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Serientäter: «Black Summer»

The Asylum ist die wohl berühmt-berüchtigste C-Film-Schmiede der USA. Ihre «Sharknado»-Reihe mag Kultstatus besitzen, das überwiegende Filmportfolio der Kalifornier jedoch besteht aus billigsten, schnell heruntergekurbelten Monster-, Horror- und Katastrophenfilmramsch. Dass The Asylum aber auch ganz andere Sachen produzieren kann – beweist eine TV-Serie, die schlichtweg begeistert!

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Staffel 2


Die zweite Season beginnt undurchsichtig. Spears wird verletzt und Rose überlässt ihn seinem Schicksal. Sun landet derweil in Gefangenschaft einer Gruppe von … Überlebenden? Ja, sicher. Aber sind sie gut? Oder böse? Gibt es in dieser Welt überhaupt noch Begriffe wie gut und böse? Genau das ist die faszinierende Frage, die sich diese Staffel stellt. Im Zentrum steht Rose, sie war das emotionale Zentrum der ersten Staffel, die bleibt das Bindeglied zwischen allen Handlungssträngen auch in Staffel 2.

Die zweite Staffel von «Black Summer» spielt jedoch weitaus intensiver mit den Sehgewohnheiten seiner Zuschauer als die erste Staffel: Rose muss eigentlich eine positiv konnotierte Figur sein. All den Schmerz, das Leid, dass sie während der ersten Staffel erlitten hat, sprechen dafür, dass Rose gut ist. Schließlich hat sie alles, was sie getan hat, nur für ihre Tochter getan. Für Anna. Was aber sagt Roses Verhalten gegenüber Spears aus? Wir wissen, das Spears kein Soldat ist. Rose – weiß dies nicht. Es spielt auch keine Rolle, da sich Spears ihr gegenüber immer korrekt (loyal) verhalten hat. Ebenso wie Sun. Die sich nun in den Händen von Kerlen befindet, die böse sind. Denn in der ersten Schlacht, die diese schlagen, besteht die Gruppe ihrer Gegner vorwiegend aus Mitgliedern von Minderheiten in den USA. Indigenen. Asiaten. Die Gruppe, die Sun entführt hat, jedoch besteht hauptsächlich aus weißen Männern. Da sind die Fronten doch klar!

Oder vielleicht auch nicht?
Tatsächlich wissen wir, die Zuschauer, zu Beginn der zweiten Staffel gar nichts. Wir sehen Momente, die wir einzuordnen versuchen. Das Gesehene aber zu verstehen: Dafür braucht es Zeit, denn erst nach und nach offenbaren sich die Antworten auf die Fragen, mit denen die Staffel startet. Da die Figuren getrennt werden, bedarf es eines Elementes, das sie alle miteinander verbindet. Im Falle der zweiten Staffel ist dies ein Flugzeug, das immer wieder am Horizont auftaucht und Hilfsgüter abwirft. Inmitten einer Welt, in der nur mehr das Überleben zählt, gibt es also offenbar immer noch Orte, an denen das, was man Menschlichkeit nennt, noch nicht untergegangen ist

«Black Summer» ist „billig“. Im Reigen all der Hochglanz-Edelserien, die Netflix im Laufe eines Jahres aufs Publikum loslässt, wirkt «Black Summer» wie die Discounter-Variante. Auch das Budget der zweiten Staffel fällt übersichtlich aus. Menschen laufen durch eine Schneelandschaft irgendwo am Fuße der Rocky Mountains. Es gibt ein paar Szenen, die in einem hübschen Herrenhaus spielen und einige in einem schönen Urlaubs-Ressort. Sparsam ist der Einsatz von Spezialeffekten, selbst Splatterszenen – «Black Summer» ist immerhin eine Zombie-Serie – sind so gut wie nicht vorhanden. Wenn gebissen wird, stürzen sich ein paar Statisten auf das arme Opfer und die Kamera verlässt die Szenerie.

Nun ist jedoch bekannt, dass Discounter-Varianten zwar kostengünstiger als Markenprodukte sind, über die Qualität sagt dies aber nichts aus. Dass «Black Summer» tatsächlich rockt und dass man vergisst, dass diese Serie von den Machern von Heulern wie «Mega Piranha» und «In The Name of Ben Hur» produziert worden ist, ist zwei Namen zu verdanken: John Hyams und Karl Schaefer.

John Hyams, 1969 geboren, ist der Sohn des Regisseurs Peter Hyams, dessen «Unternehmen Capricon» ein Klassiker des Verschwörungsthrillergenres darstellt. Peter Hyams ist von Hause aus Kameramann und so hat auch John Hyams als Kameramann und Schnittmeister seine Karriere begonnen. Da er lange im Dokumentarfilmmetier gearbeitet hat, ist seine Filmografie bedauerlicherweise übersichtlich. 2009 machte Hyams auf sich aufmerksam, als er mit «Universal Soldier: Regeneration» einen fast sensationell guten B-Kracher im Rahmen einer Reihe ablieferte, die eigentlich längst als klinisch tot galt. Leider ist es ihm nach diesem Einstieg nicht gelungen, sich für größere Projekte zu positionieren, so dass er schließlich die Chance wahrnahm, in «Z Nation» einzusteigen: Einer Serie, die nachhaltig seine Handschrift trägt, hat er doch nicht weniger als 21 Episoden inszeniert. Womit er maßgeblich für ihren Erfolg die Verantwortung trägt. Agierte er bei «Z Nation» noch primär als Regisseur, ist er neben Karl Schaefer Showrunner von «Black Summer».

Besagter Karl Schaefer begann seine Karriere 1991 direkt mit einer eigenen TV-Serie: «Eerie, Indiana»: Glaubt der 13 Jahre alte Marshall zunächst, die Kleinstadt Eerie, in die er kürzlich mit seinen Eltern gezogen ist, sei der langweiligste Ort der Welt, wird er bald eines Besseren belehrt – als er etwa im Wald Spuren eines Bigfoots entdeckt oder Elvis trifft. Noch bizarrer als diese Entdeckungen ist die Tatsache, dass dies in Eerie offenbar niemanden wirklich verwundert.

«Eerie, Indiana» floppte zwar beim großen Publikum, gleichzeitig aber entwickelte sich in den USA ein regelrechter Kult um die Serie – treues Fandom inklusive. Auf Video wurde «Eerie, Indiana» ein Hit, 1998 erlebte sie eine kurze Neuauflage, an der Schaefer allerdings nicht beteiligt war. Wenn man versucht zu verstehen, warum die Serie gefloppt ist, aber heute großen Respekt genießt, kann die Antwort eigentlich nur lauten: Sie kam zum falschen Zeitpunkt.

Im Fahrtwasser von «Akte X» um 1995, 1996 herum wäre sie vermutlich ganz anders wahrgenommen als 1991, als sie als wilder Mix aus Coming-of-Age-Story, Mysterythriller, ja Horrorserie ziemlich für sich allein stand und offenbar auch der produzierende Sender nicht wirklich wusste, wie die Serie vermarktet werden sollte. So fand kaum Promotion statt und die Serie starb – bevor ihre Genialität von breiten Zuschauerschichten entdeckt werden konnte. Karl Schaefer hat seither für A-Serien wie «Monk», «The Dead Zone» und «Eureka» Drehbücher verfasst. Er war für diese Serien auch immer wieder in produzierenden Tätigkeiten aktiv. Nur eine eigene Serie, basierend auf seinen Ideen, konnte er großen Studios nicht mehr verkaufen.



Wenn ein Autor von seinem Rang an die Tür eines Studios wie The Asylum klopft, um ein Projekt mit diesem Studio zu verwirklichen, dann wird dieses Studio keine Diskussionen mit ihm führen. Da bedankt man sich für das entgegengebrachte Vertrauen und lässt diesen Autor (und erfahrenen TV-Produzenten) arbeiten.

Fazit: «BlackSummer» bietet Action, Spannung, Tempo und auf den Punkt gezeichnete Charaktere. Oft minimalistisch, aber nie billig. Und sollte es keine dritte Staffel geben, bietet sie sogar ein Ende (das natürlich nicht verraten wird), mit dem man leben kann. Schlichtweg: Eine großartige Serie. Von dem Studio, das uns einst fliegende Haie brachte. Das muss man erst einmal sacken lassen!

«Black Summer» gibt es exklusiv bei Netflix.
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28.10.2021 12:31 Uhr Kurz-URL: qmde.de/130242
Christian Lukas

super
schade


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