außenposition von ARD und ZDF im internationalen Broadcastcenter in den Bergen empfängt Michael Antwerpes seine Gesprächspartner. Direkt von den Wettkampfstätten melden sich Markus Othmer, Claus Lufen, Stephanie Müller-Spirra und Lea Wagner. Das Experten-Team besteht aus Kati Wilhelm für Biathlon, Sven Hannawald für Skispringen, Felix Neureuther begleitet die alpinen Skiwettbewerbe und Katarina Witt gibt ihre Expertise zu den Eiskunstlauf-Entscheidungen ab.
Auch das ZDF setzt vor allem auf die Übertragung im Netz und bietet bis zu sechs parallele Livestreams in der ZDFmediathek an. Als besonderes Feature hat man den Highlight-Player etabliert, der die User ausgewählten Wettbewerben zu den entscheidenden Szenen navigiert. Sprungmarken sollen dabei den Einstieg zu Gold, Silber und Bronze sowie Rekorden erleichtern. Die Moderatoren Katrin Müller-Hohenstein und Rudi Cerne führen aus dem Mainzer National Broadcast Center abwechselnd durch die ZDF-Olympiatage. Wegen der Zeitumstellung von sieben Stunden geht das ZDF in der Regel zwischen 2:00 Uhr bzw. 3:00 Uhr nachts und 17.00 Uhr am Nachmittag auf Sendung. Nach Peking hat der Mainzer Sender ein überschaubares Team geschickt. Über die Biathlon-Wettbewerbe berichtet Experte und Olympiasieger Sven Fischer an der Seite von Alexander Ruda, der ehemalige Weltcup-Athlet Marco Büchel analysiert zusammen mit Lena Kesting die Leistungen bei den Alpin-Wettbewerben. Toni Innauer, Österreichs Goldspringer von Lake Placid 1980, bewertet neben Norbert König die olympischen Skispringen in Zhangjiakou. Außerdem ist Ex-Biathletin Laura Dahlmeier im Einsatz, die ihre Einschätzungen allerdings in Mainz abgeben wird.
Eurosport: Experten, Experten, Experten – und ein Cube
Einen „neuen technischen Maßstab“ möchte Discovery respektive Eurosport in diesem Jahr setzen und hat einen vollständig neu gestalteten Cube angekündigt, der „als virtuelle Welt ein eindrucksvolles Bergversteck erschafft, das in die Felswand eines schneebedeckten Berges eingebettet ist. Je näher der Betrachter kommt, desto mehr entpuppt sich das Erlebnis als riesiges filmisches Wintersportgebiet, das auf mehreren Ebenen des Resorts unbegrenzte, immersive Presenter- und Analysepositionen bietet“, wie Eurosport großspurig angekündigt hat. Über alle Plattformen hinweg wird Eurosport mehr als 1.000 Stunden Live-Programm bieten, davon sollen nahezu 300 Stunden allein beim Free-TV-Sender Eurosport 1 gesendet werden. Der Fokus liegt dabei aber auf den digitalen Kanälen. So sind im Livestream mit Eurosport bei Joyn Plus+ alle Events der Olympischen Winterspiele verfügbar. Auf eurosport.de und auf den Social-Media-Kanälen von Instagram, Facebook, Twitter und TikTok des Senders präsentiert man zudem zielgruppengerechten Content.
Eurosport hat zudem ein riesiges Experten-Team engagiert, das es insgesamt auf mehr als 30 Olympia-Teilnahmen bringt, darunter auch acht Olympia-Sieger. Darunter sind unter anderem Viktoria Rebensburg (Ski alpin), Aljona Savchenko (Eiskunstlauf), Fritz Dopfer (Ski Alpin), Christian Ehrhoff (Eishockey), Anni Friesinger-Postma (Eisschnelllauf) und Martin Schmitt (Skispringen). Täglich um 8:45 Uhr strahlt der Sportsender die zusammenfassende Sendung
«Medal Zone» aus, die aus der Sendezentrale in München-Unterföhring produziert wird. Einen ausgewählten Fokus legt Eurosport bei diesen Spielen auf Eishockey, das DEB-Team überraschte vor vier Jahren schließlich mit der Silbermedaille. Täglich gibt es um 20:15 Uhr die 90-minütige Live-Show
«Olympic Hockey Night» mit Silber-Gewinner von PyeongChang Christian Ehrhoff, der gemeinsam mit Moderator Simon Südel durch das Programm führt. Auch Turner Fabian Hambüchen ist wie in Tokio wieder am Start und präsentiert seine
«Hambüchen-Challenge», bei der er sich in fremdes Sport-Terrain wagt, um neue Sportarten für sich zu entdecken. Außerdem präsentiert er nach den Live-Veranstaltungen die tägliche Eurosport Olympia-Show.
Für Olympia-Fans, die rein am Sport interessiert sind, ist das Angebot definitiv ausgiebig, daran besteht kein Zweifel. Auch den kritischen Berichten über das Gastgeberland kann man durchaus aus dem Weg gehen, auch wenn Politik und Sport zweifelsfrei nicht voneinander zu trennen sind. Für manche mag das nervig sein, für manche ist es die Chance auf gewaltige Missstände aufmerksam zu machen. Die Augen der Welt werden genau hinsehen.
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