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«Matrix Resurrections» – Die Welt im Wandel

Lana Wachowski setzte den vierten Teil der Reihe ohne ihre Schwester um. Kann Neo an die früheren Zeiten anknüpfen? Und was hat eigentlich Neil Patrick Harris damit zu tun?

1999 schien die Welt vor einem Wandel zu stehen. Denn ein neues Jahrtausend sollte anbrechen, was Hoffnungen weckte, aber auch Ängste schürte. Viele befürchteten etwa einen Computer-Gau, weil das Umspringen auf die Jahreszahl 2000 von etlichen Programmen nicht bewältigt werden könnte. Abstürze von Flugzeugen und weltweite Stromausfälle wurden befürchtet. In dieser Stimmung kam im Sommer 1999 ein Film in die Kinos, der die Zuschauer mit einer noch viel absurderen Zukunftsvision konfrontierte: Was wäre, wenn die Welt bald von Maschinen beherrscht werden würde, die Menschen vorgaukeln, noch immer ein ihnen vertrautes Leben zu führen? Oder leben wir nicht schon längst in einer Welt der Illusionen? Solche Gedanken provozierten einen philosophischen Rahmen, den die Regisseure Larry und Andy Wachowski in den beiden Fortsetzungen «Matrix Reloaded» und «Matrix Revolutions» dermaßen ausbauten, dass man sich anstrengen musste, um ihnen überhaupt noch folgen zu können. Inzwischen haben sich die beiden Brüder nacheinander einer Geschlechtsumwandlung unterzogen und nennen sind jetzt Lana und Lilly Wachowski. Eine Wiederaufleben unter anderem Vorzeichen verspricht nun auch der vierte Teil zu sein. Doch «Matrix Resurrections» wurde allein von Lana bestritten.

Zwischen Wahn und Wirklichkeit
Thomas Anderson (Keanu Reeves) hat sich eine Karriere als Designer von Computerspielen aufgebaut. Sein größter Verkaufsschlager ist die «Matrix»-Trilogie als Computerspiel. Doch er wird von Halluzinationen gequält und glaubt, sein Spiel real erlebt zu haben. Sein Psychoanalytiker (Neil Patrick Harris) redet ihm das immer wieder aus und versorgt Thomas mit blauen Pillen, die er regelmäßig einnehmen soll. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Thomas existiert nur gedanklich im sonnigen San Francisco als Spieldesigner. Sein verkabelter Körper indes ist gefangen in einem Tank, der von Maschinen kontrolliert wird. Zwei befreite Menschen wollen ihn daraus holen. Aber zunächst müssen Bugs (Jessica Henwick) und Morpheus (Yahya Abdul-Mateen II) den Psychoanalytiker austricksen. Thomas erwacht und erinnert sich, wer er wirklich ist und dass er mit richtigen Namen Neo heißt. Doch wo ist seine einstige Kampfgefährtin Trinity (Carrie-Anne Moss)? Als Tiffany lebt sie in der Matrix das Leben einer glücklich verheirateten Frau, die nichts von ihrem Unglück ahnt. Neo beschließt, auch so zu befreien.

Die Marke Matrix
Schon im ersten Teil stellte Morpheus - damals noch von Laurence Fishburne gespielt - Neo vor der Wahl, die blaue oder rote Pille einzunehmen. Will er weiterhin sein routiniert- langweiliges Leben in einer Scheinwelt führen, muss er die blaue einnehmen. Sucht er jedoch sein wahres Ich und will mit der Welt konfrontiert werden wie sie wirklich ist, dann muss er die rote Pille schlucken. Dass der Held der «Matrix»-Saga, im vierten Teil erneut vor der Wahl gestellt wird, zeigt eigentlich nur, dass uns im Großen und Ganzen nochmals das Gleiche wie aus dem ersten Teil vorgekaut wird. Was daran liegen mag, dass allein «Matrix» von 1999 zum Kultfilm geworden ist, während die ersten beiden Fortsetzungen die Fans mehr und mehr verwirrten. Sich vor allem auf das Original von 1999 zu beziehen, macht also Sinn, wenn man 14 Jahre nach Ende der Science-Fiction-Trilogie die Marke «Matrix» wieder aufleben lassen will. Das könnte sogar funktionieren, denn einstige Fans erinnern sich noch gern an eines ihrer bedeutendsten Kinoerlebnisse und sind gewiss gewillt, Neo und Trinity eine zweite Chance zu geben.

Eine zweite Chance
Es scheint als wollten Lana Wachowski und ihre Mitschreiber David Mitchell («Cloud Atlas») und Aleksander Hemon («Sense8») die Plot-Schwierigkeiten der Teile 2 und 3 tatsächlich ausräumen, weshalb sie einerseits öfters auf selbstironische Weise ihre Wiederholungstaktik entlarven, anderseits schenken sie der Zuneigung zwischen Trinity und Neo mehr Beachtung als je zuvor. Eine zweite Chance als Liebes- oder Traumpaar? Warum nicht! Wobei es recht lange dauert, bis beide endlich Seite an Seite erneut für mehr Menschlichkeit kämpfen und dabei wieder die unmöglichsten Kapriolen schlagen. Denn in erster Linie haben sie gefälligst dann doch als Actionstars mit überirdischen Fähigkeiten zu funktionieren. Kämpfen, Schlagen, Schießen - permanent werden daraus Action-Höhepunkte kreiert, was mit der Zeit allerdings auch etwas anstrengend wird, weil es stets visuelle Effekte sind, die uns beeindrucken sollen. Da die physikalischen Gesetze in der Matrix aber sowieso nicht gelten und quasi alles möglich ist, wird man kaum noch überrascht und nimmt den Action-Aufstand auf der Leinwand fast wie selbstverständlich hin und schaut öfters mal dran vorbei. Natürlich bleiben auch im vierten Teil die philosophischen Exkurse nicht aus, um der «Matrix»-Mythologie zu Fragen unserer Existenz weiterhin Bedeutung zu schenken. Wer aber da so richtig durchschauen will, sollte sich zuvor unbedingt nochmals die ersten drei Teile ansehen.

Fazit: Nochmals alles auf Anfang. In «Matrix Resurrections» geht es zunächst mal zu wie im Originalfilm von 1999. Danach bekommt die Liebe eine Chance, wenn auch mit ganz viel Action-Gewitter und philosophischen Überbau.
28.12.2021 11:11 Uhr Kurz-URL: qmde.de/131547
Markus Tschiedert

super
schade

62 %
38 %

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Tags

Matrix Reloaded Matrix Revolutions Matrix Resurrections Matrix Cloud Atlas Sense8

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Es gibt 14 Kommentare zum Artikel
kauai
02.01.2022 17:37 Uhr 12

Dem kann ich mich zu großen Teilen anschließen! Hab grad The Last Duel gesehen und von dem hätte man sich auch 60-70 Minuten sparen können. Matrix 4 interessiert mich nicht wirklich. Teil 1 war ok, Teil 2 fand ich langatmig und den dritten dürfte ich nie komplett gesehen haben.
Wolfsgesicht
04.01.2022 00:25 Uhr 13


Kann da Entwarnung geben, er zog sich nicht wirklich. Hätte sicherlich auch 30 Minuten kürzer sein können, aber ging permanent recht flott weiter.



The Last Duel hätte auch kürzer sein können, da zog sich aber nur das zweite der 4 Kapitel. Bin da eigentlich nur wirklich unzufrieden wenn sich das Ende zieht (wie bei Dune). Bei beiden (Last Duel und Matrix) sind’s aber eher kleine kurze Szenen die unnötig sind.



Ist aber eh so ein Unding dass jeder moderne Film 150 Minuten gehen muss. Finde ich eigentlich nur bei Nolan-Streifen akzeptabel, da gibt es die Geschichte meistens aber auch her.
Sentinel2003
29.01.2023 18:45 Uhr 14
@Der Clown:



Ich wußte gar nicht, dass die Wachowski Schwestern seit dem Ende der "Matrix" Trologie seichten Filme gemacht haben?? :worried:
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