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Die Kritiker: «Das Begräbnis»

Beim Begräbnis kommt die Familie wieder zusammen, bei der Testamentseröffnung folgt der große Krach: Überzeugt die neue Impro-Serie im Ersten?

Stab

Darsteller: Charly Hübner, Devid Striesow, Claudia Michelsen, Christine Schorn, Carin Striebeck, Anja Kling
Regie: Jan Georg Schütte
Drehbuch: Jan Georg Schütte und Sebastian Schultz
Kamera: Oliver Schwabe und Nikolas Jürgens
Andreas Kowol
Kostümbild: Susann Günther
Ton: Volker Zeigermann
Irgendwann haben sich die meisten Familien so stark voneinander entfremdet und entfernt, dass man sich nur noch trifft, wenn einer stirbt. So wie in dieser Miniserie der ARD, die im hohen Norden spielt. Die Familienverhältnisse sind etwas kompliziert: Der Chef eines Gas-Wasser-Installationsunternehmens ist verstorben, er hinterlässt Söhne (Devid Striesow und Charly Hübner) und eine Tochter (Claudia Michelsen) aus erster Ehe sowie einen deutlich jüngeren Sohn aus seiner zweiten Ehe mit einer deutlich jüngeren Frau. Der eine Sohn (Charly Hübner) war nie weg und hat auf dem platten Dorf im Gas-Wasser-Betrieb die Stellung gehalten, der andere ist durch die Welt gereist und kommt nun zum ersten Mal in 25 Jahren wieder nachhause, um seinem Vater die letzte Ehre zu erweisen.

Es beginnt noch recht harmonisch, bei einer etwas tristen, improvisierten Trauerfeier, wo alle auf Harmonie machen, und beim anschließenden Gulasch- und Bockwurstessen im bürgerlichen Provinzrestaurant. Doch als das Testament eröffnet wird, hängt endgültig der Haussegen schief: Denn der Sohn, der bisher fest davon ausgegangen ist, den elterlichen Betrieb zu übernehmen und ihm endlich neuen Schwung zu verleihen, geht leer aus und muss vielleicht sogar das Elternhaus räumen, in dem er bisher wohnt. Das ganze Erbe geht an die neue Ehefrau, und die scheint erst einmal nicht daran zu denken, die anderen ihren Wünschen gemäß am Nachlass teilhaben zu lassen.

So klingt «Das Begräbnis» zunächst nach einer sehr „klassischen“ Serie über altbekannte Erb- und Familienstreitstragödien. Regisseur und Co-Autor Jan Georg Schütte hat jedoch mit zwei Kniffen deutlich mehr Pepp in diese Idee gebracht: Zum Einen wechselt er in jeder Folge die Perspektive und erzählt aus der Sicht einer ganz bestimmten Figur, was seine Serie vieldeutiger und doppelbödiger macht. Zum Anderen setzt er ganz auf das Improvisationstalent seiner Darsteller. Das hört man ab der ersten Folge auch unverkennbar, in schnodderig dahergesprochenen Nebensätzen, im schnellen Inswortfallen und beim dankbaren Aufnehmen der spontan zugespielten Bälle.

Da macht sich die hochkarätige Besetzung gleich doppelt bezahlt. Allein schon Charly Hübner und Devid Striesow als ungleiches Brüderpaar finden eine Fülle an komischen und schwarzhumorigen Momenten, Claudia Michelsen mimt gekonnt die Tochter in der Lebenskrise, der auf Schritt und Tritt ein nerviger amerikanischer Coach folgt, während die Österreicherin Catrin Striebeck als ungebetene neue Frau einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Wer es gerne unkonventionell hat, wer genau hinhören möchte und am Improvisationsspiel talentierter Schauspieler Gefallen findet, wird auch diese televisionäre Beisetzung lange nicht mehr vergessen.

Im Ersten sind die sechs Folgen von «Das Begräbnis» jeden Dienstag ab dem 25. Januar ab 22.50 Uhr zu sehen.
24.01.2022 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/132023
Oliver Alexander

super
schade

70 %
30 %

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Das Begräbnis

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