In sechs Folgen wagen die ARD und Jan Georg Schütte ein Serienexperiment. Ob das geglückt ist?
Stab
Darsteller: Jan Georg Schütte, Charly Hübner, Lisa Hagmeister, Bjarne Mädel, Katharina Heyer, Thomas Niehaus
Regie: Jan Georg Schütte
Drehbuch: Jan Georg Schütte, Wolfgang Seesko, Sebastian Schultz basierend auf der Hörspielserie „Paartherapeut Klaus Kranitz – Bei Trennung Geld zurück“ von Radio Bremen
Kamera: Kristian Leschner, Nikolas Jürgens, Jürgen Kemmer, Peter DrittenpreisPaartherapeuten müssen vor allem gut zuhören können. Klaus Kranitz (Jan Georg Schütte) hört man dagegen viel lieber beim Reden zu. Vielleicht liegt das daran, dass er eigentlich gar kein Paartherapeut ist, sondern Immobilienschieber, der sich aus einem finanzielle Engpass befreien will, indem er im fünften Stock von einem seiner leer stehenden Gewerbegebäude ein neues Geschäftsmodell ausprobiert: Beziehungsglück – oder Geld zurück. Drei Sitzungen müssen die kriselnden Paare dem glänzenden Sprecher einräumen, und wenn es dann in die Brüche geht, bekommen sie ihre Anzahlung zurück.
Natürlich hilft Kranitz diesem Glück mit allen irgendwie denkbaren Mitteln auf die Sprünge. Das hier ist keine gewöhnliche Paartherapie, sondern die egomanische Impro-Session eines hemmungslosen Aufschneiders, der in seinen aufreizend gut geschnittenen Anzügen, seiner lässigen Sprache und seinen ununterbrochenen Geistesblitzen vollends aufgeht.
Die Paare, die mit ihren Problemen zu ihm kommen, sind da eigentlich nur Kulisse. So wie Tini und Jochen (Lisa Hagmeister und Charly Hübner) in der ersten von sechs Folgen: Zwei Impfgegner, deren gemeinsames Interesse aus Verschwörungstheorien besteht. Aber seit einiger Zeit ziehen die eher bizarren Bettspielchen der beiden nicht mehr, und noch dazu folgt Tini auf Instagram dem Hund von Dunja Hayali, dem bellenden Anhang der Lügenpresse.
Oder wie Mareike und Jörn (Katharina Heyer und Thomas Niehaus), die immer sehr korrekt miteinander umgehen, weshalb Mareike mittlerweile die „Würze“ in ihrer Beziehung fehlt. Was läge da für einen Mann vom Schlag eines Klaus Kranitz näher, als den beiden vorzuschlagen, zuhause einmal die Ehe von Donald und Melania Trump nachzuspielen, als krasses Gegenteil: Lügen, Betrügen und einander frech bei den Genitalien packen.
Jeder normale Paartherapeut wäre spätestens an dieser Stelle nicht mehr im Geschäft. Aber hier geht es ja nicht um einen normalen Paartherapeuten, sondern das krasse Gegenteil. Diesen exzentrischen Ansatz muss man schon sehen wollen, vor allem wenn man sich vergegenwärtigt, wie Therapie im Fernsehen in den meisten Fällen dargestellt wird: als letzte Rettung emotional verunfallter Figuren, traurig und irgendwie aussichtslos und keineswegs als humorige Comedy-Einlage.
Wenn man das als Zuschauer wirklich will – ähnlich wie die kaputten Therapiepatienten dieser Serie – dann kann einem das wirklich gefallen. Auch wenn sechs Folgen den Kniff vielleicht etwas überstrapaziert haben: Die Clous sind ähnlich, die Geschichten doppeln sich und mancher Running Gag sieht bald eher nach Pflichtbewusstsein aus. Ein oder zwei Stündchen auf dieser Couch sind aber sicher keine Fehlinvestition – wenigstens wenn man nicht per Vorkasse zahlen muss.
Der NDR zeigt «Kranitz» ab dem 20. Oktober jeden Mittwoch ab 22.30 Uhr bis 23.00 Uhr. In der ARD Mediathek sind alle Folgen schon ab dem 15. Oktober abrufbar.
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